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IAN BOSTRIDGE ÜBER GESANG, PERFORMANCE UND IDENTITÄT
«Wenn man als Sänger auftritt, dann nimmt man eine Stimme an, aber bis zu welchem Grad ist diese Stimme Deine eigene? Oder die des Komponisten? Oder die des Dichters oder Librettisten? Und inwieweit bringt das Musikstück, das Du interpretierst, eine stille, manchmal unterschwellige Geschichte mit sich, die vielleicht Fragen aufwirft, welche im Konzertsaal selten gestellt werden können?»
Ian Bostridge, dessen unvergleichlich schönes Buch über Schuberts «Winterreise» hierzulande mit über 30 000 verkauften Exemplaren zu einem Bestseller
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Produktbeschreibung
IAN BOSTRIDGE ÜBER GESANG, PERFORMANCE UND IDENTITÄT

«Wenn man als Sänger auftritt, dann nimmt man eine Stimme an, aber bis zu welchem Grad ist diese Stimme Deine eigene? Oder die des Komponisten? Oder die des Dichters oder Librettisten? Und inwieweit bringt das Musikstück, das Du interpretierst, eine stille, manchmal unterschwellige Geschichte mit sich, die vielleicht Fragen aufwirft, welche im Konzertsaal selten gestellt werden können?»

Ian Bostridge, dessen unvergleichlich schönes Buch über Schuberts «Winterreise» hierzulande mit über 30 000 verkauften Exemplaren zu einem Bestseller geworden ist, erkundet in seinen eleganten Essays die hochkomplexe Interaktion zwischen der Identität des aufführenden Künstlers und den Identitäten, die intentional in einem Kunstwerk zum Ausdruck gelangen oder doch darin verborgen eingelagert sind. Claudio Monteverdis Oper «Il combattimento di Tancredi e Clorinda», Robert Schumanns «Frauenliebe und Leben» und die «Chansons Madécasses» von Maurice Ravel bilden dabei Anschauungsmaterial, an dem sich sowohl die «ewigen» Fragen der Interpretationskunst wie auch aktuelle Herausforderungen, etwa das Problem der «kulturellen Aneignung», diskutieren lassen.

Gender, Race und Tod in der Musik
Autorenporträt
Ian Bostridge ist ein auf der ganzen Welt gefragter Liedsänger, der auch in Deutschland regelmäßig Konzerte gibt und mehrfach mit dem Echo-Klassik ausgezeichnet wurde. Sein in viele Sprachen übersetztes Buch 'Schuberts Winterreise. Lieder von Liebe und Schmerz' liegt in der 5. Auflage vor.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wenn Ian Bostridge sich über Musik äußert, wird Rezensent Helmut Mauró hellhörig. Der Brite ist nämlich nicht nur einer der bekanntesten Tenöre weltweit, sondern auch studierter Historiker, der sich bereits mit Arbeiten zu Hexerei und zu Schuberts "Winterreise" auch in der Theorie einen Namen gemacht hat. In seinem neuen Buch widmet er sich dem Verhältnis von Künstler oder Künstlerin und Figur. Seiner Überzeugung nach ist Musik immer eine "Aufführung" und jede Figur bedarf der interpretierenden Darstellung - sie muss sozusagen erst durch den individuellen Charakter des Darstellenden ins Leben gerufen werden. In seinem ersten Kapitel geht Bostridge dann gesondert auf Genderidentitäten ein - das Spiel mit Geschlechterrollen in einem von Monteverdis Stücken zum Beispiel. Mauró kann Bostridge in allem folgen und zustimmen, fragt sich allerdings, ob es nicht auch ein "Identitätsproblem" zwischen dem Theoretiker Bostridge und dem Künstler bzw. Autor Bostridge gibt, der immer als "nonbinäre" Figur auftrat. Dass der Autor auf dieses "Problem" nicht eingeht, tut dem intellektuellen Mehrwert seines Buches aber offenbar keinen Abbruch. Bostridge deutet die ausgesuchten Musikstücke auf spannende Weise neu, ohne ihnen Gewalt anzutun durch den Anspruch, die gesamte Musikgeschichte umzuschreiben - sein Buch ist vielmehr ein "aufschlussreiches ergänzendes Kapitel", so der angetane Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.11.2023

