Als der Schriftsteller Wolfgang Hilbig (1941 - 2007) berühmt wurde - 1993 mit dem Erscheinen des Romans Ich, nach der hymnischen Aufnahme der Erzählung Alte Abdeckerei -, ging es endgültig um die Biografie, das wirkliche Leben des Autors. Dass dabei Zuschreibungen walteten, basierte auf dem, was bei ihm selbst zu lesen stand: Arbeiter; Heizer; Sachsen; der Durst; die Stadt "M." Seine Herkunft aus der DDR stand im Mittelpunkt. Gleich danach diejenige aus Meuselwitz, einer Stadt, die durch ihn zum poetischen, literarischen Topos wurde. Man schaute auf die Fotos, auf das Gesicht, auf die Nase.War er nicht Boxer? Ja, als Heranwachsender, mit siebzehn eingetragenen Kämpfen. Oder hat er, weiter gefragt, nicht auch im Tagebau gearbeitet? Nein. Oder doch, aber eher so: "der dörfer teichgerüche zogen mich in tagebaue". Oder wie es die befreundete Kollegin Katja Lange-Müller ausdrückt: "Hilbigs Tagebau (wie ich die Gegend so vieler seiner Erzählungen einmal bezeichnen will, denn das Wort Milieu widerstrebt mir)...". Man könnte auch sagen, er hat zwar nicht selbst in einem Tagebau, aber sonst fast überall in der durch Kohlebergbau geschundenen, großflächig veränderten Landschaft gearbeitet. Die längste Lebenszeit jedenfalls hat er in Meuselwitz verbracht. Und eines ist gewiss: Wolfgang Hilbig hat die Stadt erfunden, indem er sie beschrieb, denn "...auf andere Weise konnte sie womöglich keine Existenz gewinnen."Uwe Kolbe erzählt die Geschichte eines Unbehausten, der das ihm zugefallene Revier in einen Topos von großer Literatur verwandelt. Angelika Fischer begibt sich mit ihrer Kamera auf Spurensuche nach den Relikten einer verschwindenden Zeit.