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In seiner Sage offenbart ein Volk die Erinnerung an sein erwachendes geschichtliches Bewußtsein. Im Unterschiede vom Mythos, der den geheimnisvollen Gewalten der Natur im Weltlaufe und in der Menschenseele Ausdruck und Stimme zu verleihen strebt, haftet die Sage an den Figuren und Bewegungen der Geschichte der Frühzeit, aus denen das irdische und geistige Leben des Volkes erwachsen ist und die ihm seine Eigenart vor andern Völkern gegeben haben. Eben darum sind die Mythen aller Völker im letzten Grunde verwandt, weil sie die sich ewig gleich bleibenden Dinge der Welt zum Thema haben; und…mehr

Produktbeschreibung
In seiner Sage offenbart ein Volk die Erinnerung an sein erwachendes geschichtliches Bewußtsein. Im Unterschiede vom Mythos, der den geheimnisvollen Gewalten der Natur im Weltlaufe und in der Menschenseele Ausdruck und Stimme zu verleihen strebt, haftet die Sage an den Figuren und Bewegungen der Geschichte der Frühzeit, aus denen das irdische und geistige Leben des Volkes erwachsen ist und die ihm seine Eigenart vor andern Völkern gegeben haben. Eben darum sind die Mythen aller Völker im letzten Grunde verwandt, weil sie die sich ewig gleich bleibenden Dinge der Welt zum Thema haben; und dagegen sind die Völkersagen so verschieden voneinander je nach den verschiedenen geschichtlichen Erlebnissen der Heldenzeit der einzelnen Nationen. Dort hat die Poesie der Ruhe und Wiederkehr der Dinge die Phantasie berührt, hier die der Bewegung und des Einzigartigen, Unwiederholbaren. Die Sage hat nun aber eine Grenze ihrer Entwicklung; sie wächst nicht ewig fort und zieht nicht alle Ereignisse der Geschichte in ihren Kreis. Sagenbildend wirken nur Zeiten, die für die Geschichte des Volkes Epoche gemacht haben, seine Kräfte in außergewöhnlichem Maße in Anspruch nehmen, seiner Seele außergewöhnliche Eindrücke vermitteln. Und das sind überall in besonderem Maße die, in denen es aus der Dämmerung des Naturbehagens in das Licht der geschichtlichen Welt des Geistes eingeht und in Beziehung zu anderen Völkern tritt. Ist es in den neuen Verhältnissen zur Ruhe gekommen, dann wächst auch seiner Sage wenig Inhalt mehr zu, aber dafür gestaltet sie sich dann erst recht aus und empfängt ihre Abrundung und poetische Wirkungskraft. [...]

Dieses Buch ist ein Nachdruck der historischen Originalausgabe von 1906.