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Auschwitz, Majdanek und die anderen Konzentrationslager sind das Symbol des unmenschlichen NS-Regimes.
Hier verknüpfte sich die terroristische Unterdrückung innenpolitischer Gegner mit der Vernichtungspolitik gegenüber den europäischen Juden und anderen ethnischen und sozialen Gruppen. Zahlreiche Publikationen, von Überlebenden und Historikern, haben das Grauen dokumentiert. Aber der Kenntnisstand über die Entwicklungsgeschichte und die Struktur der KZ blieb gering. Das änderte sich erst ab den sechziger Jahren, als nach den großen Strafprozessen in Israel und Deutschland die ersten…mehr

Produktbeschreibung
Auschwitz, Majdanek und die anderen Konzentrationslager sind das Symbol des unmenschlichen NS-Regimes.

Hier verknüpfte sich die terroristische Unterdrückung innenpolitischer Gegner mit der Vernichtungspolitik gegenüber den europäischen Juden und anderen ethnischen und sozialen Gruppen. Zahlreiche Publikationen, von Überlebenden und Historikern, haben das Grauen dokumentiert. Aber der Kenntnisstand über die Entwicklungsgeschichte und die Struktur der KZ blieb gering. Das änderte sich erst ab den sechziger Jahren, als nach den großen Strafprozessen in Israel und Deutschland die ersten Gesamtdarstellungen des Lagersystems erschienen. Diese Untersuchungen halten der historischen Forschung von heute allerdings nicht mehr in vollem Umfang stand.

Haben die nationalsozialistischen Konzentrationslager ein System gebildet? Und wenn ja: Was waren seine Charakteristika, verfügte es über identische Strukturen? Karin Orth zeigt, dass die Entwicklung der KZ keineswegs linear verlaufen ist. Detailliert und übersichtlich schildert sie die unterschiedlichen Perioden, die zu differierenden Ausrichtungen in der Unterdrückungspolitik führten.
Autorenporträt
Karin Orth, Dr. phil. habil, Privatdozentin für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.01.2001

Säulen des nationalsozialistischen Terrorapparats
Lagerwelten: Das Führungspersonal der Konzentrationslager und das Instrument der Arbeitserziehungslager

Karin Orth: Das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Eine politische Organisationsgeschichte. Hamburger Edition, Hamburg 1999. 396 Seiten, 58,- Mark.

Karin Orth: Die Konzentrationslager-SS. Sozialstrukturelle Analysen und biographische Studien. Wallstein Verlag, Göttingen 2000. 336 Seiten, 68,- Mark.

Gabriele Lotfi: KZ der Gestapo. Arbeitserziehungslager im Dritten Reich. Mit einem Vorwort von Hans Mommsen. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart und München 2000. 452 Seiten, 56,- Mark.

Ortsnamen wie Dachau, Mauthausen oder Auschwitz sind zu Metaphern für eines der größten Verbrechen im 20. Jahrhundert geworden, die dort eingerichteten Konzentrationslager gelten "als Symbol der Unmenschlichkeit des NS-Regimes" - so Karin Orth in der Einleitung zu ihrer politischen Organisationsgeschichte.

Ihre beiden Bücher sind ein erster Versuch, die verstreuten Einzelergebnisse der jüngeren deutschen Forschung über das KZ-System zusammenzufassen. Mit der Gruppenbiographie über das Führungspersonal der Konzentrationslager konzentriert sie sich auf die Schüsselfiguren unter den Tätern. Es gab nur wenige in der SS-Hierarchie, die über mehr Macht in den Lagern verfügten, aber keiner war so nahe dran am Geschehen wie die Lagerkommandanten und die - ihnen unterstellten - Abteilungsleiter. Mit Hilfe von Personalakten, Vernehmungen, Selbstzeugnissen sowie Ermittlungs- und Strafverfahren hat die Autorin den Lebensweg von 207 SS-Führern, darunter 46 Lagerkommandanten, in groben Zügen rekonstruiert und miteinander verglichen. Themen sind dabei deren Herkunft und Ausbildung, ihr Handeln und ihr Schicksal nach 1945. Exemplarische Fallstudien kompensieren die oft sehr rudimentäre Quellenlage. Am Beispiel von Rudolf Höß, dem Kommandanten von Auschwitz, verfolgt Orth etwa einen der "Wege zur Lager-SS": Kriegsdienst, Freikorps, NSDAP, Fememord, Artamanen-Bewegung, SS als die wichtigsten Stationen. Auch viele andere SS-Funktionäre, die meist "aus der Mitte der Weimarer Gesellschaft" stammten, hatten schon früh zur rechtsradikalen Szene gefunden.

