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Männer, Frauen, Katastrophen - zehn brillante Erzählungen vom Meister des psychologischen Realismus.
Ein Mann macht sich aus seinem langweiligen Leben davon, ein dem Herztod Entronnener will nicht in den normalen Alltag zurück ... Nuancenreich, eindringlich und berührend führt der große Erzähler Dieter Wellershoff in seinen Erzählungen Wendepunkte des Lebens vor, berichtet von ergriffenen und verpassten Chancen, kühlen Phantasien und kleinmütigen Fluchten. Ein so unterhaltsames wie weises Buch von der ewigen und ewig vergeblichen Suche nach dem Glück.
'Ein echter Pageturner.' - Der Tagesspiegel
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Produktbeschreibung
Männer, Frauen, Katastrophen - zehn brillante Erzählungen vom Meister des psychologischen Realismus.

Ein Mann macht sich aus seinem langweiligen Leben davon, ein dem Herztod Entronnener will nicht in den normalen Alltag zurück ... Nuancenreich, eindringlich und berührend führt der große Erzähler Dieter Wellershoff in seinen Erzählungen Wendepunkte des Lebens vor, berichtet von ergriffenen und verpassten Chancen, kühlen Phantasien und kleinmütigen Fluchten. Ein so unterhaltsames wie weises Buch von der ewigen und ewig vergeblichen Suche nach dem Glück.

'Ein echter Pageturner.' - Der Tagesspiegel
Autorenporträt
Dieter Wellershoff, 1925 in Neuss geboren, schrieb Romane, Erzählungen und Essays, Filmdrehbücher und Hörspiele. 1988 erhielt "dieser Meisterrealist vertrauter Umstände" (Die Zeit) den Heinrich-Böll-Preis, 2001 den Friedrich-Hölderlin-Preis, außerdem wurden ihm der Joseph-Breitbach-Preis und der Ernst-Robert-Curtius-Preis für Essayistik verliehen. Wellershoff lebt in Köln. Seine Werke sind in 15 Sprachen übersetzt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.08.2006

