Am Todestag des Vaters kauert sein Kind in einem Schuppen und legt als "Schriftführer des Tages" Zeugnis ab. Seit der Geburt lebt es mit dem Vater und dem Bruder in einer Baracke, in nächster Nachbarschaft zu dem heruntergekommenen Gutshaus der Familie, führt dort und zwischen den "Wörterhügeln" der langsam verfaulenden Bibliothek eine Kaspar-Hauser-Existenz. In den Bekenntnissen dieses zweiten "Sohnes" nimmt die Schreckensvision einer Kindheit Gestalt an, geprägt von totaler Isolation, Gewalt und religiösem Irrsinn, in deren Zentrum der allmächtige, strafende Vater steht. Erst als dem Kind die "wackeligen Bedeutungen" der Wörter abhanden kommen, die "außerhalb von Papas lebendem Körper weder Hand noch Fuß" haben, kann es zur Wahrheit über die eigene rätselhafte Identität vordringen. Nach und nach tritt die groteske Familientragödie um Inzest und Tod, das grausame Unrecht, auf dem diese anachronistische Gemeinschaft gründet, zutage.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Angela Schader ist hin und weg, möchte man meinen, wenn man diese Rezension gelesen hat. Die seltsame, teils groteske und auch verkommene Welt, aus der die Erzählerin Alice berichtet und aus der sie auch ihren Blick in eine glücklichere Vergangenheit lenkt, packt den Leser vom ersten Satz an, so die Rezensentin. Die Stimmung wechsele dabei zwischen Beklemmung, düsterer Komik und auch "reiner Poesie". Auch der Stil, der zwischen großer stilistischer Kunst und Alltagssprache wechselt, findet das Lob der Rezensentin, besonders auch, da sie der Ansicht ist, dass die Übersetzung von Natalie Freund-Giesbert "den Geist des Buches vollendet fasse". Aus all diesen Elementen sei ein ganz besonderes Stück Literatur entstanden, dessen Intensität und teils verquere Logik den Leser "anspringe", wie Schader fasziniert feststellt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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