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1972 geht ein Foto um die Welt: Es zeigt die neunjährige Südvietnamesin Kim Phuc, die mit schmerzverzerrtem Gesicht um ihr nacktes Leben läuft. Napalmbomben, die feindlichen nordvietnamesischen Stellungen galten, fügen ihr schwerste Verbrennungen zu. Innerhalb von Tagen geht ihr Bild weltweit durch die Presse und wird zum Sinnbild für die Leiden aller zivilen Kriegsopfer. Die weitere Lebensgeschichte des "Mädchens hinter dem Foto" bleibt jedoch nahezu unbekannt und wird hier erstmals authentisch und sensibel dargestellt.

Produktbeschreibung
1972 geht ein Foto um die Welt: Es zeigt die neunjährige Südvietnamesin Kim Phuc, die mit schmerzverzerrtem Gesicht um ihr nacktes Leben läuft. Napalmbomben, die feindlichen nordvietnamesischen Stellungen galten, fügen ihr schwerste Verbrennungen zu. Innerhalb von Tagen geht ihr Bild weltweit durch die Presse und wird zum Sinnbild für die Leiden aller zivilen Kriegsopfer. Die weitere Lebensgeschichte des "Mädchens hinter dem Foto" bleibt jedoch nahezu unbekannt und wird hier erstmals authentisch und sensibel dargestellt.
Autorenporträt
Denise Chong - Enkelin der Konkubine May-Ying - studierte Volkswirtschaft in Kanada und arbeitete danach einige Jahre im Stab des kanadischen Premierministers; heute ist sie als Journalistin tätig und lebt mit ihrer Familie in Ottawa.
Rezensionen
"Ein bewegendes Geschichts- und Antikriegsbuch" (Stern)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.01.2002

Bild und Leben
Kim Phuc, der Vietnam-Krieg und die Kriegsberichterstattung

Denise Chong: Das Mädchen hinter dem Foto. Die Geschichte der Kim Phuc. Aus dem Amerikanischen von Sabine Schulte. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2001. 448 Seiten, Abbildungen, 24,- Euro.

Im Juni 1972 erschien auf den Titelseiten der Weltpresse ein Foto, das zum bleibenden Eindruck aus dem Vietnam-Krieg wurde: Es zeigte ein kleines, splitternacktes vietnamesisches Mädchen, das mit abgespreizten Armen und schmerzverzerrtem Gesicht um sein Leben rannte. Südvietnamesische Soldaten hatten Stellungen der Vietcong mit neuartigen amerikanischen Napalmbomben beschossen und dabei versehentlich eigene Landsleute getroffen. Das herzzerreißende Bild der neunjährigen Kim Phuc, die schwerverletzt aus den Flammen auf die Kamera zulief, wurde seitdem unzählige Male abgedruckt und mit Preisen bedacht. Es gilt als Dokument für die Unmenschlichkeit des Vietnam-Kriegs. Kims Anblick hat sich tief ins Bewußtsein der europäischen 68er-Generation eingegraben und den zivilen Druck auf die Vereinigten Staaten verstärkt, 1973 mit Nordvietnam in Paris ein Waffenstillstandsabkommen zu unterzeichnen.

Das Mädchen auf dem Foto war noch anonym, als das Bild am gleichen Abend von Associated Press verbreitet wurde. Der vietnamesische Fotograf, dem das Kind mit grausam verbrannten Schultern und Armen unerwartet vor die Kamera rannte, fuhr es in ein Krankenhaus. Wider alle medizinische Erfahrung überlebte Kim Phuc. Nach 13 Monaten therapeutischer Hölle mit Hauttransplantationen, Streckverband und Gipskorsett kehrte sie leidlich wiederhergestellt in ihren Heimatort Trang Bang zurück, wo der Krieg zwei Jahre unverändert weiterging.

Als das kommunistische Regime nach dem Sieg Nordvietnams 1975 entdeckte, daß Kim auf dem im Westen berühmten Foto dargestellt war, wurde das junge Mädchen gnadenlos vor die kommunistische Propagandamaschinerie gespannt. Deren Zugriff entkam Kim Phuc erst 17 Jahre später, als sie im kargen, kommunistischen Bruderland Kuba studieren durfte und sich 1992 auf einem Flug von Moskau nach Havanna bei einem Zwischenstopp in Kanada in den Westen absetzen konnte.

