Unwiderstehlich gruselig: das Buch von Licht und Schatten Auf der Flucht vor seiner Vergangenheit rast Ludlow durch die Nacht, als blinder Passagier an eine Kutsche geklammert. Schließlich wird der Junge Lehrling beim Pfandleiher Joe Zabbidou, der einen besonderen Handel treibt: Er kauft Geheimnisse und trägt sie in sein schwarzes Buch ein. Aber die Dorfbewohner wollen nicht nur ihr Gewissen erleichtern, sondern sehen in Joe den Retter, der sie von dem grausamen Grundbesitzer Ratchet befreit. Bald reicht es ihnen nicht mehr, ihre Schuld zu verkaufen, und sie erwarten mehr von Joe. Doch auch Ludlow verbirgt ein Geheimnis. Das Netz um die beiden zieht sich immer enger zusammen Rätsel, Krimi, Spannung! Ein außergewöhnlicher Roman, super spannend und literarisch zugleich. Aufwendig ausgestattet, Cover mit Goldprägung. Wunderbar! Higgins hat eine einzigartige, unheimliche Welt erschaffen, vergleichbar mit Dickens oder Peake. (Eoin Colfer)
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.07.2008Die Welt retten
Vier historische Abenteuergeschichten
Auf dem Kinder- und Jugendbuchmarkt geht es inzwischen zu wie im Märchen ,,Der süße Brei‘‘ der Brüder Grimm. Die phantastischen Erzählungen überfluten die Verlagsprogramme. Geschrieben werden sie oft von Autoren, die nur wenig älter sind als ihre Leser. Auch die Literaturszene sucht inzwischen ihre jungen Superstars, nicht nur das Fernsehen. Bis jemand das Zauberwort ,,Fantasy steh‘‘ gerufen hat, gilt es also weiter für Kritiker, Buchhändler und Bibliothekare, sich durchzufressen, zu probieren, ob der literarische Brei diesmal besonders gewürzt ist, auch wenn er aus den immergleichen Zutaten bereitet wird: Man nehme einen jugendlichen Außenseiter, katapultiere ihn aus seiner gewohnten Umgebung, schicke ihn durch viele Prüfungen, bis er die Eignung besitzt, um seine Welt zu retten. Oft ist diese Welt ein gigantisches Phantasiegebilde, zusammengesetzt aus Versatzstücken anderer ähnlicher Geschichten. Manchmal aber hat sich der Autor für seine Protagonisten einen Rahmen gesucht, der ihnen mehr Glaubwürdigkeit verleiht, er stellt sie in einen historischen Kontext, in eine literarische Kulisse, die nicht beliebig ausgeschmückt werden kann, weil sie dem Leser bekannt ist.
Da kann auch die Zeit weit zurückgehen, bis ins 12./13. Jahrhundert wie im Abenteuerroman Eulengeheimnis (Urachhaus) der französischen Autorin Beatrice Bottet, die in ihrer bunten Schilderung der historischen Szenen an das neu entflammte Interesse für das Mittelalter anknüpft. Ihr Held scheint direkt dem Personal der landauf landab so beliebten Mittelaltermärkte zu entstammen, ein junger Musikant, der, um den letzten Willen seiner verstorbenen Burggräfin zu erfüllen, eine gefährliche Reise durch Frankreich antritt. Immer auf der Flucht vor den Erben, hätte er das kostbare Zauberbuch nie ohne die Hilfe einer jungen Adeligen dem rechtmäßigen Besitzer zurückgeben können. Aber auch sie braucht seinen Schutz, um einem reichen alten Bräutigam zu entkommen. Angereichert wird diese turbulente Geschichte mit mittelalterlichen Zauberrezepten. Die Ingredienzien für die Herstellung dieser Zaubermixturen zeigen, wie fremd uns diese Zeit doch ist, mit ihrem Standesdenken und einer Religiösität, die alle Lebensbereiche durchdrang und zum Beispiel auch der Anlass war für Pilgerreisen. Während sich heute die modernen Pilger auf den Weg machen, um ein Reiseabenteuer zu erleben, gingen die Pilger im Mittelalter auf den beschwerlichen und sehr gefährlichen Weg, um ein Gelübde zu erfüllen oder Buße zu tun, wie es Kevin Crossley-Holland in seinem Roman Gatty (Boje Verlag) schildert. Er schickt eine walisische Adelige im 13. Jahrhundert auf den Pilgerzug nach Jerusalem, begleitet von Getreuen aus ihrem Gefolge und der Kammerzofe Gatty, die, klug und couragiert, bald die Anführerin der Gruppe wird. Der Autor entwickelt die Geschichte nach alten Reiseberichten, die manchmal an Mysterienspiele erinnern, und entwirft in einer leicht distanzierten, ironischen Sprache einen großen Bilderbogen menschlicher Schicksale, Happy End inbegriffen.