Der Gentleman-Erzähler
Dieter Wellershoffs Erzählungsband „Das normale Leben”
Am Ende steht der Satz: „Die Gefahr oder die Chance oder was immer es gewesen sein mochte, war vorbei.” Er ist programmatisch, wie alle Schlusssätze in diesem Buch. Die Erzählungen Dieter Wellershoffs sind vom Ende her zu lesen. Die letzte, nur vier Seiten lange Episode schildert, wie ein Mann auf der Straße einer ehemaligen Geliebten begegnet. Während sie aufeinander zugehen, überlegt er, ob er sie ansprechen soll und wie es wäre, die alte Beziehung noch einmal zu erneuern. Vielleicht müsste er nur ihren Namen sagen, um die Fremdheit zu überwinden. Aber dann sind sie auch schon aneinander vorbei gegangen. Beide tun so, als hätten sie sich nicht gesehen. Sie verschwindet wieder in der Menge. Er fühlt sich seltsam leicht und körperlos. Und dann kommt auch schon der abschließende Satz: „Die Gefahr oder die Chance oder was immer es gewesen sein mochte, war vorbei.”
Als „Probebühne” und „Simulationsraum” betrachtet Dieter Wellershoff die Literatur. Als „psychologischer Realismus” sind die Texte des Kölner Schriftstellers kategorisiert worden. Wellershoff ist ein erzählerischer Gentleman, immer korrekt, absolut formvollendet. Seine Schlusssätze sind so diskret wie unerbittlich. Sie schließen sich hinter den Geschichten wie Theatervorhänge und erweitern doch den Blick. Sie zeigen, dass die Normalität - ganz im Gegensatz zur formalen Intaktheit dieser Prosa - immer nur scheinbar wiederhergestellt ist. In ihnen steckt die vibrierende Anstrengung, die es kostet, eine mühsam etablierte Ordnung aufrechtzuerhalten.
„Alles war wie immer” endet eine Erzählung über den Opernbesuch eines sich zum Frösteln fremd gewordenen Ehepaares. Während der Vorstellung sitzen Mann und Frau wie Klötze nebeneinander. Sie, in Gedanken versunken, trauert einer Liebesgeschichte nach, die vor kurzem zu Ende ging. In der Pause steht der Geliebte dann plötzlich vor ihr, weist sie aber, da er von der eigenen Gattin begleitet wird, mit einem angedeuteten Kopfschütteln ab, während ihr Mann mit den Worten „Etwas Frisches tut gut, nicht wahr?” die Sektgläser bringt. Die Rückkehr in den Alltag, mit der diese Geschichte endet, klingt regelrecht bedrohlich. Das Ehepaar steigt ins Auto und fährt aus dem Parkhaus: „Langsam glitt der Wagen die Rampe hoch. Draußen dann die Stadt, die Lichtreklamen, der Verkehr. Und Schweigen. Wie ein Urteil, das vollstreckt wurde.”
Wellershoff erzählt von Eheverhältnissen und Liebesbeziehungen, von Verstrickungen in ungelebte Wünsche und den Fallstricken der Sehnsucht. Er zeigt Menschen in ihrer Einsamkeit, mit all ihren intimen Begierden und Phantasien, ohne sie dabei jemals bloßzustellen. Ihre Illusionen sind nicht weniger real als die sogenannte Realität. Die Geschichten sind Momentaufnahmen, deren äußeres Geschehen eher unspektakulär wirkt, weil die Dramatik sich im Inneren der Figuren abspielt. Wellershoffs Helden sind Künstler, Autoren, Intellektuelle, also der Teil des Bürgertums, für den die bürgerlichen Konventionen des Zusammenlebens nicht selbstverständlich sind. Häufig handelt es sich um ältere Herren, die, von Krankheit gezeichnet, eine Art Inventur ihres Gefühlslebens erstreben. Aber ebenso glaubhaft kann Wellershoff aus der Perspektive einer jungen Studentin, einer Lyrikerin oder der Antiquitäten verkaufenden Ehefrau eines Innenarchitekten erzählen. Der letzte Satz ihrer Geschichte lautet: „Vielleicht kann ich mich einmal rächen, dachte sie. Wenn es dann noch wichtig ist.”
Das ist wie mit dem Beil geschrieben. Auch hier geht es um eine Ehe. Der Mann hat seine Frau in der Nacht zuvor und im eigenen Haus mit deren jüngerer Schwester betrogen. Minutiös schildert Wellershoff den Verlauf der Nacht, ein Sommerfest im Golfclub, die flirrende Atmosphäre und die leisen Veränderungen der emotionalen Gemengelage. Im Schlusssatz steckt der ganze Schmerz des Erlebten, die Möglichkeit der Rebellion und des Ausbruchs, aber auch die Rückkehr in ein resignatives „Weiter so”. Diese Wahl haben Wellershoffs Figuren immer wieder zu treffen. Indem sie keine Antwort darauf geben, entscheiden sie sich tendenziell eher zugunsten des Weitermachens. Der Abgrund, der sich geöffnet hat, schließt sich dann wieder.
Unterm Sternenhimmel
Und doch ist das „normale Leben”, von dem in der Titelgeschichte die Rede ist, viel mehr als nur eine aufrechterhaltene Kulisse der schönen Konventionen. In diesem Fall ist es ein Arzt, der seinem Patienten, einem älteren Schriftsteller, nach einer Herzattacke den floskelhaften Rat mitgibt, ins „normale Leben” zurückzukehren. Der Mann begibt sich daraufhin in seine Ferienwohnung nach Ahrenshoop und macht sich Hoffnungen darauf, die einstige Geliebte zurückzugewinnen. Ihr Besuch wird aber nicht zu einem Neuanfang, sondern zu einem letzten Abschied. Phantasie und Wirklichkeit lassen sich auch hier nicht zur Deckung bringen. Ist er also einmal mehr gescheitert, oder ist vielleicht gerade darin das „normale” Leben zu suchen? Der Schluss dieser Geschichte klingt für Wellershoff ungewohnt heiter. Da steht er am Strand unterm Sternenhimmel und ordnet die Gedanken: „Er war ein alter Mann, der auf Abruf lebte, versehen mit der Weisung, noch einmal und so lange es ging in sein normales Leben zurückzukehren. Wie auch immer es lief: Er hatte Grund, das zu feiern.” JÖRG MAGENAU
DIETER WELLERSHOFF: Das normale Leben. Erzählungen. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2005. 306 Seiten, 18,90 Euro.
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"Ein echter Pageturner." Der Tagesspiegel