Kims Flucht blieb von den Medien unbemerkt und ihre Lebensgeschichte weitgehend unbekannt. Das hat das Buch von Denise Chong geändert. Die in Ottawa lebende Chinesin rekonstruierte durch Interviews mit Kim Phuc und ihren Eltern, Verwandten und Freunden Kims Lebenslauf, der durch ein einziges Foto für immer zur öffentlichen Sache wurde. Das Schicksal der jungen Vietnamesin als ziviles Kriegsopfer ist heute endgültig ihre Mission geworden: 1995 brach sie im kanadischen Exil ihr Schweigen gegenüber der Presse, um Geld für ihre hungernde Familie in Vietnam zu beschaffen, nachdem die bescheidene Nudelküche, mit der ihre Mutter jahrzehntelang eine vielköpfige Sippe ernährt hatte, von den Kommunisten geschlossen worden war. Inzwischen reist Kim Phuc als Friedensaktivistin durch die Welt. Sie ist ehrenamtliche Unesco-Botschafterin und Vorsitzende einer Stiftung für Kinder, die im Krieg verletzt wurden.

Chong stellt die Grausamkeit des Krieges, das Überleben trotz aller Widrigkeiten, die Hoffnungen und Enttäuschungen danach sensibel, aber unsentimental dar. Um das Schicksal des jungen Mädchens montiert die Autorin das Auf und Ab der Politik. Sie zeigt, wie der jahrzehntelange Krieg in Vietnam gegen Franzosen, gegen Amerikaner und schließlich gegen das benachbarte Kambodscha Korruption, Entbehrung und Hunger, Pressionen und Terror über das Land brachte, welche Schrecknisse, Not und Unterdrückung das kommunistische Regime den Menschen aufzwang. 400 000 von ihnen versuchten verzweifelt als Bootsflüchtlinge über das chinesische Meer zu entkommen.

Seitdem sind 25 Jahre vergangen, und das vormalige Reich des Revolutionärs Ho Tschi Minh präsentiert sich westlichen Besuchern gelenkig im Spagat zwischen Kommunismus und Kommerz. Kriegsschauplätze wie das berüchtigte unterirdische Tunnelsystem der Vietcong in Kims Heimat an der Straße Nr. 1, das die Südvietnamesen mit amerikanischen Napalmbomben ausräuchern wollten, werden längst als Touristenattraktion gezeigt. Und neben amerikanischen Urlaubern ordern betuchte Vietnamesen ihre Drinks in der legendären Saigon Bar im Hotel Caravelle, wo seinerzeit Kriegsreporter ihre Berichte aus der zerbombten Stadt schrieben.

Kriegsberichterstattung aus Vietnam wurde damals mit demselben trockenen Zynismus, der abgebrühten Routine und vor allem den unverzichtbaren einheimischen Hilfskräften betrieben wie heute aus den Kriegsgebieten auf dem Balkan und in Afrika. So warteten allein am Morgen des verhängnisvollen 8. Juni 1972 mehr als ein Dutzend ausländischer Korrespondenten wie Zuschauer bei einer Theaterveranstaltung vor der Straßensperre an der Brücke in Trang Bang auf den Beginn der Kampfhandlungen gegen den Vietcong. Bestellt hatte sie der südvietnamesische Bezirkskommandant. Bis mittags um eins machten die Reporter Bilder von Soldaten in Gefechtsstellung und fliehenden Vietcong. Sie waren bereits im Aufbruch, als der fehlorientierte südvietnamesische Bomber Napalmkanister auf eigene Stellungen abwarf. Als eine Gruppe qualverzerrter Menschen in panischer Angst über die Brücke auf sie zurannte, schossen die Fotografen ein Bild nach dem anderen, bis sie keinen Film mehr in der Kamera hatten. Das Foto von Kim Phuc war das anrührendste und wurde in Ost und West zur Ikone des Vietnam-Kriegs.

ULLA FÖLSING

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