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Wer ist der Mann, der den meisten Deutschen als ihr größtes Vorbild gilt, noch vor Benedikt XVI. – und den Chinas KP-Führung als Vaterlandsverräter beschimpft? Ein Erleuchteter, weltentrückt heilig und jenseits aller Kritik? Oder ein politisch kühl kalkulierender Machtmensch? Vertraut er seinen morgendlichen BBC-Nachrichten oder den Würfeln, die er gelegentlich wirft? Was ist das Vermächtnis Seiner Heiligkeit, für seine Heimat Tibet, für den »Rest der Menschheit«? Im Gegensatz zu den vielen halb religiösen, halb esoterischen, zusammenhanglos versammelten Zitatenschätzen in Buchform, die unter…mehr

Produktbeschreibung
Wer ist der Mann, der den meisten Deutschen als ihr größtes Vorbild gilt, noch vor Benedikt XVI. – und den Chinas KP-Führung als Vaterlandsverräter beschimpft? Ein Erleuchteter, weltentrückt heilig und jenseits aller Kritik? Oder ein politisch kühl kalkulierender Machtmensch? Vertraut er seinen morgendlichen BBC-Nachrichten oder den Würfeln, die er gelegentlich wirft? Was ist das Vermächtnis Seiner Heiligkeit, für seine Heimat Tibet, für den »Rest der Menschheit«? Im Gegensatz zu den vielen halb religiösen, halb esoterischen, zusammenhanglos versammelten Zitatenschätzen in Buchform, die unter den Namen des Dalai Lama auf dem Markt sind, zeigt Erich Follath den »wahren« Dalai Lama: seine Bedenken hinsichtlich einer allzu schnell wachsenden buddhistischen Gemeinde in Europa und den USA, seine Pläne für die tibetische Heimat, wo die Kompromissbereitschaft gegenüber Peking trotz des Schwurs der Gewaltlosigkeit endet; seine Befürchtungen, die KP Chinas könne, nach der Wahl des eigenen Panchen Lama, nun bald auch einen zweiten Dalai Lama bestimmen; seine Skepsis gegenüber einem Nachfolger und seine Gedanken darüber, wo denn – wenn überhaupt – eine Reinkarnation gefunden werden könnte.
Autorenporträt
Erich Follath ist promovierter Politologe und Germanist. Er war "Stern"-Korrespondent in Hongkong und New York, später Chefreporter mit dem Spezialgebiet Nahost. Heute ist er Autor beim "Spiegel". Buchveröffentlichungen u.a. "Das Auge Davids" (über den israelischen Geheimdienst) und "Bilder aus Hongkong".
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.04.2008

