Produktdetails
- Verlag: Bonifatius-Verlag
- Seitenzahl: 277
- Abmessung: 220mm
- Gewicht: 380g
- ISBN-13: 9783870889982
- Artikelnr.: 25952823
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.06.1998Irrlicht der Völker
Eine Selbstdarstellung des Opus Dei schafft keine Klarheit
Nicht etwa, weil das tägliche Gebet für den Papst vorgeschrieben und die Verbreitung christlicher Lehren Pflicht ist, löst das Opus Dei weltweit erregte Diskussionen aus. Der Hauptvorwurf gegenüber der 1928 von dem Priester Josemaría Escrivá gegründeten Vereinigung katholischer Laien und Kleriker lautet vielmehr, daß die Organisation im Verborgenen agiert und viele Anhänger es vorziehen, anonym zu bleiben. Drei bekennende Opus-Dei-Mitglieder sind jetzt angesichts der anhaltenden Verwirrung, ob von ihnen Segen oder Unheil für die Kirche ausgeht, in die Offensive gegangen. Zwar würdigen Pedro Rodríguez, Fernando Ocáriz und José Luis Illanes keinen der erhobenen Vorwürfe eines Wortes, zwischen den Zeilen aber ist deutlich zu erkennen, daß es ihnen um Klarstellungen geht.
Das von den Autoren gezeichnete Bild der Organisation ist ganz aus den Quellen gearbeitet: Die Verfasser haben ihren Überlegungen die Schriften und Predigten von Escrivá sowie die Statuten der Prälatur zugrunde gelegt, die sie jeweils im Licht der eigenen Erfahrungen deuten. Gegenüber dem Verdacht sektiererischer Umtriebe setzen sie sich mit dem Geständnis ihrer Liebe zur "heiligen Mutter Kirche" - als deren "kleiner Teil" sich das "Werk Gottes" versteht - zur Wehr.
Besonderen Wert legen die Autoren auf die Feststellung, daß die heutige Organisationsform des Opus Dei, das erst 1982 von Johannes Paul II. zu einer sogenannten Personalprälatur geadelt wurde, schon bei der Gründung angelegt war. Daß ein Opus-Dei-Mitglied seinem Prälaten und dieser einzig dem Papst unterstellt sein soll, folgt für sie mit innerer Zwangsläufigkeit aus dem "gebieterischen Befehl", der an den jungen Priester aus Aragonien erging. Die Aktivitäten der Gemeinschaft sind deshalb dem Jurisdiktionsbereich der Diözesanbischöfe entzogen. Selbstbewußt versteht sich das Opus Dei als Institution der Gesamtkirche und verlangt von den Bischöfen, daß sie diese "ekklesiale Identität" respektieren.
Allen Ähnlichkeiten zum Trotz beschwören die Verfasser die Differenz zu den Orden. Als eine Laienorganisation setzt das Opus Dei bewußt auf das Miteinander von hierarchisch strukturiertem Amt und dem Priestertum aller Gläubigen, dessen Bedeutung das Zweite Vatikanische Konzil wieder ins kirchliche Bewußtsein gehoben hat. Die Berechtigung des Amts begründet Escrivá - in eigenwilliger Metaphorik - mit dem Dienstcharakter: "Die Priester sind noch mehr dazu verpflichtet, ihr Herz als Teppich auf den Boden zu legen, damit ihre Brüder weich auftreten können." Es versteht sich nach dieser Ermahnung von selbst, daß das Opus Dei "in den Laien einen gesunden Antiklerikalismus" zu fördern versuche; sogar von einem kollegialen Leitungsstil der Organisation ist die Rede. Auf der anderen Seite ist der Gehorsam gegenüber dem Prälaten, der der rechtmäßige Inhaber der sacra potestas ist, unbedingte Pflicht.
