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Hünej, eine junge Frau aus dem Altaigebirge, wird von einem großen, starken und überall behaarten "Menschenwild" geraubt, verbringt mit ihm einen Winter in der Wildnis des Hochgebirges und faßt schließlich Zutrauen zu ihm. Gemeinsam meistern sie die Gefahren des alltäglichen Überlebenskampfes. Sie kommen sich auch körperlich näher, und Hünej wird Mutter. Doch sie möchte zurück zu ihrer Nomadensippe in der Ebene und flieht. Er folgt ihr ...Galsan Tschinag, der deutschschreibende mongolische Schamane, erzählt die alte Legende vom Tiermenschen neu. Eine Erzählung von großer Anmut, voll Glück und Trauer.…mehr

Produktbeschreibung
Hünej, eine junge Frau aus dem Altaigebirge, wird von einem großen, starken und überall behaarten "Menschenwild" geraubt, verbringt mit ihm einen Winter in der Wildnis des Hochgebirges und faßt schließlich Zutrauen zu ihm. Gemeinsam meistern sie die Gefahren des alltäglichen Überlebenskampfes. Sie kommen sich auch körperlich näher, und Hünej wird Mutter. Doch sie möchte zurück zu ihrer Nomadensippe in der Ebene und flieht. Er folgt ihr ...Galsan Tschinag, der deutschschreibende mongolische Schamane, erzählt die alte Legende vom Tiermenschen neu. Eine Erzählung von großer Anmut, voll Glück und Trauer.
Autorenporträt
Galsan Tschinag wurde 1943 als jüngster Sohn einer Nomadenfamilie in der Westmongolei geboren. Er ist Stammesoberhaupt der turksprachigen Tuwa, einer ethnischen Minderheit in der Mongolei. Sein Name in der Sprache der Tuwa lautet Irgit Schynykbai-oglu Dshurukuwaa. Nach Abschluss der Schule erhielt er 1962 ein Stipendium, das es ihm erlaubte, in die DDR zu reisen. Er lernte Deutsch und Germanistik in Leipzig. Seitdem schreibt er seine literarischen Texte vor allem in deutscher Sprache. Sechs Jahre später, 1968, kehrte er in seine Heimat zurück und lehrte an der Universität in Ulan Bator deutsche Sprache und Literatur, bis er 1976 wegen »politischer Unzuverlässigkeit« Berufsverbot erhielt. In den folgenden Jahren arbeitet er als Redakteur der Zeitschrift Journalist und als Cheflektor bei Mongol Kino, wo er sich um die Verfilmung mongolischer Epen bemühte. Seit 1991 lebt er als freier Schriftsteller vor allem in Ulan Bator, ist aber auch viele Monate als Nomade mit seiner Sippe im Altaigebirge in der Nordwestmongolei unterwegs. Galsan Tschinag versteht sich als Mittler zwischen den Kulturen und ist im Ausland viel auf Lesereisen unterwegs. Seine Erzählungen wurden auch in zahlreiche andere Sprachen übersetzt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.06.2008

King Kongs Cousin
Galsan Tschinag wirft dem Biest wieder eine Schöne vor

Das ungleiche Paar hat seine Wurzeln in der Welt der mongolischen Legenden. Hünej, Tochter von wohlhabenden Nomaden, ist noch nicht ganz zur Frau herangereift, als sie, von pubertärer Romantik getrieben, mit ihrem Liebsten in die Berge des Altai flüchtet. Dort raubt ein männlicher "Gijik", das legendäre "Menschenwild" der mongolischen Bergwelt - halb Tier, halb Mensch -, sie dem Verlobten und verschleppt die junge Frau in seine Höhle. Eine Flucht ist unmöglich, und so fügt sie sich in das vermeintlich tödliche Schicksal. Doch ihre Bereitschaft, das eigene Leben bis zum bitteren Ende zu verteidigen, wird nie auf die Probe gestellt. Der riesige Gijik, dicht behaart und bar jeder Kleidung, versorgt sie, bringt rohes Fleisch und wilde Früchte und wärmt sie in den kalten Nächten.