Als entscheidend für die Formierung der Lager-SS sollte sich aber erst die "Dachauer Schule" erweisen, die sich der dortige Kommandant Theodor Eicke ausgedacht hatte. Mit Hilfe eines pervertierten militärischen Drills brach er den Willen "seiner" Männer, hetzte sie systematisch gegen die Häftlinge auf und gewöhnte den Nachwuchs daran, "mit eigenen Händen zu foltern und zu töten". So entstand eine skrupellose, organisatorisch aber geschulte Funktionselite, die zu jeder Aufgabe herangezogen werden konnte. Die Gefährlichkeit dieser verhältnismäßig kleinen Gruppe steigerte sich noch, als Eickes Personalpolitik abgelöst wurde durch die des Obergruppenführers Oswald Pohl, der eher den "rational" arbeitenden Organisator förderte, so daß sich die Konzentrationslager-SS nun "zu einer im Wortsinn verschworenen Gruppe von Experten des Massenmords" entwickelte. Wie sehr deren Prägung nachwirkte, zeigte sich noch, als ihre Welt längst untergegangen war. Mit einer höchst bemerkenswerten Uneinsichtigkeit verweigerten sich die meisten jeder Schuldeinsicht und beharrten darauf, "korrekt" und "anständig" gehandelt zu haben.

Mit ihrem Werk hat Orth die erste wissenschaftliche Biographie einer Gruppe vorgelegt, die das Bild vom "Dritten Reich" wohl mit am nachhaltigsten geprägt hat. Ärgerlich ist freilich, daß die Autorin den militärgeschichtlichen Aspekten ihres Themas nicht gewachsen ist. Ihre Schwächen werden bereits im Terminologischen sichtbar ("Wehrmacht und Luftwaffe", "Hauptmänner" etc.), von einigen inhaltlichen Schnitzern einmal ganz abgesehen.

Die thematisch größer angelegte Studie Orths über "Das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager" ist aus der Arbeit an ihrer Gruppenbiographie erwachsen. Hier wird deutlich - und dies erscheint als eines der wichtigsten Ergebnisse dieser profunden Studie -, daß selbst die Geschichte des KZ-Staats zunächst offen gewesen ist. Zwar ließ das neu etablierte NS-Regime im ersten Jahr seiner Herrschaft keinen Zweifel an seinen terroristischen Energien: In zahllosen rasch eingerichteten Haftstätten und Folterkellern wurden über 45 000 Menschen, meist politische Gegner, inhaftiert und gefoltert, mehrere hundert ermordet. Doch begannen sich diese frühen Lager, die Orth noch nicht zu den nationalsozialistischen Konzentrationslagern rechnen will, schnell zu leeren, vollends nach der Entmachtung der SA im Sommer 1934.

Ein halbes Jahr später existierten nur noch fünf Lager mit nicht mehr als 3000 Häftlingen! Man sollte die Bedeutung dieser Entwicklung für die Wahrnehmung und das Selbstverständnis der deutschen Gesellschaft nicht unterschätzen. Die vage Vorstellung vieler Deutscher, daß nun das Schlimmste überstanden war, hatte zumindest Mitte der dreißiger Jahre einen realen Kern.

Auch in diesem Fall war es Hitler persönlich, der Himmler die Chance gab, diese Form der Herrschaft weiter auszubauen. Nachdem die politischen Gegner ausgeschaltet waren, sollten nun andere Gruppen eliminiert werden, im Jargon der Nazis: die Asozialen und Berufsverbrecher, zunehmend aber auch die Juden, von denen 30 000 infolge des Novemberpogroms 1938 kurzfristig verhaftet wurden. Diese Ausweitung des Terrors, die mit einer zügigen Vergrößerung der SS-Totenkopfstandarten einherging, war immer auch Teil der deutschen Kriegsvorbereitungen.

Mit der Entfesselung des Krieges begann das KZ-System dann rasch zu expandieren, im Innern wie im Äußern. Die deutsche Okkupationspolitik sorgte dafür, daß immer mehr Ausländer in die Lager strömten. So sank der Anteil der deutschen Häftlinge im KZ Buchenwald von 75 (1941) auf 34 (1942), 13 (1943) und schließlich acht Prozent (1944). Gleichzeitig wuchs der Umfang des KZ-Imperiums. 1941 hatte sich die Zahl der sechs Vorkriegslager bereits verdoppelt, die nun den deutschen Machtbereich mit einem Netz von Außenkommandos überzogen.

Aber auch die Strukturen innerhalb der Lager veränderten sich grundlegend: seit Frühjahr 1942 waren es Völkermord und Zwangsarbeit, die das KZ-System prägten. Beide Konzeptionen, die zumindest bis 1944 nebeneinander herliefen, waren für die Häftlinge grauenhaft. Auch der Arbeitseinsatz, dessen ökonomischer Nutzen sich als gering erwies, lief - wie Orth betont - in den meisten aller Fälle auf eine Vernichtung der Häftlinge hinaus. Insgesamt waren es um die 2 Millionen Menschen, möglicherweise auch mehr, die einem System zum Opfer fielen, das gleichermaßen von erbarmungsloser Brutalität, zynischer Verschlagenheit und technischer Perfektion geprägt war. Orths nüchtern gehaltene Überblicksdarstellung faßt zwangsläufig viel Bekanntes zusammen. Doch gibt es bislang kaum eine moderne Untersuchung, in der die Entwicklung des KZ-Staats, seine Formierung, seine Metamorphosen und sein Ende in so konzentrierter Form präsentiert werden wie hier.

