Die Normandie im 11. Jahrhundert: bei einem Überfall auf sein Dorf wird der fünfjährige Gilbert von dem berüchtigten Robert de Hauteville, genannt das Schlitzohr, entführt und lebt fortan bei dessen Familie. Jahre später muß Robert seine Heimat verlassen und beschließt, seinen Brüdern nach Melfi zu
folgen, wo diese schon Fuß gefaßt haben. Gilbert schließt sich ihm an und begleitet Robert mit…mehrDie Normandie im 11. Jahrhundert: bei einem Überfall auf sein Dorf wird der fünfjährige Gilbert von dem berüchtigten Robert de Hauteville, genannt das Schlitzohr, entführt und lebt fortan bei dessen Familie. Jahre später muß Robert seine Heimat verlassen und beschließt, seinen Brüdern nach Melfi zu folgen, wo diese schon Fuß gefaßt haben. Gilbert schließt sich ihm an und begleitet Robert mit einem Haufen abenteuerlustiger Kerle ins Mezzogiorno. Roberts Bruder Drogo, inzwischen Graf von Apulien und Kalabrien ist aber alles andere als begeistert, als Robert mit seinen Mannen eintrifft und als Robert auf Beutezug auszieht, ist der Ärger vorprogrammiert, denn die Normannen werden inzwischen von den Lombarden als Plage angesehen und es formiert sich Widerstand, der in der Schlacht von Civitate gipfelt.
Ulf Schiewe ist es mit seinem ersten Band der Normannen Reihe wieder gelungen, mir ein Stück Geschichte näher zu bringen, von dem ich so gut wie gar nichts wußte!
Erzählt wird aus der Sicht von Gilbert in Ich-Form, eine Erzählweise, die mir eigentlich nicht so liegt, doch hier ist man sofort mitten drin im Geschehen und dieser Erzählstil läßt Gilbert und seine Gefährten sehr authentisch und lebensnah erscheinen. Neben den politischen Verwicklungen, Intrigen, Raubzügen und Plünderungen erlebt der Leser daher auch sehr intensiv Gilberts Entwicklung vom abenteuerlustigen Knaben, der Robert Hauteville bedingungslos verehrt und folgt, zu einem jungen Mann der eine durchaus differenzierte Einstellung zu seinem Idol hat und dessen Entscheidungen auch hinterfragt. Mit Gerlaine, einer jungen Frau aus dem Dorf, die Gilbert auf der Reise begleitet, kommt auch ein kleine Liebesgeschichte ins Spiel, die allerdings für Gilbert nicht ganz so verläuft wie gewünscht. Ihre Beziehung ist reichlich kompliziert und hält für beide Seiten Enttäuschungen parat, so dass man hier gespannt sein darf, wie es weiter geht.
Natürlich gibt es im Buch reichlich Raubzüge, Plünderungen und Schlachtengetümmel, zimperlich war man damals nicht, die Normannen schon gar nicht, demzufolge fließt reichlich Blut und es geht öfter auch recht brutal zu. Doch hat der Autor es hier verstanden, diese Episoden einerseits sehr Realitätsnah und authentisch zu beschreiben, anderseits werden aber übermäßig ausufernde Gewalt Exzesse vermieden, das hat mir gut gefallen. Die Geschehnisse gipfeln dann in der Schlacht um Civitate, durch deren Ausgang es den Normannen gelingt, sich dauerhaft in Italien festzusetzen.
Gekonnt verknüpft Ulf Schiewe reale Geschehnisse und Figuren mit fiktiven Begebenheiten und Charakteren und bietet so interessante Einblicke in die damalige Zeit. Wie auch seine anderen Bücher, so ist auch dieses hervorragend recherchiert! Ich hatte das Glück, das Buch in einer vom Autor begleiteten Leserunde zu lesen und habe so nebenbei noch einige Hintergrundinfos zu vielen realen Geschehnisse erhalten, die im Buch geschildert werden.
Die 400 Seiten lesen sich flott und bieten eine von Anfang bis Ende spannende Geschichte, die neugierig auf den nächsten Teil macht!
FaziT: ein spannender, opulenter und sehr glaubhafter historischer Roman über ein Stück Geschichte, von dem ich so gut wie gar nichts wußte und das bei mir auf jeden Fall das Interesse für diese Zeit geweckt hat.