Das türkische Erbrecht spielt in der anwaltlichen Praxis derzeit eine geradezu herausragende Rolle. Tausende türkischer bzw. türkisch-stämmiger, in Deutschland lebender Bürger versterben und hinterlassen häufig erstaunlich umfangreiches Vermögen sowohl in Deutschland als auch in der Türkei. Aus verschiedenen Gründen, welche in diesem Buch näher beschrieben werden, tritt die Anwendung türkischen Rechts häufig neben die Anwendung deutschen Rechts, mit oft kaum vermeidbaren steuerlichen und prozessualen Implikationen und Komplikationen, denen auch erfahrene Erbrechtsspezialisten allein mit juristischer Fantasie nicht beikommen.Vor den Schwierigkeiten, in welche die Erbengemeinschaften rechtlich und prozessual geraten, schützt auch nicht der Umstand, dass das türkische Erbrecht in vielen Punkten Ähnlichkeiten mit dem deutschen Recht aufweist. Denn gerade die Unterschiede bergen zahlreiche Gefahren. Das beginnt bei den unterschiedlichen Ausschlagungsfristen und geht bis zur Schwierigkeit, die erbrechtliche Doppelbesteuerung zu vermeiden. Hinzu kommt ein völlig veraltetes Nachlassabkommen zwischen Deutschland und der Türkei, das ökonomische und praktikable Lösungen eher erschwert als erleichtert.Die Höhe der Erbanteile ist unterschiedlich geregelt, die Klagebefugnis wird in Deutschland anders beurteilt als in der Türkei. Selbst die Wahl des zuständigen Gerichts bereitet häufig Schwierigkeiten. Im Ergebnis stellt das Erbrecht im deutsch-türkischen Verhältnis Richter und Anwälte vor - im Vergleich zu den meisten anderen Rechtsgebieten - ganz besondere Herausforderungen. Auch wenn wir hier nicht überall tatsächlich auch klare Lösungen anbieten können, hoffen wir doch, der deutschen Praxis mit diesem Buch etwas Unterstützung zuteil werden zu lassen.