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So begann sie über die Liebe nachzudenken, aber ein richtiges Nachdenken wurde wieder nicht daraus, vielmehr wiederholte sie das Wort "Liebe" sechs-, sieben- oder achtmal in ihrem Kopf, und sie hörte erst damit auf, als sie meinte, das Wort laut ausgesprochen zu haben. Sie würde morgen, nüchtern und ausgeschlafen, mit dem Nachdenken ernst machen, schließlich war sie das zwar nicht diesen Männern, aber sich selbst schuldig, und sie beugte sich vor, um nach ihrem Glas zu greifen.War nicht eben noch alles aufs Beste eingerichtet im Leben von Ute Cantz? Aber so schnell kann es gehen mit den…mehr

Produktbeschreibung
So begann sie über die Liebe nachzudenken, aber ein richtiges Nachdenken wurde wieder nicht daraus, vielmehr wiederholte sie das Wort "Liebe" sechs-, sieben- oder achtmal in ihrem Kopf, und sie hörte erst damit auf, als sie meinte, das Wort laut ausgesprochen zu haben. Sie würde morgen, nüchtern und ausgeschlafen, mit dem Nachdenken ernst machen, schließlich war sie das zwar nicht diesen Männern, aber sich selbst schuldig, und sie beugte sich vor, um nach ihrem Glas zu greifen.War nicht eben noch alles aufs Beste eingerichtet im Leben von Ute Cantz? Aber so schnell kann es gehen mit den Verwirrungen der Gefühle, wenn sich plötzlich die Liebe einmischt. Leicht und mit Schwung erzählt Jochen Jung die Geschichte einer folgenreichen Begegnung.
Autorenporträt
Jochen Jung, geboren 1942 in Frankfurt am Main, lebt in Salzburg. Studium der Germanistik und Kunstgeschichte, seit 2000 Verleger des Jung und Jung Verlags. Ständiger Mitarbeiter der ZEIT, des Berliner Tagesspiegels, der Wiener Presse und der Salzburger Nachrichten. Bei Haymon: Ein dunkelblauer Schuhkarton. Hundert Märchen und mehr (2000), Täglich Fieber. Erzählungen (2003), Venezuela. Roman (2005) und Das süße Messer. Eine Novelle (2009). Im Herbst 2012 erscheint sein neues Buch Wolkenherz. Eine Geschichte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.12.2009

Liebe, vielleicht
Mit leichter Hand: Eine Novelle von Jochen Jung

Morgen ist Utes fünfzigster Geburtstag. Am Abend gibt es eine kleine Feier im engsten Kreis, mit Freund und Tochter. Davor aber fährt sie diese zur Mammographie; eine reine Vorsichtsmaßnahme. Ruth ist eigentlich noch zu jung für Brustkrebs, aber man kann ja nie wissen. Ute, Kunsthistorikerin, hat sich eigens dafür heute freigenommen. Nichts Aufregendes halt, und wenn sie sich Ruths Frage gefallen lassen muss, was sie denn schon von der Liebe wisse, dann antwortet sie im Stillen "alles!", spricht diesen Gedanken aber nicht aus. Ist der Mann, ein Versicherungsjurist, der ihr aus Versehen die Hand in der Autotür einklemmt, sie wie selbstverständlich in die Notaufnahme begleitet, mit dem sie am späten Nachmittag ins Bett geht und den sie ebenso spontan zur kleinen Soiree einlädt, mehr als nur ein flüchtiges Abenteuer? Das wird sie morgen entscheiden, vielleicht.

Für die ganz großen Gefühle gibt es in den kurzen sechzehn Stunden der Erzählung nicht genug Platz. Ein paar Jahre Erinnerungen der Beteiligten passen freilich schon noch hinein. Der Tod der Ehefrau vor fast genau einem Jahr spielt für den Juristen Zotter eine große Rolle. Die Gedanken an Ruths Vater, vor langer Zeit auf fernem Kontinent gestorben, ziehen an Ute hingegen ohne Höhen oder Tiefen vorüber. Der Malermeister Zumbach, der zum Zeitvertreib Porträts malt, widmet ein Bildnis Utes in Gedanken seiner ersten Liebe Beate und setzt schwungvoll den Schriftzug "Beata" darunter - so viel Latein beherrscht er noch locker.

Ein mögliches beginnendes Dreiecksverhältnis deutet sich nur in wirren Minuten vor dem Einschlafen an, schließlich sind wir hier in keinem französischen Spielfilm. Den eigenen leidenschaftlichen Aufwallungen folgt andererseits sprachliche Unsicherheit, wenn man danach wieder aus dem Bad ins Schlafzimmer kommt. Ist ein vertrautes "Du" schon angebracht? Eher bodenständig hingegen wirkt Ruth, die sich beinahe in eine Hysterie hineinsteigert, weil der Befund nicht eindeutig ist, und ein zweiter Termin zur Klärung folgen soll. Zur Geburtstagsfeier erscheint sie leicht beschwipst.

Mit leichter Hand zeichnet der in Salzburg lebende, aus Frankfurt stammende Germanist Jochen Jung, Leiter des Jung und Jung Verlags, eine nicht ganz alltägliche Begegnung. Eine Anekdote um Bernini und dessen blutige, ja monströs verstümmelnde Rache an seiner - wie jener es interpretierte - untreuen Geliebten wird eben mal en passant erzählt.

Die kurze Geschichte lässt sich ruhig an, man kommt nicht dazu, mit den Charakteren mitzufiebern. Verständnis bringt man aber gerne auf, wünscht Ute eine befriedigende Entscheidung und Ruth eine bessere Diagnose in zwei Wochen. Zumbach zumindest wirkt gefestigt genug, um ihn macht man sich keine Sorgen. Weltbewegendes hat sich auch an diesem Tag nicht ereignet - die Novelle ist vermutlich die richtige, wenn auch ungewöhnliche Form dafür.

MARTIN LHOTZKY

Jochen Jung: "Das süße Messer". Eine Novelle. Haymon Verlag, Innsbruck/Wien 2009. 130 S., geb., 15,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Samuel Moser formuliert noch mal die hohen Ansprüche an eine Novelle: Sie muss die unerhörte Begebenheit von Beginn an erahnbar, aber keinesfalls vorhersehbar gestalten und darin auch mehrmaliger Lektüre standhalten. Inwieweit dies Jochen Jungs als "leichtfüßig" gepriesene Novelle um eine Kunsthistorikerin, der eine zufällige Begegnung neben dem schon bestehenden Verhältnis mit einem Malermeister zu einem weiteren Liebesabenteuer verhilft, zu leisten vermag, will der Rezensent nicht entscheiden. Aber obwohl Moser die gelegentlich zu deutlichen Verweise und nicht gerade subtilen Verknüpfungen, so manchen Manierismus und mitunter allzu schematische Figurenzeichnung kritisiert, ist die Novelle in seinen Augen dennoch gelungen. Mit leichter Hand erzählt Jung darin von "Zufall, Schicksal und Charakter", lobt Moser angetan.

© Perlentaucher Medien GmbH
"ein spannend zu lesender Reigen" Wienerzeitung, Uwe Schütte