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Berlin, Schmelztiegel an der Bruchstelle zwischen Ost und West. Eine hektische Stadt, die mit der Bürde der Geschichte ganz "kuhl" umgeht. Die ganze Welt, die einst auf diese Stadt sah, hat sich hier versammelt: Ossis, Wessis, Russen, Juden und Japaner begegnen sich auf einem heißen Pflaster, das so aufgerissen ist wie die Biographien der Menschen, die hier ineinanderstürzen - und nur hier, im Berlin der Nachwendezeit. Leute wie Frank Zaunig. Ambitionierter Schauspieler, den es aus der Dissidentenverbannung in Anklam nach 1989 in die Spreestadt verschlagen hat, der gern die…mehr

Produktbeschreibung
Berlin, Schmelztiegel an der Bruchstelle zwischen Ost und West. Eine hektische Stadt, die mit der Bürde der Geschichte ganz "kuhl" umgeht. Die ganze Welt, die einst auf diese Stadt sah, hat sich hier versammelt: Ossis, Wessis, Russen, Juden und Japaner begegnen sich auf einem heißen Pflaster, das so aufgerissen ist wie die Biographien der Menschen, die hier ineinanderstürzen - und nur hier, im Berlin der Nachwendezeit.
Leute wie Frank Zaunig. Ambitionierter Schauspieler, den es aus der Dissidentenverbannung in Anklam nach 1989 in die Spreestadt verschlagen hat, der gern die "Ich-bin-der-große-Wilde-aus-dem-Osten-und-mir-kann-keiner-Nummer" spielt und von Pornosynchronisationen lebt. Aber was verbindet Frank mit Claudia, der vielgereisten Westfrau mit den großen Ansprüchen? Zunächst das Prickeln einer "amour fou".
Die Personen dieses Romans wissen wenig voneinander und gehen doch immer neue chaotische Verbindungen ein. Sie lernen sich von Seiten kennen, die ihre schlimmsten Vorurteil e bestätigen. Dem Gestrüpp der Leidenschaften und existentiellen Notwendigkeiten entwachsen folgenreiche Scheinehen über die Grenzen der einstigen politischen Lager hinweg.
Autorenporträt
Marcia Zuckermann, geb. 1957, ist als Kind deutsch-jüdischer Eltern in Berlin aufgewachsen. Nach der Schule verbrachte sie ihre 'Lehr- und Wanderjahre' in London, Paris, Barcelona und New York. Sie arbeitete neben zahlreichen anderen Jobs als freie Journalistin für Print, Funk und Fernsehen. Seit 1993 lebt sie als Redakteurin in Spanien.
Rezensionen
"Die Autorin und Ex-Berlinerin erzählt Lovestorys aus der Metropole - kritisch und komisch zugleich." Freundin

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.11.1999

Warum riecht Frank nach Deo?
Sehr flott: Marcia Zuckermann bevölkert den ost-westlichen Divan

Zum ersten Mal seit der Wende ist der Schauspieler Frank Zaunig ("Harte-Schale-weicher-Kern-Typ") glücklich, also "häppi". Sein Kumpel Antek aus vergangenen Anklamer Theatertagen, von dem er noch nicht weiß, dass er für die Stasi arbeitete, hat ihm einen "Dschopp" als Filmdramaturg verschafft. Damit ist Frank "endlich in Deutschland angekommen". Deshalb schlendert er durch die Lebensmittelabteilung des KaDeWe, das jetzt auch "sein" Kaufhaus ist. Mit Lachs, Austern und "Schampus" stellt er sich bei Claudia Unhoch-Dreisörner in Kreuzberg ein, die als Westfrau darauf pocht, dass er ein Deo benutzt ("Ostmänner erkennt man daran, dass sie riechen"). Jetzt riecht Frank nach Deo. Aber sie heiraten und ihr ein Kind machen, das geht ihm gegen die Ossi-Natur. Denn: "Früher wollte man ihn in die ,Jungen Pioniere' stecken... heute nun soll er in die EHE! Kein Stück!" Dabei läuft Claudias biologischer Countdown: "Zwölf Monate, elf Monate, zehn Monate und so weiter bis zum Vierzigsten!" Ein Kind bekommt sie dann von Holger ("Hochzeitsnacht auf der Samenbank") sowie ein millionenschweres Erbe, weil der sich umbringt, als er erfährt, dass er doch HIV-positiv ist.

Wie im wirklichen Unterhaltungsroman ereilt Claudia und Frank das "Häppie Änd". Nicht aber Beate ("aparte Anfangzwanzigerin") und Horst ("amerikanisierte Version eines Breker-Hünen"). Nach zwei Gewinn bringenden Scheinehen mit russischen Landsleuten, vor allem aber Horsts dunkler Geschäfte wegen, gibt es für dieses West-Paar keine gemeinsame Zukunft mehr im "Vereinigten Paradies". Warum, kann man im gleichnamigen Roman von Marcia Zuckermann nachlesen, der als Erstveröffentlichung in der Premium-Reihe des Deutschen Taschenbuch Verlags erschien. Orte der Handlung sind das wieder vereinte ("verostete") Berlin, aber auch New York, Moskau, Paris und Anklam. Weder fehlt in der turbulenten, häufiger schlampig geschnittenen Szenenfolge die Russen-Mafia noch die obligate Stasi-Geschichte ("Okäi, ich bin ein Schwein! Gebongt! Gebongt! Aber . . .").

Der Untertitel des Buches - "Nachrichten vom ost-westlichen Divan" - ist bezeichnend für den journalistischen Ursprung dieser Prosa. Sie beschreibt, was geschieht, und setzt kommentierende Lichter, innere Welten erschließt sie nicht. Wie man der Danksagung entnehmen darf, "plünderte" die Redakteurin eines deutschsprachigen Reisemagazins in Spanien für ihren Roman authentische Lebensläufe. Möglicherweise wären die Figuren plastischer geworden, wenn die Autorin sie frei erfunden hätte. Man meint, die Geschichten von skurriler Vereinigungskriminalität und mafiösen Berliner Netzwerken so oder ähnlich schon in Magazinen gelesen zu haben. Deren Stil kopiert der Roman in Wendungen wie der vom Gesicht, das "guckt wie ein aus dem Leim gegangener Volker Rühe".

Reich an Ansichten und flotten Sprüchen ist das Personal, oberflächlich sind seine Einsichten. Wo das Schicksal doch einmal Abgründe auftut, werden sie im Handumdrehen zu seichten Gewässern. Nach zehn Jahren stößt Frank Zaunig auf ein vergessenes Kind aus einer vergessenen Beziehung. "Frank junior" schenkt dem plötzlich auftauchenden Vater alsbald ein "skeptisches, dann ein strahlendes Lächeln". Die Kindsmutter Gerti erholt sich zusehends von ihrer psychosomatischen Auszehrung, nachdem sich für sie die folgende "Verkehrsregelung" abzeichnet: "Sonnabend immer und vielleicht auch mal Mittwoch." Für die Westfrau Claudia dagegen gelten "immer dienstags und donnerstags, manchmal auch Sonntag" die ehelichen Pflichten des "Gutmenschen Frank". Montag ist Ruhetag auf dem ost-westlichen Divan.

SIEGFRIED STADLER.

Marcia Zuckermann, "Das vereinigte Paradies". Roman. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1999. 317 S., br., 28,- DM.

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