Der deutschen Komödie einen Hang zur Ernsthaftigkeit zu bescheinigen, ist ein viel bemühter Topos der Literaturwissenschaft. Was aber unter diesem Ernsten tatsächlich zu verstehen ist, wurde bislang nicht näher erörtert. Die vorliegende Arbeit versucht, den philosophisch-ideengeschichtlichen Bedeutungsspielraum des "Ernsten" für eine Analyse jenes Entwicklungsprozesses im 18. Jahrhundert zu nutzen, der die Komödie von einer einst minder geachteten literarischen Form letztendlich zu einer Schlüsseldisziplin der Moderne machte: Nicht mehr das Allgemeine ist ihr Strukturpinzip, sondern das Interesse für das Individuelle in einer zunehmend als kontingent erfahrbaren und erfahrenen Wirklichkeit, die mehr denn je individuelle Interpretation erfordert. Darin wendet sich die Komödie an den Einzelnen, der sich an dieser Reflexion beteiligen will, da er in der Literatur die Möglichkeit sieht, etwas über sich selbst, seine eigene Wirklichkeit zu erfahren. Und eben in diesem Versuch, etwas zu finden, das ihm sein 'Selbst' bewusster macht, ihm derart sein 'Selbst-Bewusstsein' erschließt, wird der Ein-zelne im Sinne Kierkegaards zum 'Ernsten'.