Um dieser Spannung zu begegnen, begreift sich das Opus Dei als eine große Familie, die in "kindlicher Verbundenheit" mit dem Papst und "kindlicher Liebe" zu den Bischöfen die Maxime Omnes cum Petro ad Iesum per Mariam lebt. So wird jedes Amt, zu dem die Gemeinschaft beruft, als "ein Opfer erfahren, das man bereitwillig und froh auf sich nimmt, denn in einer ,Familie' ist es den Kindern immer eine Ehre und Freude, dem Vater zu helfen". Der Unterschied der Geschlechter spielt im Opus Dei nach Einschätzung der Autoren keine Rolle, gleichwohl bekommen die Frauen eine solche zugewiesen: Wie im "Zuhause der christlichen Familie" sind es ihre Hände, denen die "materielle Verwaltung der Zentren der Prälatur" obliegt. Die Aufgaben des "Vaters" - des Prälaten oder seiner Vertreter - sind hingegen Rat und Unterweisung.
Sympathie erwartet das Opus Dei für seine "Laienmentalität". Die berufliche Arbeit ist für seine Anhänger der Ort für die Heiligung der Welt. Mitten in dieser Welt, die ihnen die Güte Gottes spiegelt, wollen sie kontemplativ leben - und die Autoren beteuern, daß dies nicht einfach "pastorale oder apostolische Taktik" sei. Zu Recht kann für alle diese Ziele auf das Zweite Vatikanum verwiesen werden, das in der vorliegenden Monographie ausschließlich als positiver Impuls für die Kirche von heute gewertet wird. Erst "Lumen Gentium", die Kirchenkonstitution des Konzils, habe wieder deutlich gemacht, daß der Ruf zur Heiligkeit allen gilt und nicht an die "kanonischen und institutionalisierten Formen des Ordenslebens geknüpft" ist. So weit, so gut.
Doch sollten diese Ziele nicht jedem Christen selbstverständlich sein? Was unterscheidet dann das Opus-Dei-Mitglied von den "gewöhnlichen Christen"? Hier werden die Autoren einerseits überraschend deutlich und verbleiben andererseits im Vagen. Schon Escrivá hatte die Berufung zum Opus Dei mit dem Entzünden einer Laterne verglichen - woraus man folgern kann, daß jeder andere Christ sich nicht einmal als kleines Licht fühlen darf. Das Besondere der Berufung wird auf die Formel "Dem Opus Dei gehorchen" gebracht. Auf die Frage "Was tun die Mitglieder des Opus Dei?" antwortet Escrivá: "Was sie tun? Sie erfüllen ihre Pflicht, nicht mehr und nicht weniger."
Nach der Lektüre des umständlich geschriebenen Buches bleibt der Eindruck zurück, nicht viel Neues erfahren zu haben. Im salbungsvollen Stil kirchlicher Verlautbarungen wird Banales herausgestrichen. Oft verwenden die Verfasser das göttliche Passiv. Redundanzen ermüden. Diejenigen Kritiker, die eine ekklesiologische Verengung der Theologie des Opus Dei beklagen, werden sich bestätigt fühlen. Wird nicht auch das Metaphernfeld "Familie" überstrapaziert?
