Ein rares Meisterwerk zeitgenössischer Prosa, eine dicht gesponnene, psychologisch raffiniert umgesetzte Erzählung, die an die frühen Stücke von Patricia Highsmith erinnert, in ihrer Kunstfertigkeit aber an die Novellistik großer europäischer Erzähltradition anknüpft.
Im achtzehnten Jahrhundert lebte in Frankreich ein Mann, der zu den genialsten und abscheulichsten Gestalten dieser an genialen und abscheulichen Gestalten nicht armen Epoche gehörte. Die spannende Geschichte - märchenhaft, witzig und zugleich fürchterlich angsteinflößend - vom finsteren Helden Grenouille.
Im achtzehnten Jahrhundert lebte in Frankreich ein Mann, der zu den genialsten und abscheulichsten Gestalten dieser an genialen und abscheulichen Gestalten nicht armen Epoche gehörte. Die spannende Geschichte - märchenhaft, witzig und zugleich fürchterlich angsteinflößend - vom finsteren Helden Grenouille.
"Von Jean-Baptiste Grenouille, dem finsteren Helden, sei nur verraten, daß er 1738 in Paris, in einer stinkigen Fischbude, geboren wird. Die Ammen, denen das Kerlchen an die Brust gelegt wird, halten es nur ein paar Tage mit ihm aus: Er sei zu gierig, außerdem vom Teufel besessen, wofür es untrügliche Indizien gebe: den fehlenden Duft, den unverwechselbaren Geruch, den Säuglinge auszuströmen pflegen." (Frankfurter Allgemeine Zeitung) "Kraftvoll und mitreißend. Seine Wirkung wird lange anhalten."(Time)
"Ein Monster betritt die Literatur: Jean Baptiste Grenouille. Ein Literaturereignis!"(Stern)
"Ein Monster betritt die Literatur: Jean Baptiste Grenouille. Ein Literaturereignis!"(Stern)
»Im Winter 1984 betrat ein Mann die literarische Szene, der seitdem zu den raffiniertesten und verblüffendsten Gestalten dieser an raffinierten und verblüffenden Gestalten nicht armen Epoche gehört.«
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.03.2002Patrick Süskind: Das Parfum
1985 - Ein Buch so gefährlich und betörend wie ein Monster
In der Mitte der achtziger Jahre des soeben vergangenen Jahrhunderts lebte, teils in München, teils in Ambach am Starnberger See, ein Mann, der zu den seltsamsten Figuren dieses an seltsamen Figuren nicht gerade armen Jahrzehnts gehörte. Seine Geschichte kann hier nicht völlständig erzählt werden, da sie erstens, so Gott will, noch lange nicht zu Ende ist, und zweitens gehört es zu den Besonderheiten dieser Geschichte, daß wir nur ihren Anfang kennen. Denn der Mann, von dem hier erzählt werden soll, hat sich aus der Welt zurückgezogen und ignoriert auch jenen Literaturbetrieb, der doch damals keinen größeren Helden und vielleicht auch keinen schlimmeren Ketzer kannte als diesen Patrick Süskind, der, erst mit seinem kleinen Theaterstück "Der Kontrabaß" und dann mit seinem auch nicht allzu umfangreichen Roman "Das Parfum", sich an allen Konventionen dieses Betriebs versündigte, dafür aber kaum bestraft und nur mäßig gescholten wurde, was vermutlich auch daran lag, daß das Publikum ihn so heftig dafür liebte, daß die Kritiker, hätten sie ihn gescholten, nur für Nörgler und Spielverderber gegolten hätten. Dabei war, was Süskind da betrieb, seit Jahrzehnten strengstens verboten. Wer einen Roman mit einer Kleist-Paraphrase begann und dann weitererzählte, als ob seit Balzacs "Verlorenen Illusionen" nur ein paar Jahre vergangen wären, wer sich aus Thackereys "Jahrmarkt der Eitelkeiten" den allwissenden Zynismus borgte und dessen Konzept "A novel without a hero" noch verschärfte zu "a novel with just a villain" - den verbannte man damals eigentlich ins Reich des Trivialen und der Irrelevanz. Aber die großen Zeitungen schickten das Buch an ihre besten Rezensenten, und als dann eine wohlwollende Kritik nach der anderen erschien, da wurden Süskind, sein Buch und der Skandal, den es bedeutete, von der geballten Sympathie geradezu erdrückt.
Es war nämlich ein Skandal, und es ist ein gefährliches und abscheuliches Buch, wie es, mit seiner Sprache, die man wohl, wie einen der Düfte, von denen es erzählt, betörend nennen muß, den Leser geradezu süchtig machte, ihn verführte und ihm fast den Willen raubte, so wie sein Held, oder vielmehr sein Bösewicht, das Scheusal Jean-Baptiste Grenouille, sich führen und verführen läßt vom Duft einer Jungfrau, den er schon aus meilenweiter Entfernung spürt, und als er dann bei ihr steht, muß er sie töten für ihren Duft.
Es war ein Skandal, weil das Buch seinen Leser nicht mehr losließ, und wenn er dann bemerkte, wohin das alles führte, wenn er endlich sah, daß Süskind nur schwarzsah, weil er die alte Zeit, von der er schrieb, als eine Hölle schilderte, und die neue, die wissenschaftliche Zeit mit Menschenopfern beginnen ließ - da war es immer schon zu spät. Jean-Baptiste Grenouille, der Waise, Sohn einer Kindsmörderin und im größten Dreck von ganz Paris geboren, ist ein Monster, weil einer wie er unter dem ancien regime nur als Monster überleben kann. Und es ist dieses Monster, und es kann nur so ein Monster sein, welches den Fortschritt, der in diesem Fall der Fortschritt der Parfumindustrie ist, mit der nötigen Entschlossenheit und Brutalität vorantreibt und dabei aufs Leben unschuldiger Jungfrauen keine Rücksicht nehmen kann.