Daß das "Dritte Reich" daneben noch ganz andere Lagerwelten unterhielt, die dem KZ-System an Menschenverachtung und Grausamkeit kaum nachstanden, hat Gabriele Lotfi minutiös herausgearbeitet. Dabei unterschieden sich die sogenannten Arbeitserziehungslager (AEL) zunächst in puncto Genese, Träger, Organisation und Anspruch von den Konzentrationslagern. Mit Hilfe der verhältnismäßig kleinen, dezentralen AELs versuchte das Regime seit Kriegsbeginn, dem Verfall der Arbeitsdisziplin entgegenzusteuern - eine Folge des seit Ende der dreißiger Jahre massiv zunehmenden Produktionsdrucks sowie der fehlenden gewerkschaftlichen Interessenvertretung. Während des Krieges verschlimmerte sich das Problem noch durch die Millionen zwangsrekrutierter Fremdarbeiter, die wenig Anlaß hatten, sich mit den deutschen Interessen zu identifizieren.

Der AEL-Lagertypus ist nicht allein ein Beleg dafür, wie sehr Theorie und Praxis der NS-Sozialpolitik auseinanderklaffen konnten. Bemerkenswert ist auch, daß dieser Lagerkosmos den örtlichen Gestapo-Behörden unterstand. Sie waren es, die in Kooperation mit den ansässigen Betrieben und Arbeitsämtern über eine Einweisung in ein Arbeitserziehungslager entschieden, die häufig wiederum von Schutzpolizisten bewacht wurden. Hatte das erste Lager dieser Art (das SS-Sonderlager Hinzert, entstanden während der Arbeiten am Westwall) noch zur SS gehört, so mußte Himmler diese Mittelinstanz des NS-Terrorapparats, angesiedelt zwischen Justiz und KZ, notgedrungen akzeptieren, zumindest für die Dauer des Krieges.

Es charakterisiert das NS-System, wenn auch diese Einrichtungen schon bald zum bloßen Instrument des polizeilichen Terrors verkamen, das sich zwar in der Haftzeit (von meist wenigen Wochen) und in seinem Erziehungsanspruch, nicht aber in seinen Methoden von den KZs unterschied und die Häftlinge "für ihr ganzes Leben traumatisierte". Auch sonst gab es Parallelen zum KZ-System, etwa in der zunehmenden Bedeutung der ausländischen Häftlinge (jeder zwanzigste durchlief ein solches Lager) oder der raschen Expansion dieses Lagertypus, von denen es schließlich über 200 gab. Insgesamt waren hier vermutlich mehrere hunderttausend Menschen inhaftiert, Tausende kamen um, insbesondere in der Endphase des Krieges, als sich der Terror der Polizei mehr und mehr radikalisierte.

Lotfi hat eine detaillierte und quellengesättigte Rekonstruktion dieser dritten Säule des nationalsozialistischen Terrorapparats vorgelegt, die gleichzeitig viele grundsätzliche Fragen aufwirft: die nach dem Verhältnis von Industrie und Nationalsozialismus oder die nach der Rolle der Polizei, die Frage nach der Genese des Terrors und die nach seiner Monopolisierung oder die Frage nach der Wirklichkeit des nationalsozialistischen Alltags und seiner Arbeitswelt.

CHRISTIAN HARTMANN

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Zwar äußert Jürgen Zarusky einige Einwände in der Besprechung dieses Bandes. Aber dennoch weiß er das Buch summa summarum als "wichtigen Forschungsbeitrag" zu würdigen, insbesondere deshalb, weil hier die Konzentrationslager nicht - wie sonst häufig - isoliert betrachtet würden, sondern ein Blick auf die Zusammenhänge im Hintergrund geworfen werde. Orth geht, wie der Leser erfährt, auf die verschiedenen Funktionen der Lager und deren Veränderungen bzw. die Systematisierung während der nationalsozialistischen Herrschaft bzw. des Krieges ein. In einzelnen Punkten widerspricht Zarusky der Autorin, etwa dort, wo sie behauptet, auch im KZ Dachau seien "marschunfähige Häftlinge" gegen Kriegsende ermordet worden. Insgesamt scheint er jedoch mit Orths Studie zufrieden zu sein. Lediglich die Beschränkung auf den "rein organisationsgeschichtlichen Ansatz" und ihre "sehr nüchterne und oft abrisshaft gehaltene Darstellung" findet er nicht ganz so gelungen.

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