"Das Wort "sittlich" hat verschiedene Bedeutungen, die gesondert werden müssen, wenn nicht Konfusion entstehen soll.
Im weitesten Sinne genommen, bildet es den Gegensatz zu physisch. Denn man spricht von der "sittlichen Weltordnung" und versteht darunter eine höhere, als die bloß physische, läßt das geschichtliche Leben der Menschheit unter "sittlichen Gesetzen" stehen und nennt den Staat, die Ehe usw. "sittliche Institutionen".
Diese allgemeinste Bedeutung des Wortes "sittlich" ist eine sehr unbestimmte. Man hat Bestimmtheit in dieselbe dadurch hineinzubringen gesucht, daß man die sittliche Welt die Welt der Freiheit, die natürliche hingegen die der Notwendigkeit genannt hat. Aber wenn die sittliche Welt die der Freiheit ist, wie kommt man dann wieder dazu, in der Geschichte, die man doch zur sittlichen Welt rechnet, Notwendigkeit und Gesetzmäßigkeit walten zu lassen, und solche Institutionen, wie die Ehe, den Staat, für naturwüchsige zu erklären? Ist das nicht ein Widerspruch?
In diesem weitesten, unbestimmten, vieldeutigen Sinne soll hier nicht vom "sittlichen Leben" gesprochen werden. Bestimmter, als jene weiteste Bedeutung des Prädikates "sittlich" ist die engere, in der es dem zur Pflicht und Tugend in Beziehung stehenden Wollen und Handeln beigelegt wird. Hier weiß man doch, woran man ist. Hier rechnet man nicht mehr ohne Unterschied alle geschichtlichen Erscheinungen, sie seien intellektueller oder moralischer Art, sie seien naturwüchsig oder gemacht, zur sittlichen Sphäre, sondern nur jene Willensrichtungen und Willensmanifestationen, die an der Pflicht und Tugend gemessen werden." [...]
Julius Frauenstädt, Zeitgenosse und Freund von Arthur Schopenhauer, beschreibt in seinen vorliegenden ethischen Studien das sittliche Leben im 19. Jahrhundert.
Der Verlag der Wissenschaften verlegt historische Literatur bekannter und unbekannter wissenschaftlicher Autoren. Dem interessierten Leser werden so teilweise längst nicht mehr verlegte Werke wieder zugängig gemacht.
Das vorliegende Buch ist ein unveränderter Nachdruck der historischen Originalausgabe aus dem Jahr 1866.
Im weitesten Sinne genommen, bildet es den Gegensatz zu physisch. Denn man spricht von der "sittlichen Weltordnung" und versteht darunter eine höhere, als die bloß physische, läßt das geschichtliche Leben der Menschheit unter "sittlichen Gesetzen" stehen und nennt den Staat, die Ehe usw. "sittliche Institutionen".
Diese allgemeinste Bedeutung des Wortes "sittlich" ist eine sehr unbestimmte. Man hat Bestimmtheit in dieselbe dadurch hineinzubringen gesucht, daß man die sittliche Welt die Welt der Freiheit, die natürliche hingegen die der Notwendigkeit genannt hat. Aber wenn die sittliche Welt die der Freiheit ist, wie kommt man dann wieder dazu, in der Geschichte, die man doch zur sittlichen Welt rechnet, Notwendigkeit und Gesetzmäßigkeit walten zu lassen, und solche Institutionen, wie die Ehe, den Staat, für naturwüchsige zu erklären? Ist das nicht ein Widerspruch?
In diesem weitesten, unbestimmten, vieldeutigen Sinne soll hier nicht vom "sittlichen Leben" gesprochen werden. Bestimmter, als jene weiteste Bedeutung des Prädikates "sittlich" ist die engere, in der es dem zur Pflicht und Tugend in Beziehung stehenden Wollen und Handeln beigelegt wird. Hier weiß man doch, woran man ist. Hier rechnet man nicht mehr ohne Unterschied alle geschichtlichen Erscheinungen, sie seien intellektueller oder moralischer Art, sie seien naturwüchsig oder gemacht, zur sittlichen Sphäre, sondern nur jene Willensrichtungen und Willensmanifestationen, die an der Pflicht und Tugend gemessen werden." [...]
Julius Frauenstädt, Zeitgenosse und Freund von Arthur Schopenhauer, beschreibt in seinen vorliegenden ethischen Studien das sittliche Leben im 19. Jahrhundert.
Der Verlag der Wissenschaften verlegt historische Literatur bekannter und unbekannter wissenschaftlicher Autoren. Dem interessierten Leser werden so teilweise längst nicht mehr verlegte Werke wieder zugängig gemacht.
Das vorliegende Buch ist ein unveränderter Nachdruck der historischen Originalausgabe aus dem Jahr 1866.