Aus der Gefangenschaft wird Zusammenarbeit, aus der Partnerschaft erwächst Zuneigung. Sie gibt ihm einen Namen, versucht seine gutturale Sprache zu erlernen und weist nach langer Zeit auch seine Annäherungen nicht mehr zurück. In dem Dämmerlicht der Berghöhle gehen Menschenwild und Menschenkind die rudimentäre Symbiose zwischen Männchen und Weibchen ein - Selbsterhaltung und Fortpflanzung, eingebettet in die für vernunftbegabte Wesen nötige emotionale Wärme. Dieser in seiner Einfachheit beinahe paradiesische Urzustand kann daher auch nur von außen bedroht werden. Ein Gijik-Weibchen lässt längst vergessene Pläne an Flucht wieder aufkeimen.

Galsan Tschinag, mongolischer Schamane, Stammesfürst und Autor, der stets auf Deutsch schreibt, macht in seiner Erzählung fast beiläufig das Wesen des Menschen zu seinem Thema. Wenn Hünej hungrig die Zähne ins rohe Fleisch eines toten Ziegenbocks schlägt, scheint sie nicht mehr weit vom Tier entfernt. Trotzdem zeigt der Blick in ihre Gedanken, dass sie die Gleiche geblieben ist - leidlich um die Erfahrung gereift, dass ein gesättigter Magen nicht weniger angenehm ist, wenn die Mahlzeit roh war. Tschinag hält hier ein ungewöhnliches Plädoyer für die dem menschlichen Leben zugrunde liegende Einfachheit unserer Bedürfnisse. Ein voller Bauch, ein Dach über dem Kopf und etwas Zuneigung - mehr braucht es selbst im ewigen Eis des Altai-Gebirges nicht, um glücklich zu sein.

Der Stil des mongolischen Autors ist von anregender Andersartigkeit. Man merkt den Sätzen an, dass Tschinag nicht in seiner Muttersprache schreibt und dem Deutschen Wendungen abgewinnt, die ungewöhnlich, aber umso interessanter klingen. Der geringe Umfang von "Das Menschenwild" aber ist ein Problem: Vermochte der Autor in seinem vorherigen Roman noch tief in die wirren Fieberträume des sterbenden Dschingis Khan einzutauchen und dessen gewaltiges Leben aus dieser Perspektive heraus Revue passieren zu lassen, so streift er jetzt seine Handlung lediglich oberflächlich, allzeit bereit, zum nächsten Wendepunkt der Handlung vorzustoßen. Die eindrucksvollen und ungewöhnlichen Bilder, die Tschinag sonst mit Worten zu komponieren weiß, wollen sich in der aktuellen Erzählung nicht recht entfalten. Für einen erneuten Beweis der literarischen Qualität Tschinags müssen wir daher bis zu seinem nächsten Roman warten.

THOMAS SCHOLZ

Galsan Tschinag. "Das Menschenwild". Eine

Erzählung aus dem Altai. Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig 2008. 93 S., geb., 11,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.09.2008