Das eigentliche Problem ist jedoch nicht die Theorie. Gerne hätte man mehr aus der Feder des Opus Dei über die gelebte Praxis erfahren. Allen Mitgliedern wird auf dem Boden der katholischen Glaubens- und Sittenlehre Meinungsfreiheit zugesichert. Was es aber heißt, als Opus-Dei-Mitglied neben dem Gehorsam, wie ihn jeder Novize und jeder Priesteramtskandidat verspricht, auch zur Annahme der geistlichen Begleitung "verpflichtet" zu sein, kann nur erahnt werden. Schließlich: Wer davon redet, daß seine "Waffe" das Gebet sei, und sich zu den "Soldaten Christi" zählt, braucht sich - solange weiterhin vieles im dunkeln bleibt - nicht zu wundern, wenn er im Eifer des Gefechts als militant bezeichnet wird. STEFAN ORTH
Pedro Rodríguez, Fernando Ocáriz, José Luis Illanes: "Das Opus Dei in der Kirche". Ekklesiologische Einführung in das Leben und das Apostolat des Opus Dei. Aus dem Spanischen von Janni Büsse und Stephan Puhl. Bonifatius Verlag, Paderborn 1997. 277 S., br., 48,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eine Selbstdarstellung des Opus Dei schafft keine Klarheit
Nicht etwa, weil das tägliche Gebet für den Papst vorgeschrieben und die Verbreitung christlicher Lehren Pflicht ist, löst das Opus Dei weltweit erregte Diskussionen aus. Der Hauptvorwurf gegenüber der 1928 von dem Priester Josemaría Escrivá gegründeten Vereinigung katholischer Laien und Kleriker lautet vielmehr, daß die Organisation im Verborgenen agiert und viele Anhänger es vorziehen, anonym zu bleiben. Drei bekennende Opus-Dei-Mitglieder sind jetzt angesichts der anhaltenden Verwirrung, ob von ihnen Segen oder Unheil für die Kirche ausgeht, in die Offensive gegangen. Zwar würdigen Pedro Rodríguez, Fernando Ocáriz und José Luis Illanes keinen der erhobenen Vorwürfe eines Wortes, zwischen den Zeilen aber ist deutlich zu erkennen, daß es ihnen um Klarstellungen geht.
Das von den Autoren gezeichnete Bild der Organisation ist ganz aus den Quellen gearbeitet: Die Verfasser haben ihren Überlegungen die Schriften und Predigten von Escrivá sowie die Statuten der Prälatur zugrunde gelegt, die sie jeweils im Licht der eigenen Erfahrungen deuten. Gegenüber dem Verdacht sektiererischer Umtriebe setzen sie sich mit dem Geständnis ihrer Liebe zur "heiligen Mutter Kirche" - als deren "kleiner Teil" sich das "Werk Gottes" versteht - zur Wehr.
Besonderen Wert legen die Autoren auf die Feststellung, daß die heutige Organisationsform des Opus Dei, das erst 1982 von Johannes Paul II. zu einer sogenannten Personalprälatur geadelt wurde, schon bei der Gründung angelegt war. Daß ein Opus-Dei-Mitglied seinem Prälaten und dieser einzig dem Papst unterstellt sein soll, folgt für sie mit innerer Zwangsläufigkeit aus dem "gebieterischen Befehl", der an den jungen Priester aus Aragonien erging. Die Aktivitäten der Gemeinschaft sind deshalb dem Jurisdiktionsbereich der Diözesanbischöfe entzogen. Selbstbewußt versteht sich das Opus Dei als Institution der Gesamtkirche und verlangt von den Bischöfen, daß sie diese "ekklesiale Identität" respektieren.
Allen Ähnlichkeiten zum Trotz beschwören die Verfasser die Differenz zu den Orden. Als eine Laienorganisation setzt das Opus Dei bewußt auf das Miteinander von hierarchisch strukturiertem Amt und dem Priestertum aller Gläubigen, dessen Bedeutung das Zweite Vatikanische Konzil wieder ins kirchliche Bewußtsein gehoben hat. Die Berechtigung des Amts begründet Escrivá - in eigenwilliger Metaphorik - mit dem Dienstcharakter: "Die Priester sind noch mehr dazu verpflichtet, ihr Herz als Teppich auf den Boden zu legen, damit ihre Brüder weich auftreten können." Es versteht sich nach dieser Ermahnung von selbst, daß das Opus Dei "in den Laien einen gesunden Antiklerikalismus" zu fördern versuche; sogar von einem kollegialen Leitungsstil der Organisation ist die Rede. Auf der anderen Seite ist der Gehorsam gegenüber dem Prälaten, der der rechtmäßige Inhaber der sacra potestas ist, unbedingte Pflicht.
