Welches Verhältnis unterhält das Abendland zu seiner eigenen Religion? Emmanuel Carrère stellt sich die Gretchenfrage. Er vertieft sich in die Anfänge des Christentums und fragt nach der Kraft, mit der es gelang, an Dinge zu glauben, gegen die der Verstand rebelliert und eine revolutionäre Ethik zu vertreten, die den Schwachen zum Starken erklärt. Mal ironisch, mal mit dringlichem Ernst zeichnet Carrère das Fresko einer antiken Welt, die in vielen Zügen unserer heutigen ähnelt - und begegnet sich dabei selbst.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.07.2017Wunder – auch für
Nichtgläubige
Man kann es Karl Ove Knausgård schon übel nehmen, dass derzeit so viele Autoren ihren Alltag zu Literatur hochjazzen. Auch in „Im Reich Gottes“ von Emmanuel Carrère gilt es zunächst viele Seiten Persönliches und manchmal auch Waschlappiges aus dem Leben des Autors zu erfahren. Nur dient es in diesem Fall dem höheren Zweck, den Glauben Carrères kennenzulernen, was in der Folge notwendig wird. Denn er erzählt die Biografien der Apostel Lukas und Paulus, die für sehr viel von dem verantwortlich sind, was wir heute als Glauben verstehen. Er beschreibt zwei ebenso unterschiedliche wie getriebene Charaktere, die Christen und Atheisten sonst nur als Steinfiguren auf Kirchenportalen bekannt sind. Hier zeigt sich der wahre Kniff in Carrères Erzähltechnik: Seine hochspekulative Schilderung lässt man ihm als Leser durchgehen, weil er eben eine radikal persönliche Perspektive anbietet. Man wird belohnt mit einem rasanten und lehrreichen Buch über das Christentum, die Bibelschreibung und den Glauben – und das ist ja eigentlich ein kleines Wunder.
DAVID PFEIFER
Emmanuel Carrère:
Das Reich Gottes.
Aus dem Französischen
von Claudia Hamm.
Verlag Matthes &
Seitz, Berlin 2016.
524 Seiten, 24,90 Euro.
E-Book 19,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Nichtgläubige
Man kann es Karl Ove Knausgård schon übel nehmen, dass derzeit so viele Autoren ihren Alltag zu Literatur hochjazzen. Auch in „Im Reich Gottes“ von Emmanuel Carrère gilt es zunächst viele Seiten Persönliches und manchmal auch Waschlappiges aus dem Leben des Autors zu erfahren. Nur dient es in diesem Fall dem höheren Zweck, den Glauben Carrères kennenzulernen, was in der Folge notwendig wird. Denn er erzählt die Biografien der Apostel Lukas und Paulus, die für sehr viel von dem verantwortlich sind, was wir heute als Glauben verstehen. Er beschreibt zwei ebenso unterschiedliche wie getriebene Charaktere, die Christen und Atheisten sonst nur als Steinfiguren auf Kirchenportalen bekannt sind. Hier zeigt sich der wahre Kniff in Carrères Erzähltechnik: Seine hochspekulative Schilderung lässt man ihm als Leser durchgehen, weil er eben eine radikal persönliche Perspektive anbietet. Man wird belohnt mit einem rasanten und lehrreichen Buch über das Christentum, die Bibelschreibung und den Glauben – und das ist ja eigentlich ein kleines Wunder.
DAVID PFEIFER
Emmanuel Carrère:
Das Reich Gottes.
Aus dem Französischen
von Claudia Hamm.
Verlag Matthes &
Seitz, Berlin 2016.
524 Seiten, 24,90 Euro.
E-Book 19,99 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Wie glauben? Um diese Frage kreist das vorliegende Buch, erklärt Rezensentin Hanna Engelmeier. Sich diese Frage eindringlich zu stellen, dazu habe der Autor Emmanuel Carrère allen Grund, erfahren wir weiter: Im Zuge einer Lebenskrise wandte er sich in den 90ern Trost suchend dem Christentum zu, scheiterte aber daran, gläubig zu werden, was zur vorliegenden Auseinandersetzung mit den Lebensstationen zahlreicher, für den christlichen Glauben maßgeblicher Persönlichkeiten führte. Was sie selbst davon hält, bleibt jedoch unklar. Dass sie das Buch im folgenden eher lakonisch abhandelt - der Autor suche vor allem unexotische Orte auf, sein Fazit aus dieser Auseinandersetzung mit dem Glaube falle recht lapidar aus - lässt jedoch auf eine wenig ersprießliche Lektüre schließen. Ausdrückliches Lob findet immerhin die Übersetzung von Claudia Hamm.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Man wird belohnt mit einem rasanten und lehrreichen Buch über das Christentum, die Bibelschreibung und den Glauben - und das ist ja eigentlich ein kleines Wunder.« - David Pfeifer, Süddeutsche Zeitung David Pfeifer SZ - Süddeutsche Zeitung Magazin 20170717