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In was für einer Welt leben wir eigentlich? Philipp Schönthaler beschreibt die Herausforderungen und Zumutungen unserer alltäglichen Arbeits- und Lebenswelten. Jeder Tag ist ein Kampf um optimiertes Aussehen, optimierte Arbeitsziele, optimierte Arbeitsplätze, optimierte Berufseinstellungen. Soll man nundaran scheitern oder darüber lachen? Schönthaler entscheidet sich in diesem außergewöhnlichen Roman für den feinen, leise ironischen Blick, sanften und liebevollen Spott, geleitet von Neugier und Faszination, von Zuneigung und Verständnis. Offen bleibt nach der Lektüre, ob wir auf die Menschen…mehr

Produktbeschreibung
In was für einer Welt leben wir eigentlich? Philipp Schönthaler beschreibt die Herausforderungen und Zumutungen unserer alltäglichen Arbeits- und Lebenswelten. Jeder Tag ist ein Kampf um optimiertes Aussehen, optimierte Arbeitsziele, optimierte Arbeitsplätze, optimierte Berufseinstellungen. Soll man nundaran scheitern oder darüber lachen? Schönthaler entscheidet sich in diesem außergewöhnlichen Roman für den feinen, leise ironischen Blick, sanften und liebevollen Spott, geleitet von Neugier und Faszination, von Zuneigung und Verständnis. Offen bleibt nach der Lektüre, ob wir auf die Menschen in den Verhältnissenum uns oder ob wir bloß in einen Spiegel geschaut haben.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Philipp Schönthaler, 1976 in Stuttgart geboren, erhielt 2012 für sein Erzähldebüt Nach oben ist das Leben offen den Clemens-Brentano-Preis. Bei Matthes & Seitz Berlin sind bisher fünf Bücher erschienen, der Essay Portrait des Managers als junger Autor wurde 2016 mit dem Preis des Stuttgarter Wirtschaftsclubs ausgezeichnet. Sein Roman Der Weg aller Wellen. Leben und Dienste II setzt die im Erzählband Vor Anbruch der Morgenröte. Leben und Dienste I (2017) begonnene Auseinandersetzung mit der Technologie fort. Er lebt in Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dass der Autor nicht als Insider berichtet, sondern als literarischer Ermittler, macht das Buch von Philipp Schönthaler für Alexander Košenina nicht weniger interessant. Die Welt der psychosomatisch kaputten Schleimer, Schwätzer und Scharlatane der Großkonzernwelt vermag ihm der Autor nicht nur als Satire, sondern mit all ihren Abgründen vorzustellen. Wenn er dabei auf traditionelle Erzählpositionen verzichtet und die verschiedenen Geschichten seines Personals kühl protokolliert und zum handlungsarmen Soziogramm verwebt, scheint es Košenina dennoch kalt den Rücken runterzulaufen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.02.2014

Die Agenten der Effizienz machen wieder Überstunden
Philipp Schönthaler schaut den Silberzungen der neuen Arbeitswelt aufs Maul und auf die Finger

Schleimer, Schwätzer, Scharlatane, wohin man in diesem Roman schaut: Auf den geschliffenen Jargon der Eintönigkeit - die Sprachformeln der Produktmanager, Headhunter, Personal Trainer oder Consultants - versteht sich keiner besser als Philipp Schönthaler. Schon mit seinem Erzählband "Nach oben ist das Leben offen" (2012) hat er die Leistungsgesellschaft aufs Korn genommen, jetzt wendet er sich ganz der Unternehmenswelt zu. Von der seltsamen Titelmelodie dieses Romandebüts darf man sich nicht täuschen lassen: "Das Schiff das singend zieht auf seiner Bahn" befindet sich auf keiner fröhlichen Kreuzfahrt. Die Belegschaft ist strikt auf Kurs gebracht: "Einstieg als Aufstieg".

Der Kosmetikkonzern "Pfeiffer Beauty" ist ein völlig austauschbarer Schauplatz: protzig geschleckte Firmenzentrale nahe Stuttgart mit weitläufigem Foyer und Lichthof, verglasten Aufzügen, Meetingpoints, Oasen und Bistros. Gleiches gilt für das auf "Selbstoptimierung" gedrillte Personal: Mitte dreißig, smarte, redegewandte Selbstdarsteller. Damit diese Standardeigenschaften niemand vergisst, führen die Figuren sprechende Namen: Erik Jungholz, der die Firma mit einem neuen Herrenduft retten soll, ist Golfer, liebt schnelle Autos und erinnert sich ständig vor dem Spiegel daran, wie gut, ja wirklich gut er ist. Die Unternehmensberaterin Pamela Smaart hat trotz ihres Glasauges einen ziemlich guten Durchblick. Dr. Posner, Career Center Coach, lehrt die rechte Haltung und predigt das KLP-Prinzip: Kompetenz, Leistungsorientierung, Persönlichkeit.

Im Unterschied zu Typensatiren aus der literarischen Tradition stellt Schönthaler aber nicht nur die sorgfältig einstudierten Rollen seines Personals vor. Hinter den Fassaden tun sich jähe Abgründe auf. Die scheinbar so reibungslos auf ihrer Bahn dahinschnurrenden Aufziehfiguren müssen sich von Schlaftherapeuten, Stimmtrainern und Psychologen behandeln lassen, um überhaupt zu funktionieren. Sie kämpfen mit allen möglichen psychosomatischen Begleiterscheinungen ihrer Karriere, der sie sich viel bedingungsloser und verbissener verschreiben als die nachfolgende, Leistung und Lebensgenuss balancierende "Generation Y". Besonders hart trifft es die ewige Bewerberin Rike, die in jeder Vorstellungssituation versagt. Ihr Name ist die anagrammatische Umkehrung des Strahlemanns Erik Jungholz.

Schönthaler schreibt nicht als Insider, sondern als literarisch verdeckter Ermittler. Traditionelle Erzählpositionen, über deren Verabschiedung bei Bernhard, Sebald und Kertész er 2010 promoviert wurde, versucht er im eigenen Roman aufzugeben, auch formal: Dem Titelblatt auf Seite 9 gehen sechs Druckseiten mit charakterisierenden Fragmenten voraus. Das Buch selbst verwebt die kühl protokollierten Geschichten der einzelnen Figuren, die recht wenig miteinander zu tun haben.

Insgesamt handelt es sich bei dem Roman um ein handlungsarmes Soziogramm, das den Agenten der Effizienz bei der Arbeit zusieht. Ihr neoliberaler Geist stammt zwar aus der Unternehmenswelt, hat aber längst alle Institutionen, Behörden und Bildungseinrichtungen durchdrungen. Qualitätssicherung, Evaluation und Consulting allüberall, im Roman werden gar nicht sonderlich fiktiv wirkende Erhebungsbögen, Statistiken und Tortendiagramme abgedruckt. Die Controller, die all das, vor allem aber sich selbst kontrollieren, lachen sich dabei ins Fäustchen. Literatur als Spiegel der Welt soll das nicht aussparen, es bleibt aber die Entscheidung des Lesers, ob er sich dem nicht lieber entziehen will.

ALEXANDER KOSENINA

Philipp Schönthaler: "Das Schiff das singend zieht auf seiner Bahn". Roman.

Matthes & Seitz, Berlin 2013. 334 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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