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Zwei rätselhafte Mordfälle erschüttern die Jerusalemer Welt der Musik in ihren Grundfesten. Felix von Gelden, das Oberhaupt einer weltweit gefeierten Musikerfamilie, fällt einem Raubmord zum Opfer. Wenig später wird sein Sohn Gabriel, der Stargeiger, tot hinter der Bühne aufgefunden - erdrosselt mit einer Cellosaite. Michael Ochajon übernimmt die Ermittlungen, und er dringt ein in den faszinierenden und glanzvollen Kosmos der klassischen Musik. Doch bald muß er feststellen, daß hinter dieser schillernden Fassade tödliche Intrigen lauern ...

Produktbeschreibung
Zwei rätselhafte Mordfälle erschüttern die Jerusalemer Welt der Musik in ihren Grundfesten. Felix von Gelden, das Oberhaupt einer weltweit gefeierten Musikerfamilie, fällt einem Raubmord zum Opfer. Wenig später wird sein Sohn Gabriel, der Stargeiger, tot hinter der Bühne aufgefunden - erdrosselt mit einer Cellosaite. Michael Ochajon übernimmt die Ermittlungen, und er dringt ein in den faszinierenden und glanzvollen Kosmos der klassischen Musik. Doch bald muß er feststellen, daß hinter dieser schillernden Fassade tödliche Intrigen lauern ...
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.06.1998

Vom Nutzen straffer Cellosaiten
Wickelkurs: Batya Gur verschafft ihrem Detektiv ein Baby

Die israelische Schriftstellerin Batya Gur hat hierzulande einen guten Namen, seit sie vor wenigen Jahren für ihren ersten Kriminalroman "Denn am Sabbat sollst du ruhen" mit dem deutschen Krimipreis ausgezeichnet wurde. Zu Recht fanden auch die beiden nachfolgenden Romane um den Polizisten Michael Ochajon aus Jerusalem große Beachtung. Ob es sich um ein ehrenwertes psychoanalytisches Institut, die literaturwissenschaftliche Abteilung einer Universität oder die geschlossene Gemeinschaft eines Kibbuz handelt - es gelang Batya Gur stets, die Geschichte eines Mordes aus den komplizierten Gruppengesetzen eines gesellschaftlichen Mikrokosmos zu entwickeln. Wie es sich für gute Kriminalromane gehört, entstand dabei zugleich auch ein facettenreiches Bild der Welt, das heißt in diesem Fall: des modernen Israel, zu dessen zentralen Problemen die Auseinandersetzung mit den Palästinensern gehört.

Von Roman zu Roman hat Batya Gur ihrem sanftmütigen Inspektor Ochajon mehr Individualität verliehen, so daß man sich in seinem wenig erfreulichen Privatleben mittlerweile recht gut auskennt. War zunächst nur von einer gescheiterten Ehe die Rede, so ist man inzwischen zur Genüge über Ochajons Sorgen um den heranwachsenden Sohn informiert, weiß Einzelheiten über seine marokkanische Familie und kann über die Serie seiner gescheiterten Affären Auskunft geben.

Batya Gur unternimmt viel, um aus dem Geschöpf ihrer Phantasie einen wirklichen Menschen werden zu lassen. Die Grenzen des Genres, in dem sie sich bisher bewegte, halten sie dabei nicht auf. Bei ihrem jüngsten Werk, das der deutsche Verlag wieder einmal mit einem wenig passenden pseudobiblischen Titel versehen hat, handelt es sich kaum noch um einen Kriminalroman, obwohl auch hier zwei brutale Morde geschehen. Von dem ersten erfährt man jedoch erst nach einhundert Seiten, und der zweite läßt fast noch einmal so lange auf sich warten. In erster Linie ist dieses Buch eine Studie über das komplizierte Innenleben eines alleinstehenden Mannes um die Fünfzig, der mit einem Mal den Ansturm seiner Gefühle nicht mehr bändigen kann. Unter dem Namen "midlife crisis" ist das Phänomen bestens bekannt.

Der zurückhaltende Michael Ochajon findet im Keller des Hochhauses, in dem er in einer wasserfleckigen Wohnung lebt, einen ausgesetzten Säugling und beschließt sofort gegen jedes bessere Wissen, das kleine Mädchen bei sich zu behalten. Statt Mörder aufzuspüren, widmet sich der Detektiv voller Hingabe der Babypflege, und ebenso hingebungsvoll informiert Batya Gur ihre Leser über die Einzelheiten dieser Beschäftigung. Wie vergrößert man das Loch in einem Sauger, und wie lange braucht das gesättigte Kind zum Aufstoßen? Solche Fragen werden ausgiebig verhandelt, und ein Volkshochschulkurs über klassische Musik wird gleich noch mitgeliefert.

Denn durch seine Leih-Vaterschaft lernt Inspektor Ochajon eine hochangesehene Musikerfamilie kennen, deren Angehörige nach und nach entweder ermordet oder aber selbst als Mörder verdächtigt werden. Um diese Verbrechen aufzuklären, vertieft sich der wißbegierige Ermittler in die Besonderheiten des Cellospiels und die Eigenarten verschiedener Komponisten. So werden auch die Leser wohl oder übel darüber informiert, welche Cellosaite am besten dazu geeignet ist, jemandem den Hals durchzuschneiden, weshalb Brahms' erste Symphonie traurig stimmt und warum es unwahrscheinlich ist, daß der fröhliche Vivaldi jemals ein Requiem geschrieben hat. Selbst über die Geschichte der Freimaurerei, die Dynamik homosexueller Beziehungen und die Entstehung von Leichenflecken ist hier so manches zu lernen: praktische Lebenshilfe allenthalben. Und wem das nicht reicht, der wird schließlich auch noch über den Sinn und Zweck von Kriminalromanen belehrt: "Man lernt aus Krimis eine Menge . . .", gesteht eine Zeugin im strengen Verhör.

Dieses Bekenntnis hat sich Batya Gur zweifellos zu Herzen genommen. Und wenn am Ende der Mörder gestellt ist und Inspektor Ochajon trauriger als je zuvor ohne Kind und Gefährtin in seine Junggesellenwohnung zurückkehrt, dann ist als eines der beklagenswerten Opfer in diesem Roman diesmal auch die Spannung auf der Strecke geblieben. SABINE DOERING

Batya Gur: "Das Lied der Könige". Roman. Aus dem Hebräischen übersetzt von Vera Loos und Naomi Nir-Bleimling. Goldmann Verlag, München 1998. 605 S., geb., 46,90 DM.

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