Eigentlich sollte Valeria im tabaccaio nur Zigaretten für ihren Mann besorgen - kauft dann aber verbotenerweise ein schwarzes Notizheft und ahnt nicht, welche Konsequenzen dies haben würde. Es sind die Nachkriegsjahre in Rom, und Valeria führt das bescheidene und unscheinbare Leben einer Frau der Mittelschicht. Sie ist Mutter, Gattin und Büroangestellte. Mehr sieht niemand in ihr, seit Jahren hat sie ihren eigenen Namen nicht gehört, sogar ihr Mann nennt sie »mamma«. Doch als sie beginnt, in das Notizheft zu schreiben, verändert sich allmählich etwas in Valeria. Sie sondiert ihr Inneres, geht auf die Suche nach ihren eigenen Sehnsüchten und Ängsten. Irgendwann beginnt sie, sich kleiner Lügen zu bedienen, sich heimlich mit ihrem Chef zu treffen und die Forderungen ihrer Kinder zu übergehen. Bis sie glaubt, einen Schritt zu weit gegangen zu sein.
Elena Ferrante nennt es ein »Buch der Ermunterung«, für viele Generationen war Das verbotene Notizbuch ein Schlüsselroman menschlicher Beziehungen und weiblicher Identität - und nun kann das fesselnde, intime und zeitlose Meisterwerk endlich wieder gelesen werden.
Elena Ferrante nennt es ein »Buch der Ermunterung«, für viele Generationen war Das verbotene Notizbuch ein Schlüsselroman menschlicher Beziehungen und weiblicher Identität - und nun kann das fesselnde, intime und zeitlose Meisterwerk endlich wieder gelesen werden.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.12.2022Judith Schalansky
Schriftstellerin
Eines Sonntags, wir befinden uns im Rom der Nachkriegsjahre, erlaubt sich die 43-jährige Valeria eine Kühnheit. Obwohl sie eigentlich nur Zigaretten für ihren Ehemann holen wollte, überredet sie den Kioskverkäufer, ihr ein Notizheft zu verkaufen. Aus der Umgehung der gesetzlichen Vorschriften – Schreibwaren dürfen nur werktags verkauft werden – folgt ein viel verwegeneres Vergehen. Valeria, die von ihrem Mann nur noch „Mamma“ genannt wird, und der auch ihre fast erwachsenen Kindern keinerlei Leidenschaft mehr zutrauen, beginnt ein Verhältnis: mit dem Heft, in dem sie ihren bescheidenen Alltag im Geheimen zu protokollieren beginnt und damit jenen viel beschworenen Room of One’s Own betritt, der mit jedem Tagebucheintrag gewaltiger, ja unverzichtbar wird. Die im Schreiben gewonnenen Erkenntnisse sind so berauschend wie schmerzhaft, weil sie Valeria die Grenzen der eigenen, zwischen Moral, Abstiegsangst und Entsagung rigide abgezirkelten Existenz erst bewusst machen. Alba de Céspedes’ erstmals 1952 erschienener und nun wiederentdeckter Tagebuchroman „Das verbotene Notizbuch“ (Suhrkamp, Berlin 2021, 302 Seiten, 24 Euro) ist ein Kassiber aus einer zwar vergangenen, doch noch lange nicht überwundenen Zeit. Schonungslos, scharfsinnig, spannend.
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Schriftstellerin
Eines Sonntags, wir befinden uns im Rom der Nachkriegsjahre, erlaubt sich die 43-jährige Valeria eine Kühnheit. Obwohl sie eigentlich nur Zigaretten für ihren Ehemann holen wollte, überredet sie den Kioskverkäufer, ihr ein Notizheft zu verkaufen. Aus der Umgehung der gesetzlichen Vorschriften – Schreibwaren dürfen nur werktags verkauft werden – folgt ein viel verwegeneres Vergehen. Valeria, die von ihrem Mann nur noch „Mamma“ genannt wird, und der auch ihre fast erwachsenen Kindern keinerlei Leidenschaft mehr zutrauen, beginnt ein Verhältnis: mit dem Heft, in dem sie ihren bescheidenen Alltag im Geheimen zu protokollieren beginnt und damit jenen viel beschworenen Room of One’s Own betritt, der mit jedem Tagebucheintrag gewaltiger, ja unverzichtbar wird. Die im Schreiben gewonnenen Erkenntnisse sind so berauschend wie schmerzhaft, weil sie Valeria die Grenzen der eigenen, zwischen Moral, Abstiegsangst und Entsagung rigide abgezirkelten Existenz erst bewusst machen. Alba de Céspedes’ erstmals 1952 erschienener und nun wiederentdeckter Tagebuchroman „Das verbotene Notizbuch“ (Suhrkamp, Berlin 2021, 302 Seiten, 24 Euro) ist ein Kassiber aus einer zwar vergangenen, doch noch lange nicht überwundenen Zeit. Schonungslos, scharfsinnig, spannend.
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»... die mitleidlose Schärfe, mit der Alba de Céspedes ins Innerste dieser Familie blickt, macht alsbald dem Mythos vom verehrungswürdigen Wesen der italienischen Mamma den Garaus. ... 1953, als der Roman erschien, konnte solche Klarheit nur schockierend wirken. Fast siebzig Jahre später tut sie das immer noch.« Frauke Meyer-Gosau Süddeutsche Zeitung 20220202