Kauziger Heiliger
Die schwierige Annäherung an den Dalai Lama
Manchmal lohnt es sich, Bücher von hinten anzufangen: Die Rückseite verbindet diese beiden Werke über den Dalai Lama. Auf dem einen – es heißt schlicht: „Dalai Lama” – sieht man einen feingliedrigen, freundlichen Mann im Gewand der tibetischen Mönche, wie er die Hand des Autors Klemens Ludwig ergriffen hat. Auf dem anderen – es heißt etwas aufwendiger „Das Vermächtnis des Dalai Lama. Ein Gott zum Anfassen” – sieht man einen feingliedrigen freundlichen Mann im Gewand der tibetischen Mönche, wie er die Hand des Autors Erich Follath hält. Händchenhalten mit der Person der Auseinandersetzung: Allzu große Distanz darf man da nicht erwarten. Und wer wollte auch Distanziertes lesen, wo es um den beliebtesten Mann der Deutschen geht, um das geistliche und politische Haupt des bedrohten und von China unterdrückten tibetischen Volkes, das so sehr um seine Freiheit kämpft?
Das gilt besonders für das gerade erschienene Buch Ludwigs, der lange Asienreferent der „Gesellschaft für bedrohte Völker” war. Er schildert kompakt, kenntnisreich und anschaulich die Geschichte Tibets und des tibetischen Buddhismus, Kindheit und Jugend jenes vierjährigen Jungen Lhamo Dhondup, der zur Reinkarnation des Dalai Lama erkoren wird und als Fünfjähriger im kalten Winterpalast in Lhasa im zugigen Zimmer seines verstorbenen Vorgängers sitzt, die zunehmende Unterdrückung durch die Chinesen, die Begegnung mit Mao, die Flucht nach Indien, den Kampf für die Unabhängigkeit, schließlich den „Weltenlehrer” als „Symbol für Mitgefühl, Weisheit und Sinnsuche”.
Ludwig lässt dabei keinen Zweifel, dass er den Dalai Lama für einen großartigen Menschen hält und dass alle seine Sympathien dem Kampf des kleinen tibetischen Volkes gegen die große Übermacht gelten, und das ist auch gar kein Nachteil des Buches. Der bald 73-Jährige Dalai Lama ist ein beeindruckender Mensch, der die Sympathien auch skeptischer Zuhörer gewinnt; er steht für konsequente Gewaltfreiheit und er nutzt seine Popularität nicht, um offensiv Anhänger anderer Religionen abzuwerben. Dass er zur kauzigen Spaßmacherei neigt, sollte genauso wenig zu seinem Nachteil ausgelegt werden wie das Kalenderspruchhafte der Weisheiten, die er auf Großveranstaltungen dem Publikum mit auf den Weg gibt.
Und trotzdem gibt es beim Lesen manchmal Unbehagen: Der unkritische und im zweiten Teil des Buches zunehmend apologetische Grundton nervt. „Es gibt Kritiker, die sich von der Ausstrahlung des Dalai Lama nicht beeindrucken lassen”, notiert Ludwig geradezu fassungslos. Und wenn diese Kritiker alle angeblich den Dalai Lama nicht verstanden haben oder verstehen wollen oder nur Randaspekte kritisieren, dann wird es doch ein wenig hagiographisch. So bleibt unerwähnt, dass Heinrich Harrer, der österreichische Lehrer des Dalai Lama, seit 1938 SS-Mitglied war – das zu schreiben, stellt ja den Dalai Lama noch lange nicht in die Nazi-Ecke. Und dass die Kalachakra-Texte, die eine wichtige Rolle im religiösen Selbstverständnis des Dalai Lama spielen, vielleicht doch nicht so locker in die westlichen Vorstellungen vom interreligiösen Dialog zu integrieren sind, hätte man auch sagen können, ohne dabei dem Lamaismus religiösen Imperialismus zu unterstellen.
Da ist der Spiegel-Autor Follath kritischer, ohne dass er seine Grundsympathie für den „weisen Clown zwischen Gandhi und Groucho Marx” leugnen würde. Follaths Buch ist eine Mischung aus Reisereportage in der Ich-Form, aus mehreren Interviews mit dem Dalai Lama und Personen aus seinem Umfeld sowie aus politisch-gesellschaftlich-theologischer Analyse. Das macht das Buch sprunghafter als Ludwigs Werk, es ist farbig und manchmal auch frech, weniger eine wissenschaftliche Abhandlung. Aber Follath sagt auch Dinge, die dem Dalai Lama nicht so angenehm sein dürften: Dass er mit seinem Kampf um ein autonomes Tibet politisch gescheitert ist, auch weil viele junge tibetische Mönche nicht länger gewaltfrei bleiben wollen, dass er Schwierigkeiten hat, sich von Geschäftemachern, Esoterikern, Teilzeitgurus und Heilsaposteln abzugrenzen. Eine Heiligsprechung zu Lebzeiten hat der Mann, der mit „Heiligkeit” angeredet werden will, auch gar nicht nötig. MATTHIAS DROBINSKI
ERICH FOLLATH: Das Vermächtnis des Dalai Lama. Ein Gott zum Anfassen. Collection Rolf Heyne, München 2007. 319 Seiten, 19,90 Euro.
KLEMENS LUDWIG: Dalai Lama. Verlag C.H. Beck, München 2008. 190 Seiten, 9,95 Euro.
Der Dalai Lama gewinnt auch die Sympathien von Skeptikern. Foto: Reuters
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Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Durchweg zufrieden ist Rezensentin Angela Köckritz mit diesen Aufzeichnungen über eine Reise zum Dalai Lama, die aus ihrer Sicht vieles auf einmal zwischen zwei Buchdeckeln zu bieten hat: nämlich ein Reisetagebuch durch Tibet, "ein wenig Reportage", eine "Lehrstunde in tibetischer Geschichte" sowie buddhistischer Religion. Und Interviews mit dem tibetischen Präsidenten der Exilregierung, dem Dalai Lama und seinem Staatsorakel. Manchmal staunt die Rezensentin über sich selbst, dass die schnellen Schnitte zwischen Orten und Jahrhunderten auf sie nicht störend wirken, sondern im Gegenteil, diese Potpourri-Technik ihr sehr unterschiedliche Aspekte von Geschichte und Gegenwart Tibets erzählen können. Follath zeichne außerdem ein "schillerndes Sittengemälde" Lhasas und Dharamsalas und erzähle zudem einen spannenden Politikrimi über die Beziehung Tibets zu China. Die Fragen allerdings, die zu beantworten Erich Follath aufgebrochen sei, blieben aus Sicht der Rezensentin zum Teil unbeantwortet.

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