Examensarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: gut, Universität zu Köln (Institut für Deutsche Sprache und Literatur), Sprache: Deutsch, Abstract: Dem Leitsatz folgend, "die Aufmerksamkeit des Menschen mehr auf den Menschen selbst zu heften", rekonstruiert Karl Philipp Moritz in seinem 'psychologischen Roman' Anton Reiser die Entwicklung des Charakters der gleichnamigen Hauptfigur in der wechselseitigen Beeinflussung von persönlichen Anlagen und äußeren Lebensumständen.Nachdem Fragmente der Lebensgeschichte Anton Reisers bereits 1784 im Magazin zur Erfahrungsseelenkunde, der von Moritz herausgegebenen ersten deutschen Zeitschrift für empirisch-analytische Psychologie, veröffentlicht wurden, erschien der 'psychologische Roman' von 1785 bis 1790 in vier Teilen. Der erste Teil erschien 1785, die Teile 2 und 3 im Jahr 1786, der vierte und letzte Teil 1790.Dass der hier geschilderte Lebensgang Antons in außergewöhnlich hohem Maße auf der persönlichen Geschichte des Verfassers beruht, dass die auftretenden Personen, die Verhältnisse und Örtlichkeiten zutreffend benannt und beschrieben sind, ist von der Forschung nachgewiesen worden. Der Untertitel Ein psychologischer Roman weist jedoch darauf hin, dass der Text nicht allein als autobiographisches Dokument gelesen werden will. Die Zuordnung des Textes zur epischen Gattung des Romans, die im späten 18. Jahrhundert eine Aufwertung erfährt, macht zum einen deutlich, dass die Berücksichtigung der Erzählstrukturen für das Verständnis des Textes notwendig ist. Zum anderen rückt der Zusatz 'psychologisch' die Lebensgeschichte Antons in die Nähe jener 'Fallgeschichten' wie sie im Magazin veröffentlicht wurden und betont den erfahrungsseelenkundlichen Anspruch des Verfassers. Schon im Untertitel deutet sich also an, dass der Text ohne Rückgriff auf zeitgenössische psychologisch-anthropologische und poetologische Konzeptionen nicht hinreichend erfasst werden kann. Bevor sich die vorliegende Arbeit der eigentlichen Textanalyse zuwenden kann, ist daher eine Einordnung in den psychologisch-anthropologischen und literartheoretischen Diskurs der Zeit notwendig.
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