Englische Fantasy kann auch das 18. Jahrhundert in einen Schauerroman verwandeln. Das schwarze Buch der Geheimnisse von F. E. Higgins (Oetinger) erinnert an Dickens und Poe, wenn der Held, aus London fliehend, in einem einsamen Dorf der Gehilfe eines Pfandleihers wird, der den gequälten Bewohnern ihre dunklen Geheimnisse abkauft. Die Geschichte, angereichert mit Gruselelementen wie Leichendiebstahl und Lebendig-Begraben-Werden endet als Lehrbeispiel, wie auch die finsterste Macht erfolgreich zu bekämpfen ist.
Nicht nur zurückliegende historische Epochen bieten Motive für phantastische Erzählungen. Die junge Autorin Antonia Michaelis lebte einige Zeit als Ärztin in einem Kinderkrankenhaus in Nepal. Ihre Erfahrungen mit der aktuellen politischen Situation, die Begegnung mit den Rebellen in den Bergen, liefern die Handlungsmomente ihres an ein mythologisches Märchen erinnernden Romans Drachen der Finsternis (Loewe Verlag). Zwei sehr unterschiedliche Jungen, ein Deutscher, der seinen verschollenen Bruder sucht, und der nepalesische Thronfolger, er ist unsichtbar, ziehen auf dem Weg zu den Aufständischen gemeinsam durch das Land. Ein Land, das nicht nur von den Rebellen und den Soldaten des Königs, sondern auch von Drachen verwüstet wird. Sie geraten zwischen die Fronten, erleben die Sinnlosigkeit und Brutalität der Kämpfe in einem Camp der Aufständischen, und erreichen in einer spannenden fast märchenhaft anmutenden Schlusssequenz ein Ende der Gewalttätigkeiten.
Vier Beispiele historischer Abenteuer-Literatur, gut geschriebene Unterhaltung nicht nur für Jugendliche. ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
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Vier historische Abenteuergeschichten
Auf dem Kinder- und Jugendbuchmarkt geht es inzwischen zu wie im Märchen ,,Der süße Brei‘‘ der Brüder Grimm. Die phantastischen Erzählungen überfluten die Verlagsprogramme. Geschrieben werden sie oft von Autoren, die nur wenig älter sind als ihre Leser. Auch die Literaturszene sucht inzwischen ihre jungen Superstars, nicht nur das Fernsehen. Bis jemand das Zauberwort ,,Fantasy steh‘‘ gerufen hat, gilt es also weiter für Kritiker, Buchhändler und Bibliothekare, sich durchzufressen, zu probieren, ob der literarische Brei diesmal besonders gewürzt ist, auch wenn er aus den immergleichen Zutaten bereitet wird: Man nehme einen jugendlichen Außenseiter, katapultiere ihn aus seiner gewohnten Umgebung, schicke ihn durch viele Prüfungen, bis er die Eignung besitzt, um seine Welt zu retten. Oft ist diese Welt ein gigantisches Phantasiegebilde, zusammengesetzt aus Versatzstücken anderer ähnlicher Geschichten. Manchmal aber hat sich der Autor für seine Protagonisten einen Rahmen gesucht, der ihnen mehr Glaubwürdigkeit verleiht, er stellt sie in einen historischen Kontext, in eine literarische Kulisse, die nicht beliebig ausgeschmückt werden kann, weil sie dem Leser bekannt ist.