War es eigentlich auch ein Skandal, daß da einer, der 1949 geboren wurde, sich hineinbohrte in eine Vergangenheit, die nicht die eigene war; daß er die große Sperre, welche es doch noch immer gibt zwischen der deutschen Gegenwart und allem, was weit vorher geschah, einfach niederriß oder jedenfalls ignorierte; daß er also von einer Vergangenheit erzählte, ohne von deutscher Schuld zu erzählen?
Und ist es vielleicht noch immer ein Skandal, daß Süskind gerühmt wurde und gelesen erst recht und demnächst auch verfilmt - aber sonst kaum eine Wirkung hatte, kaum Nachfolger oder Nachahmer fand?
Man müßte mit Süskind darüber sprechen, wenn Süskind nur zu sprechen wäre.
cls
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
1985 - Ein Buch so gefährlich und betörend wie ein Monster
In der Mitte der achtziger Jahre des soeben vergangenen Jahrhunderts lebte, teils in München, teils in Ambach am Starnberger See, ein Mann, der zu den seltsamsten Figuren dieses an seltsamen Figuren nicht gerade armen Jahrzehnts gehörte. Seine Geschichte kann hier nicht völlständig erzählt werden, da sie erstens, so Gott will, noch lange nicht zu Ende ist, und zweitens gehört es zu den Besonderheiten dieser Geschichte, daß wir nur ihren Anfang kennen. Denn der Mann, von dem hier erzählt werden soll, hat sich aus der Welt zurückgezogen und ignoriert auch jenen Literaturbetrieb, der doch damals keinen größeren Helden und vielleicht auch keinen schlimmeren Ketzer kannte als diesen Patrick Süskind, der, erst mit seinem kleinen Theaterstück "Der Kontrabaß" und dann mit seinem auch nicht allzu umfangreichen Roman "Das Parfum", sich an allen Konventionen dieses Betriebs versündigte, dafür aber kaum bestraft und nur mäßig gescholten wurde, was vermutlich auch daran lag, daß das Publikum ihn so heftig dafür liebte, daß die Kritiker, hätten sie ihn gescholten, nur für Nörgler und Spielverderber gegolten hätten. Dabei war, was Süskind da betrieb, seit Jahrzehnten strengstens verboten. Wer einen Roman mit einer Kleist-Paraphrase begann und dann weitererzählte, als ob seit Balzacs "Verlorenen Illusionen" nur ein paar Jahre vergangen wären, wer sich aus Thackereys "Jahrmarkt der Eitelkeiten" den allwissenden Zynismus borgte und dessen Konzept "A novel without a hero" noch verschärfte zu "a novel with just a villain" - den verbannte man damals eigentlich ins Reich des Trivialen und der Irrelevanz. Aber die großen Zeitungen schickten das Buch an ihre besten Rezensenten, und als dann eine wohlwollende Kritik nach der anderen erschien, da wurden Süskind, sein Buch und der Skandal, den es bedeutete, von der geballten Sympathie geradezu erdrückt.
Es war nämlich ein Skandal, und es ist ein gefährliches und abscheuliches Buch, wie es, mit seiner Sprache, die man wohl, wie einen der Düfte, von denen es erzählt, betörend nennen muß, den Leser geradezu süchtig machte, ihn verführte und ihm fast den Willen raubte, so wie sein Held, oder vielmehr sein Bösewicht, das Scheusal Jean-Baptiste Grenouille, sich führen und verführen läßt vom Duft einer Jungfrau, den er schon aus meilenweiter Entfernung spürt, und als er dann bei ihr steht, muß er sie töten für ihren Duft.
Es war ein Skandal, weil das Buch seinen Leser nicht mehr losließ, und wenn er dann bemerkte, wohin das alles führte, wenn er endlich sah, daß Süskind nur schwarzsah, weil er die alte Zeit, von der er schrieb, als eine Hölle schilderte, und die neue, die wissenschaftliche Zeit mit Menschenopfern beginnen ließ - da war es immer schon zu spät. Jean-Baptiste Grenouille, der Waise, Sohn einer Kindsmörderin und im größten Dreck von ganz Paris geboren, ist ein Monster, weil einer wie er unter dem ancien regime nur als Monster überleben kann. Und es ist dieses Monster, und es kann nur so ein Monster sein, welches den Fortschritt, der in diesem Fall der Fortschritt der Parfumindustrie ist, mit der nötigen Entschlossenheit und Brutalität vorantreibt und dabei aufs Leben unschuldiger Jungfrauen keine Rücksicht nehmen kann.
War es eigentlich auch ein Skandal, daß da einer, der 1949 geboren wurde, sich hineinbohrte in eine Vergangenheit, die nicht die eigene war; daß er die große Sperre, welche es doch noch immer gibt zwischen der deutschen Gegenwart und allem, was weit vorher geschah, einfach niederriß oder jedenfalls ignorierte; daß er also von einer Vergangenheit erzählte, ohne von deutscher Schuld zu erzählen?
Und ist es vielleicht noch immer ein Skandal, daß Süskind gerühmt wurde und gelesen erst recht und demnächst auch verfilmt - aber sonst kaum eine Wirkung hatte, kaum Nachfolger oder Nachahmer fand?
Man müßte mit Süskind darüber sprechen, wenn Süskind nur zu sprechen wäre.
cls
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