Produktdetails
- Verlag: Aufbau-Verlag
- Seitenzahl: 188
- Abmessung: 220mm
- Gewicht: 314g
- ISBN-13: 9783351029005
- ISBN-10: 3351029004
- Artikelnr.: 24178108
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.02.2002Das Tier im Herrenzimmer
Detlev Meyers Berliner Kindheit
Diesem Schriftsteller ist das Herz voll, und der Mund geht ihm daher über. Naturgemäß ist dabei ein Stück mitteilsame Literatur herausgekommen, das vor allem durch die geheimnisvolle Verwandlung des tristen Alltags in die süße Wirklichkeit des Romans auffällt. Mag dieser Umstand damit zusammenhängen, daß die Kindheitsgeschichte "Das Sonnenkind" - zwei Jahre nach dem Tod des Autors erschienen - das letzte Buch des Berliner Schriftstellers Detlev Meyer war?
Im Zentrum steht eine Berliner Familiensaga, in der Großvater Max Wollin und der neunjährige Carsten Scholze die Hauptrollen spielen. Nobel geht es hier zu. Angedeutete Verbeugungen und gehauchte Handküsse sind an der Tagesordnung, Geliebte gehören zur Normalausstattung des Gatten. Die Dame des Hauses hält sich zum Ausgleich Freundinnen in schwarzen Kleidern mit Spitzenkrägelchen. Beim Tee verhandeln sie gern den Mann und wie er "zum Tier werden kann", "in jedem Alter, in jedem Zustand". Jedoch, der menschenfreundliche Großvater besitzt das notwendige Zartgefühl und denkt nicht daran, die Verhältnisse auf den Kopf zu stellen. Wenn er sich wieder einmal mit der kleinen Sekretärin, dieser ramponierten Blondine, getroffen hat, nächtigt er anschließend taktvoll im Herrenzimmer.
So fein, so dezent sind die Sitten in diesem Haus am Berliner Truseweg. Man nimmt die Dinge, wie sie nun einmal liegen. Großmutter Else bleibt auch gar nichts anderes, als "um des lieben Friedens willen" die "wasserstoffblonde Ex-Tippse" als "Zweitgattin" zu dulden. Nur einmal verweist sie den Großvater mit gezielt eingesetzten hypochondrische Attacken in seine Schranken: Als nämlich auch noch das dralle, blutjunge Dienstmädchen Ilse ins Haus kommt und Max Wollin sich offensichtlich mehrmals täglich daran erinnern muß, daß man mit dem Personal nichts anfängt.
Der kleine Carsten nimmt bei alldem keinen Schaden. Er ist das Hätschelkind des Großvaters, begleitet ihn ins Café Kranzler und wird nach und nach zu seinem kleinen Verbündeten. So gleitet dieses Familienschiff erhaben durch das Weltenmeer, surft in stille Buchten und wird ab und zu in den wilden Gewässern verwandtschaftlicher Eskapaden gehörig geschüttelt. Ob dabei für den Leser mehr als triviale Unterhaltung, in prächtig verzierte Sprache verpackt, herausspringt, ist allerdings eine andere Frage.
PIA REINACHER
Detlev Meyer: "Das Sonnenkind". Roman. Aufbau Verlag, Berlin 2001. 190 S., geb., 16,50.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Detlev Meyers Berliner Kindheit
Diesem Schriftsteller ist das Herz voll, und der Mund geht ihm daher über. Naturgemäß ist dabei ein Stück mitteilsame Literatur herausgekommen, das vor allem durch die geheimnisvolle Verwandlung des tristen Alltags in die süße Wirklichkeit des Romans auffällt. Mag dieser Umstand damit zusammenhängen, daß die Kindheitsgeschichte "Das Sonnenkind" - zwei Jahre nach dem Tod des Autors erschienen - das letzte Buch des Berliner Schriftstellers Detlev Meyer war?
Im Zentrum steht eine Berliner Familiensaga, in der Großvater Max Wollin und der neunjährige Carsten Scholze die Hauptrollen spielen. Nobel geht es hier zu. Angedeutete Verbeugungen und gehauchte Handküsse sind an der Tagesordnung, Geliebte gehören zur Normalausstattung des Gatten. Die Dame des Hauses hält sich zum Ausgleich Freundinnen in schwarzen Kleidern mit Spitzenkrägelchen. Beim Tee verhandeln sie gern den Mann und wie er "zum Tier werden kann", "in jedem Alter, in jedem Zustand". Jedoch, der menschenfreundliche Großvater besitzt das notwendige Zartgefühl und denkt nicht daran, die Verhältnisse auf den Kopf zu stellen. Wenn er sich wieder einmal mit der kleinen Sekretärin, dieser ramponierten Blondine, getroffen hat, nächtigt er anschließend taktvoll im Herrenzimmer.
So fein, so dezent sind die Sitten in diesem Haus am Berliner Truseweg. Man nimmt die Dinge, wie sie nun einmal liegen. Großmutter Else bleibt auch gar nichts anderes, als "um des lieben Friedens willen" die "wasserstoffblonde Ex-Tippse" als "Zweitgattin" zu dulden. Nur einmal verweist sie den Großvater mit gezielt eingesetzten hypochondrische Attacken in seine Schranken: Als nämlich auch noch das dralle, blutjunge Dienstmädchen Ilse ins Haus kommt und Max Wollin sich offensichtlich mehrmals täglich daran erinnern muß, daß man mit dem Personal nichts anfängt.
Der kleine Carsten nimmt bei alldem keinen Schaden. Er ist das Hätschelkind des Großvaters, begleitet ihn ins Café Kranzler und wird nach und nach zu seinem kleinen Verbündeten. So gleitet dieses Familienschiff erhaben durch das Weltenmeer, surft in stille Buchten und wird ab und zu in den wilden Gewässern verwandtschaftlicher Eskapaden gehörig geschüttelt. Ob dabei für den Leser mehr als triviale Unterhaltung, in prächtig verzierte Sprache verpackt, herausspringt, ist allerdings eine andere Frage.
PIA REINACHER
Detlev Meyer: "Das Sonnenkind". Roman. Aufbau Verlag, Berlin 2001. 190 S., geb., 16,50
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Ein vom Literaturbetrieb zu Unrecht kaum beachteter Autor, schreibt Heribert Hoven über Detlev Meyer. Hoven allerdings unternimmt selbst nicht eben viel dagegen. Über Meyer erfahren wir, außer seinem Todesjahr, eigentlich nichts. Und dass des Autors letzter Roman "Das Sonnenkind" Impressionen und Episoden der 50er Jahre ganz ohne Bitternis, aber dennoch mit Sinn für die Verdrängungsmechanismen dieser Zeit festhält, wie es heißt, wobei Tucholsky und Kästner Pate gestanden haben sollen (inwiefern denn?), macht nicht mal richtig neugierig.
© Perlentaucher Medien GmbH
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