In fernen Juten
Galsan Tschinags erstaunliche Erzählung aus dem Altai
Sie heißt Hünej und ist eine eigenwillige, frühreife Nomadin im Altai. Also rennt sie mit einem ein wenig „Dummkühnen” ihres Stammes namens Dünej weg vom Clan, wird aber zur Beute eines Schneemenschen, eines grunzenden Wolfsmenschen, und zu dessen Gefangener und Kebse für ein paar Jahre. Aus Todesangst wird nach und nach Überlebenskalkül und dann gar so etwas wie Zutrauen zu diesem nur halb sich artikulierenden Wesen, das vielleicht „Karaj” heißt oder doch von ihr so genannt wird.
Erzähltechnisch und sprachlich h ngt bei diesem Kleinepos in Prosa natürlich alles daran, ob der Autor imstande ist, sich eine Erzählsprache auszudenken, in der dieser unerhörte Kurzroman nicht nach bizarrem Exotismus klingt und auch nicht süßlich tierisch. Galsan Tschinag, ein Tuwa-Mongole des Jahrgangs 1944, der seit seinem 18. Lebensjahr im Rahmen der deutsch-mongolischen sozialistischen Völkerfreundschaft in Leipzig Deutsch lernte und es sich so staunenswert aneignete, dass er mit Recht beschließen konnte, ein deutscher Autor zu werden, erfindet sich ein Deutsch, das es vorher nicht gab, ein leicht dezentriertes, verschoben wirkendes Deutsch, entfernt getönt von einer Erzählsprache, die eben nicht aus unseren Gauen stammt und dennoch nicht fremdsprachig klingt.
Die Geschichte vom Leben einer Nomadenfrau mit einem Yeti (sozusagen) ist ganz unglaublich und – in einem nichtpsychologischen, frühgeschichtlichen Rahmen – ganz glaubhaft zugleich; man hat gar keine Lust zu zweifeln an dieser grausamen und dezenten Erzählung aus der Perspektive der jungen Mongolenfrau, die mit allen Sinnen mit diesem heftigen und auch zu Zärtlichkeit fähigen, sprachlich nur begrenzt ausdrucksfähigen Biest zusammenlebt, von ihm verteidigt wird, von ihm ein Kind empfängt und die Sehnsucht nach der Rückkehr zu Menschen doch nicht aufgeben kann. Am Ende lebt sie wieder bei ihrem Clan, aber als erneut Fremde. Sie kann nicht mehr sein wie vorher: Karaj war eben ihr Mann geworden, sie hatten sich mit Namen angesprochen und hatten so einander „doch auf einem näheren, innigeren Weg” erreichen können.
Das sind bedächtig-ironisch getönte 100 Seiten aus den Höhenregionen des Altai, und der Zeitpunkt, an dem das spielt, ist irritierenderweise das 20. Jahrhundert. Ein Märchen also, ein folk-tale? Nein, eigentlich eher so was wie eine realistische Erzählung, die über ihren eigenen Anachronismus staunt – der Genuss bei der Lektüre steckt zum großen Teil gerade darin, über die Gattung dieser Geschichte zu grübeln. So wünschen wir uns die Fortsetzung der alten Insel-Bücherei, wovon dies die Nr. 1302 ist.
Der Autor hat übrigens den Literaturpreis der deutschen Wirtschaft bekommen; diesen Herbst erscheint seine Autobiographie. JÖRG DREWS
GALSAN TSCHINAG: Das Menschenwild. Eine Erzählung aus dem Altai. Insel Verlag, Frankfurt am Main 2008. 94 Seiten, 11,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Einen etwas zwiespältigen Eindruck hat diese Erzählung Galsan Tschinags bei Rezensent Thomas Scholz hinterlassen. Die Geschichte um eine junge Frau, die von einem Gijik, halb Tier, halb Mensch, geraubt wird und mit diesem "Menschenwild" nach anfänglichem Widerwillen eine glückliche Beziehung eingeht, hat seine Wurzeln in der "Welt der mongolischen Legenden". Scholz sieht hier, fast wie nebenbei, die Frage nach dem Wesen des Menschen thematisiert. Die Erzählung ist in seinen Augen zugleich ein "ungewöhnliches" Plädoyer für die Einfachheit der Bedürfnisse. Der Stil des auf Deutsch schreibenden Autors ist für ihn von "anregender Andersartigkeit". Allerdings bleibt die Handlung, wegen des knappen Umfangs der Erzählung, seines Erachtens diesmal ein wenig an der Oberfläche kleben. Auch die "eindrucksvollen" Bilder, die Tschinags Romane auszeichnen, wollen sich in vorliegender Erzählung zu seinem Bedauern nicht wirklich entfalten.

© Perlentaucher Medien GmbH