Zum Leben erweckt
Der Startenor Ian Bostridge fragt in seinem Buch: Was bedeutet es für einen Sänger, auf der Bühne eine Rolle anzunehmen?
Der britische Tenor Ian Bostridge machte in den Neunzigerjahren mit seinem hell timbrierten, individuell-manieristisch gestalteten Liedgesang auf sich aufmerksam, verführte ein traditionelles stimmverliebtes Klassikpublikum, zog ein neues, junges Publikum in Bann. Ausgerechnet mit Liedgesang, mit romantischen Kunstliedern von Franz Schubert und Robert Schumann, bald auch mit Opernauftritten. Zuvor hatte er Geschichte und Philosophie studiert, wurde mit einer Arbeit über Hexerei promoviert. Das ist deshalb von Belang, als Bostridge seine akademischen Interessen auch dann weiterverfolgte, als er mit seinen Gesangsauftritten gut ausgelastet war. Sein Buch über Schuberts „Winterreise“ wurde auch hierzulande viel gelesen, sein jüngstes Werk „Das Lied & das Ich“ scheint daran anzuknüpfen, widmet sich dann aber doch einem anderen Thema: der Frage nach dem wechselseitigen Identitätsverhältnis von Künstler und dargestellter Figur.
Er verweist auf die extreme Position des Musiktheoretikers Heinrich Schenker, der die Auffassung vertrat, ein Musikwerk existiere auch ohne Aufführung, das Lesen der Partitur genüge. Darin liege, schreibt Bostridge, etwas zutiefst Theologisches, das zurückreiche bis zu den Debatten der Renaissance über Form und Substanz, aber für den Interpreten sei es ein Schlag ins Gesicht. Was sich Bostridge allerdings nicht fragt: Ist das Lesen der Partitur nicht auch eine Aufführung? Und ist das Abspielen einer Musikaufnahme eine Aufführung?
Aber so genau will der Sänger Bostridge das gar nicht wissen, im Gegenteil. Sein Ansatz ist die Trennung von Musikwissenschaft und Musikkunst, von Nachdenken und Singen. Glücklicherweise, schreibt er, habe die Musikwissenschaft erkannt, „dass Musik schlichtweg Aufführung und nicht nur der niedergeschriebene Text ist“. Daraus, und aus der Auffassung Alfred Brendels, der Pianist müsse in den Beethoven-Sonaten „als Charakterdarsteller Rollen spielen“, leitet Bostridge die Existenz des interpretierenden Künstlers ab, der auch als privates Individuum Teil der Aufführung ist. Ein wichtiger Zeuge dafür ist ihm Edward T. Cone mit seinem Buch „The Composer’s Voice“, in dem dieser etwas nebulös davon spricht, dass die dargestellte Figur keine Marionette des Komponisten sei, sondern von diesem nur zum Leben erweckt werde, um sie dann ihrem Eigenleben zu überlassen. Dieses wiederum gewinne sie durch den Sänger, der die Bühnenfigur um seinen eigenen Charakter ergänze. Das sind alles Bedingungen des künstlerischen Identitätsproblems. Und es sind auf jeden Fall die richtigen Hinweise auf dessen Voraussetzungen. Selbst jene Musikliebhaber, die von Werktreue in dem Sinn träumen, dass der ausführende Künstler nur eine Art Medium ist, das selber hinter dem Werk verschwindet – selbst dieser Teil des Publikums liebt seine Stars nicht nur in Gestalt von Bühnenfiguren, sondern auch als Künstlerindividuen, oft sogar als Privatmenschen. Kaum jemand will eine perfekte Musikmaschine erleben, natürlich will man die Künstlerpersönlichkeit spüren. Wie weit sie die dargestellte Figur oder das Werk überdecken darf, darüber sollte man streiten.
In seinem ersten Essay dazu – die drei Aufsätze beruhen auf Vorlesungen der Berlin Family Lectures an der University of Chicago – konzentriert sich Bostridge auf Genderidentitäten. In Claudio Monteverdis knappen Musiktheaterstück „Il Combattimento di Tancredi e Clorinda“ sieht er verschwimmende Geschlechterrollen, in Robert Schumanns Liederzyklus „Frauenliebe und Leben“ verweist er auf die Tatsache, dass ein männlicher Komponist die Rolle einer liebenden Frau einnehme. In dem Musikdrama „Curlew River“ von 1964 intensiviere der Komponist Benjamin Britten die Tragik des Stückes durch das Verschwimmen der Geschlechter, wobei eine weibliche Rolle von einem männlichen Sänger repräsentiert werde.
Allerdings muss Bostridge dem anvisierten Narrativ schon ein bisschen auf die Sprünge helfen, wenn er den Kampf zwischen Tancredi und Clorinda als sexuelles Spiel zweier gleich starker Partner interpretiert, ja sogar als „sadomasochistischen Liebesakt“. Er zitiert dazu die Stelle – die Übersetzerin zieht hier offenbar eine alte deutsche Version heran –: „Dreimal umfaßt mit seines Armes Ringen / Der Held die Jungfrau; und mit gleicher Kraft / Reißt sie sich dreimal los aus diesen Schlingen, / Die Feindeshaß, nicht Liebessehnen, schafft.“
Das ist alles assoziativ enthalten, aber unweigerlich taucht die Frage auf: Inwieweit gibt es nicht nur ein Identitätsproblem im Zusammenspiel von Bühnenfigur und Sänger, sondern auch von Musikhistoriker und Autor? Ian Bostridge, der selber nahe am Falsett eine androgyne oder jedenfalls nonbinäre Figur war, thematisiert diesen Zusammenhang nicht, hält sich als Person im Hintergrund, bleibt Vortragender.
Es ist auch ein Buch über die wachsende Differenz von Komponisteninteresse und Künstlerdeutungswunsch. Was nicht unbedingt gleichzusetzen ist mit historischer Sicht und aktueller Interpretation. Komponisten sind immer besonders stolz, wenn ihnen eine kalkulierte Wirkung gelingt, wenn das Publikum so reagiert, wie sie sich das vorgestellt haben, wie sie das in kunstvoller Detailarbeit und sicherem Gesamtüberblick geplant haben. Monteverdis Sinn fürs Dramatische zeigt sich dabei auf mehreren Ebenen: Er lässt das Spektakel mitten in einem Festbankett beginnen, auf einmal sind da zwei Kämpfende im Raum – die Gäste erschrecken, erkennen sicherlich schnell, dass alles nur Theater ist. Dann aber kommt der Komponist ins Spiel: „Unerwartet tritt Clorinda auf, in Rüstung und zu Fuß. Sie wird von Tancredi verfolgt … der Erzähler beginnt zu singen … Die Instrumentalisten klingen aufgeregt oder sanft, und der Erzähler setzt die Worte so zur Musik, dass aus allem eine Einheit wird.“ So berichtet Monteverdi, das ist es, was ihn interessiert.
Das Spiel mit den Geschlechterrollen ist natürlich auch im Fokus, aber es geht eigentlich nicht um Grenzüberschreitungen im modernen Sinn. Bostridge weiß das und hält in seinen zeitgeistigen Deutungen durchaus ein vernünftiges Maß. So kann er bei Monteverdi, Schubert, Schumann und Ravel spannend Neues finden, ohne behaupten zu müssen, die Musikgeschichte müsse neu geschrieben werden. Muss sie nicht, aber aufschlussreich ergänzende Kapitel sind stets willkommen.
HELMUT MAURÓ
Niemand will eine perfekte
Musikmaschine, sondern
Persönlichkeit spüren
Ian Bostridge:
Das Lied & das Ich.
C. H. Beck,
München 2023.
142 Seiten, 22 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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"Der britische Opernsänger Ian Bostridge singt nicht nur, er denkt auch in einem feinen Essayband über die Musik nach, die ihm etwas bedeutet (...) Ian Bostridge schreibt wie er singt: angemessen exzentrisch, sehr sorgfältig und niemals zu laut."
ZEIT Literatur, Christine Lemke-Matwey

