Dieses ungewöhnliche Buch erzählt die Geschichte der berühmtesten Piraten der Karibik. Es waren wilde Zeiten und verwegene Männer, für die es keine Gesetze gab, außer ihre eigenen. Sie beherrschten das Meer zwischen Barbados und Hispaniola, Martinique, Guadeloupe und Panama. NATIONAL GEOGRAPHIC zeigt anhand dieser einzigartigen historischen Quelle, wie eng Piraterie und Politik, Kolonisation und Handel miteinander verwoben waren. Vor allem aber beschreibt das Buch detailliert und liebevoll die Lebensgewohnheiten der Männer mit der Augenklappe. Der Leser macht eine Reise in die Vergangenheit, in die Karibik des 17. Jahrhunderts, in eine Welt, geprägt von Meutereien, Flauten, erschreckende Rohheit und dem unstillbaren Durst nach Freiheit.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.05.2009NEUE REISEBÜCHER
Für den Tisch Sie "gingen auf die Gefechtsstationen und feuerten Breitseiten auf die Kanus, die sich ihnen von beiden Flussufern her näherten. Nach zwei oder drei Breitseiten kletterten die Piraten, während die Kanoniere nachluden, mit geschwungenen Entermessern an Bord." So steht's geschrieben, in Alexandre Olivier Exquemelins vor 231 Jahren erschienenem "Piratentagebuch". Es folgen noch viele Seiten, die in ähnlicher Weise über die Seeräuber des 17. Jahrhunderts berichten und 2009 plötzlich wieder erschreckend aktuell wirken.
Exquemelins Tagebuch ist unter dem Titel "De Americaensche Zee-Rovers" 1678 auf Holländisch und ein Jahr später auf Deutsch erschienen. Im Auftrag der französischen Westindien-Compagnie war Exquemelin 1666 auf die Île de la Tortue (zu Haiti gehörend) gegangen, wechselte bald die Seiten und segelte als Wundarzt mit den Freibeutern durch die Karibik. Eigentlich, so könnte man sagen, war Exquemelin einer der ersten maritimen "embedded journalist", der aus dem Zentrum des Geschehens berichtete.
Diese authentische Realerfahrung spürt man noch immer in jeder Zeile und erkennt schnell, warum Exquemelins Tagebuch als bedeutendste Quelle zum Piratenwesen des 17. Jahrhunderts gilt und später Romanciers wie Robert Louis Stevenson ("Die Schatzinsel") und Filmproduzenten wie Jerry Bruckheimer ("Fluch der Karibik") für ihre Werke inspirierte. Mit Exquemelins Tagebuch setzte die Mythenbildung ein, die Piraterie heute noch beeinflusst.
Das betont auch Terry Breverton, Herausgeber der nun erschienenen Neuauflage, in seinem Vorwort: "Vor allem seinem (Exquemelins) Bericht verdanken wir die Klischees von Charakter und Handeln der Seeräuber." Aber vielleicht ist "verdanken" heute nicht mehr ganz so passend. Schließlich sind die Piraten der Neuzeit nichts anderes als Terroristen der Meere, die noch immer von diesen positiv konnotierten Abenteuerklischees profitieren.
Ungeachtet dessen erfährt der Leser sehr viel über Seeräuber, ihre Methoden, Taktiken, Ausrüstung. Und die etwas zu sehr im Was-ist-was-Stil gehaltenen Zwischenkapitel erklären Begriffe wie "Schonung", "Schuldknechtschaft", "Entern", "Kappen" und erläutern die historischen Hintergründe.
"Du musst deinen Feind kennen, um ihn besiegen zu können", riet ein chinesischer Philosoph schon vor sehr langer Zeit. Vielleicht sollten sich also auch jene Kapitäne, die demnächst Kreuzfahrtschiffe durch den Golf von Aden oder die Straße von Malakka steuern müssen, dieses informative Buch besorgen. Vielleicht sollten auch sie sich in Alexandre Exquemelins historisches "Piratentagebuch" vertiefen. Und vielleicht können sie ja, über zweihundert Jahre nach dessen Ableben, noch etwas über die Feinde der Gegenwart lernen.
asl
Terry Breverton (Hg.): "Das Piraten-Tagebuch". National Geographic 2009, 192 Seiten, 29,95 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Für den Tisch Sie "gingen auf die Gefechtsstationen und feuerten Breitseiten auf die Kanus, die sich ihnen von beiden Flussufern her näherten. Nach zwei oder drei Breitseiten kletterten die Piraten, während die Kanoniere nachluden, mit geschwungenen Entermessern an Bord." So steht's geschrieben, in Alexandre Olivier Exquemelins vor 231 Jahren erschienenem "Piratentagebuch". Es folgen noch viele Seiten, die in ähnlicher Weise über die Seeräuber des 17. Jahrhunderts berichten und 2009 plötzlich wieder erschreckend aktuell wirken.
Exquemelins Tagebuch ist unter dem Titel "De Americaensche Zee-Rovers" 1678 auf Holländisch und ein Jahr später auf Deutsch erschienen. Im Auftrag der französischen Westindien-Compagnie war Exquemelin 1666 auf die Île de la Tortue (zu Haiti gehörend) gegangen, wechselte bald die Seiten und segelte als Wundarzt mit den Freibeutern durch die Karibik. Eigentlich, so könnte man sagen, war Exquemelin einer der ersten maritimen "embedded journalist", der aus dem Zentrum des Geschehens berichtete.
Diese authentische Realerfahrung spürt man noch immer in jeder Zeile und erkennt schnell, warum Exquemelins Tagebuch als bedeutendste Quelle zum Piratenwesen des 17. Jahrhunderts gilt und später Romanciers wie Robert Louis Stevenson ("Die Schatzinsel") und Filmproduzenten wie Jerry Bruckheimer ("Fluch der Karibik") für ihre Werke inspirierte. Mit Exquemelins Tagebuch setzte die Mythenbildung ein, die Piraterie heute noch beeinflusst.
Das betont auch Terry Breverton, Herausgeber der nun erschienenen Neuauflage, in seinem Vorwort: "Vor allem seinem (Exquemelins) Bericht verdanken wir die Klischees von Charakter und Handeln der Seeräuber." Aber vielleicht ist "verdanken" heute nicht mehr ganz so passend. Schließlich sind die Piraten der Neuzeit nichts anderes als Terroristen der Meere, die noch immer von diesen positiv konnotierten Abenteuerklischees profitieren.
Ungeachtet dessen erfährt der Leser sehr viel über Seeräuber, ihre Methoden, Taktiken, Ausrüstung. Und die etwas zu sehr im Was-ist-was-Stil gehaltenen Zwischenkapitel erklären Begriffe wie "Schonung", "Schuldknechtschaft", "Entern", "Kappen" und erläutern die historischen Hintergründe.
"Du musst deinen Feind kennen, um ihn besiegen zu können", riet ein chinesischer Philosoph schon vor sehr langer Zeit. Vielleicht sollten sich also auch jene Kapitäne, die demnächst Kreuzfahrtschiffe durch den Golf von Aden oder die Straße von Malakka steuern müssen, dieses informative Buch besorgen. Vielleicht sollten auch sie sich in Alexandre Exquemelins historisches "Piratentagebuch" vertiefen. Und vielleicht können sie ja, über zweihundert Jahre nach dessen Ableben, noch etwas über die Feinde der Gegenwart lernen.
asl
Terry Breverton (Hg.): "Das Piraten-Tagebuch". National Geographic 2009, 192 Seiten, 29,95 Euro
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