Wie schon sein Vater in den 1960er Jahren, entschließt sich der 23jährige Journalist Dany Laferrière 1976 ins Exil zu gehen, nachdem ein Freund und Kollege von Paramilitärs im Dienst des Diktators François Duvalier ermordet wurde. Er geht nach Kanada, lebt in der Metropole Montréal, wo ihn dreiunddreißig Jahre später eines Nachts am Telefon die Nachricht erreicht, dass sein Vater in New York soeben gestorben ist. Die ihn unvorbereitet treffende Nachricht lässt ihn erstmals an eine Rückkehr in seine Heimat denken, uber sein Leben im Exil seit seiner Ankunft in Montréal refl ektieren. Erinnerungen aus den Tiefen der Kindheit und Landschaften kommen in ihm hoch, als 'langsame Vorbereitungen zur Abreise', wie er es selbst bezeichnet. Gemeinsam mit seinem Neffen, seinem jungeren Alter Ego, bereist er Haiti, wo die Bevölkerung hungert und unter der politischen Verfolgung und Korruption leidet. Er trifft auf ein schwer gepruftes Land, das aber auch in die lebendige Kunstszene und die Jugend große Hoffnung setzt.Inspiriert von Aimé Césaires Cahier d'un retour au pays natal ist der Roman in Versform geschrieben, die ohne Reime und fi xes metrum auskommt. Die Rhythmen und Klangwiederholungen ergeben einen sehr musikalischen Erzählstil, der eher einem Popsong als einem Langgedicht ähnelt, was den großen Erfolg des Buchs im französischen Sprachraum erklärt.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Ein Buch reifer Gelassenheit findet Claudia Kramatschek in Dany Laferrières Spurensuche nach seiner verlorenen Kindheit und der Geschichte seines Vaters auf Haiti. Das im Original bereits 2009 erschienene Buch hält die Rezensentin für das persönlichste des in Montreal lebenden Autors. Dass es dennoch frei ist von jeglichem Pathos, auch wenn es um Trauer und die Fährnisse des Exils geht, rechnet sie Laferrières hoch an. Für sie liegt hier und in dem Umstand, dass sich der Autor in der Form an Aimé Césaires Prosagedicht "Cahier" hält, der Grund für die Unaufdringlichkeit der durchaus poetischen Betrachtungen, in der sich Politik und Privates vermischen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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