"Für dieses Buch sollte man sich Zeit nehmen, um sich in die vielschichtigen Fragestellungen hineindenken zu können. Dann aber ist es ein absoluter Gewinn und eine Lektüre auf höchstem Niveau."
rbb Kulturradio, Andreas Göbel

"Er schreibt in einer gelungenen, lebendigen Mischung des Interpreten, des Philosophen und Historikers ... Sehr persönlich und faszinierend ... Mich inspiriert seine Sicht auf diese vielschichtigen Aspekte."
SWR2, Dorothea Hußlein

"Das Komplexe ist immer ein Gewinn ... Eine zarte Aufforderung, über die enge biographische Auslegung auch einmal hinauszugehen."
Frankfurter Rundschau

"widmet sich der Frage nach dem wechselseitigen Identitätsverhältnis von Künstler und dargestellter Figur ... und kann bei Monteverdi, Schubert, Schumann und Ravel spannend Neues finden"
SZ, Helmut Mauró

"Bostridges anspruchsvolle Gedankensammlung ... bildet."
Rondo, Guido Fischer

"Ein Buch, das Augen und Ohren öffnet."
concerti, Ecki Ramón Weber

"Eine typisch englische Mischung aus Leichtigkeit und Tiefe [bewirkt], ... dass bei der Lektüre immer neue Facetten zum Vorschein kommen."
Gewandhaus Magazin, Maja Anters

"Normalerweise können Sänger nicht erklären, was sie tun. Ian Bostridge kann es."
Richard Sennett

"Ian Bostridge vereint in sich wie kein anderer die Gaben eines gefeierten Tenors mit denen eines ausgebildeten Historikers."
Steven Greenblatt
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