Um dieser Spannung zu begegnen, begreift sich das Opus Dei als eine große Familie, die in "kindlicher Verbundenheit" mit dem Papst und "kindlicher Liebe" zu den Bischöfen die Maxime Omnes cum Petro ad Iesum per Mariam lebt. So wird jedes Amt, zu dem die Gemeinschaft beruft, als "ein Opfer erfahren, das man bereitwillig und froh auf sich nimmt, denn in einer ,Familie' ist es den Kindern immer eine Ehre und Freude, dem Vater zu helfen". Der Unterschied der Geschlechter spielt im Opus Dei nach Einschätzung der Autoren keine Rolle, gleichwohl bekommen die Frauen eine solche zugewiesen: Wie im "Zuhause der christlichen Familie" sind es ihre Hände, denen die "materielle Verwaltung der Zentren der Prälatur" obliegt. Die Aufgaben des "Vaters" - des Prälaten oder seiner Vertreter - sind hingegen Rat und Unterweisung.
Sympathie erwartet das Opus Dei für seine "Laienmentalität". Die berufliche Arbeit ist für seine Anhänger der Ort für die Heiligung der Welt. Mitten in dieser Welt, die ihnen die Güte Gottes spiegelt, wollen sie kontemplativ leben - und die Autoren beteuern, daß dies nicht einfach "pastorale oder apostolische Taktik" sei. Zu Recht kann für alle diese Ziele auf das Zweite Vatikanum verwiesen werden, das in der vorliegenden Monographie ausschließlich als positiver Impuls für die Kirche von heute gewertet wird. Erst "Lumen Gentium", die Kirchenkonstitution des Konzils, habe wieder deutlich gemacht, daß der Ruf zur Heiligkeit allen gilt und nicht an die "kanonischen und institutionalisierten Formen des Ordenslebens geknüpft" ist. So weit, so gut.
Doch sollten diese Ziele nicht jedem Christen selbstverständlich sein? Was unterscheidet dann das Opus-Dei-Mitglied von den "gewöhnlichen Christen"? Hier werden die Autoren einerseits überraschend deutlich und verbleiben andererseits im Vagen. Schon Escrivá hatte die Berufung zum Opus Dei mit dem Entzünden einer Laterne verglichen - woraus man folgern kann, daß jeder andere Christ sich nicht einmal als kleines Licht fühlen darf. Das Besondere der Berufung wird auf die Formel "Dem Opus Dei gehorchen" gebracht. Auf die Frage "Was tun die Mitglieder des Opus Dei?" antwortet Escrivá: "Was sie tun? Sie erfüllen ihre Pflicht, nicht mehr und nicht weniger."
Nach der Lektüre des umständlich geschriebenen Buches bleibt der Eindruck zurück, nicht viel Neues erfahren zu haben. Im salbungsvollen Stil kirchlicher Verlautbarungen wird Banales herausgestrichen. Oft verwenden die Verfasser das göttliche Passiv. Redundanzen ermüden. Diejenigen Kritiker, die eine ekklesiologische Verengung der Theologie des Opus Dei beklagen, werden sich bestätigt fühlen. Wird nicht auch das Metaphernfeld "Familie" überstrapaziert?
Das eigentliche Problem ist jedoch nicht die Theorie. Gerne hätte man mehr aus der Feder des Opus Dei über die gelebte Praxis erfahren. Allen Mitgliedern wird auf dem Boden der katholischen Glaubens- und Sittenlehre Meinungsfreiheit zugesichert. Was es aber heißt, als Opus-Dei-Mitglied neben dem Gehorsam, wie ihn jeder Novize und jeder Priesteramtskandidat verspricht, auch zur Annahme der geistlichen Begleitung "verpflichtet" zu sein, kann nur erahnt werden. Schließlich: Wer davon redet, daß seine "Waffe" das Gebet sei, und sich zu den "Soldaten Christi" zählt, braucht sich - solange weiterhin vieles im dunkeln bleibt - nicht zu wundern, wenn er im Eifer des Gefechts als militant bezeichnet wird. STEFAN ORTH
Pedro Rodríguez, Fernando Ocáriz, José Luis Illanes: "Das Opus Dei in der Kirche". Ekklesiologische Einführung in das Leben und das Apostolat des Opus Dei. Aus dem Spanischen von Janni Büsse und Stephan Puhl. Bonifatius Verlag, Paderborn 1997. 277 S., br., 48,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main