Da kann auch die Zeit weit zurückgehen, bis ins 12./13. Jahrhundert wie im Abenteuerroman Eulengeheimnis (Urachhaus) der französischen Autorin Beatrice Bottet, die in ihrer bunten Schilderung der historischen Szenen an das neu entflammte Interesse für das Mittelalter anknüpft. Ihr Held scheint direkt dem Personal der landauf landab so beliebten Mittelaltermärkte zu entstammen, ein junger Musikant, der, um den letzten Willen seiner verstorbenen Burggräfin zu erfüllen, eine gefährliche Reise durch Frankreich antritt. Immer auf der Flucht vor den Erben, hätte er das kostbare Zauberbuch nie ohne die Hilfe einer jungen Adeligen dem rechtmäßigen Besitzer zurückgeben können. Aber auch sie braucht seinen Schutz, um einem reichen alten Bräutigam zu entkommen. Angereichert wird diese turbulente Geschichte mit mittelalterlichen Zauberrezepten. Die Ingredienzien für die Herstellung dieser Zaubermixturen zeigen, wie fremd uns diese Zeit doch ist, mit ihrem Standesdenken und einer Religiösität, die alle Lebensbereiche durchdrang und zum Beispiel auch der Anlass war für Pilgerreisen. Während sich heute die modernen Pilger auf den Weg machen, um ein Reiseabenteuer zu erleben, gingen die Pilger im Mittelalter auf den beschwerlichen und sehr gefährlichen Weg, um ein Gelübde zu erfüllen oder Buße zu tun, wie es Kevin Crossley-Holland in seinem Roman Gatty (Boje Verlag) schildert. Er schickt eine walisische Adelige im 13. Jahrhundert auf den Pilgerzug nach Jerusalem, begleitet von Getreuen aus ihrem Gefolge und der Kammerzofe Gatty, die, klug und couragiert, bald die Anführerin der Gruppe wird. Der Autor entwickelt die Geschichte nach alten Reiseberichten, die manchmal an Mysterienspiele erinnern, und entwirft in einer leicht distanzierten, ironischen Sprache einen großen Bilderbogen menschlicher Schicksale, Happy End inbegriffen.
Englische Fantasy kann auch das 18. Jahrhundert in einen Schauerroman verwandeln. Das schwarze Buch der Geheimnisse von F. E. Higgins (Oetinger) erinnert an Dickens und Poe, wenn der Held, aus London fliehend, in einem einsamen Dorf der Gehilfe eines Pfandleihers wird, der den gequälten Bewohnern ihre dunklen Geheimnisse abkauft. Die Geschichte, angereichert mit Gruselelementen wie Leichendiebstahl und Lebendig-Begraben-Werden endet als Lehrbeispiel, wie auch die finsterste Macht erfolgreich zu bekämpfen ist.
Nicht nur zurückliegende historische Epochen bieten Motive für phantastische Erzählungen. Die junge Autorin Antonia Michaelis lebte einige Zeit als Ärztin in einem Kinderkrankenhaus in Nepal. Ihre Erfahrungen mit der aktuellen politischen Situation, die Begegnung mit den Rebellen in den Bergen, liefern die Handlungsmomente ihres an ein mythologisches Märchen erinnernden Romans Drachen der Finsternis (Loewe Verlag). Zwei sehr unterschiedliche Jungen, ein Deutscher, der seinen verschollenen Bruder sucht, und der nepalesische Thronfolger, er ist unsichtbar, ziehen auf dem Weg zu den Aufständischen gemeinsam durch das Land. Ein Land, das nicht nur von den Rebellen und den Soldaten des Königs, sondern auch von Drachen verwüstet wird. Sie geraten zwischen die Fronten, erleben die Sinnlosigkeit und Brutalität der Kämpfe in einem Camp der Aufständischen, und erreichen in einer spannenden fast märchenhaft anmutenden Schlusssequenz ein Ende der Gewalttätigkeiten.
Vier Beispiele historischer Abenteuer-Literatur, gut geschriebene Unterhaltung nicht nur für Jugendliche. ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
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