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Mit dem Tod des Vaters nimmt das Leben des jungen Luke Benami eine jähe Wende. Zwei Tagebücher des alten Benami - er gilt als einer der Gründerväter des modernen Israel - sind verschwunden, und auf der Suche nach ihnen, die manches enthalten, was nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollte, wird Luke zum Jäger und Gejagten. "'Das Vermächtnis' ist intelligent, gut geschrieben und von außergewöhnlicher Sicherheit und Reife... Man wird völlig in Bann geschlagen von den immer tiefer reichenden Rätseln, die dieses Buch aufgibt." (New York Times Book Review.)

Produktbeschreibung
Mit dem Tod des Vaters nimmt das Leben des jungen Luke Benami eine jähe Wende. Zwei Tagebücher des alten Benami - er gilt als einer der Gründerväter des modernen Israel - sind verschwunden, und auf der Suche nach ihnen, die manches enthalten, was nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollte, wird Luke zum Jäger und Gejagten. "'Das Vermächtnis' ist intelligent, gut geschrieben und von außergewöhnlicher Sicherheit und Reife... Man wird völlig in Bann geschlagen von den immer tiefer reichenden Rätseln, die dieses Buch aufgibt." (New York Times Book Review.)
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.11.1996

Hüften nach Wahl
Thriller aus dem Genlabor: Neil Gordons "Vermächtnis"

"Dies alles hat mir Luke erzählt", erklärt das erzählende Ich gleich im ersten Satz, und das gehört, wie später zu erfahren, Natalie Hoerstermann, der zweiundzwanzigjährigen Tochter des ehemaligen SS-Sturmführers Nikolaus Hoerstermann, beide wohnhaft in der Frederickstraße 29 in Wien-Döbling. Luke hingegen, der ihr das alles erzählt hat, ist der Sohn des israelischen Freiheitshelden Joseph Benami, der obige Adresse auch gut kannte, ist er dort doch als Reuben Neumann aufgewachsen. Luke hat also Natalie was zu erzählen. Umgekehrt aber auch, geht es beiden immerhin darum, was genau ihre Väter, der Nazi und der Haganah-Agent, in einer spektakulären Auswandererangelegenheit für vierhundert Juden 1942 in Wien aushandelten. Und da kommt einiges zusammen.

"Es war, als würden unsere Geschichten genau die Zeit in Anspruch nehmen, die das Schiff für die Passage brauchte", bemerkt Natalie auf Seite 409 verwundert über die Reise mit Luke von Piräus nach Astypaläa, auf der er ihr ja alles erzählte. Aber damit das klappte mit der Zeit, hat Ouzo Retsinakis, der ideelle Gesamtgrieche auf der Brücke der Fähre, wohl immer mal den Rückwärtsgang eingelegt, denn allein die etatmäßige Zehnstundenfahrt Piräus-Naxos dauert hier über vierundzwanzig. Und die Proteste der Rucksacktouristen ob der offensichtlichen Trödelei wird der Kapitän bestimmt gekontert haben mit dem Hinweis, auf dem Schiff seien zwei Personen mit wichtigster Trauer-, Versöhnungs- und Beziehungsarbeit beschäftigt. Damit müßten sie fertig sein, bevor sie am Ende der Reise Lukes mehrfach totgeglaubten Bruder Danni gegenübertreten können.

Luke nun, auch in den Zwanzigern, ist Dolmetscher bei den Vereinten Nationen in New York. Dort ist er auch zu einem guten Teil aufgewachsen, weil die Mutter ihn dorthin mitnahm, als sein Vater, General, Diplomat und Gelehrter, sich einer Studentin zuwandte. Ende 1988 erreicht ihn dann die Mitteilung, Vater sei in Israel gestorben. Und da der totgeglaubte Bruder Danni, obendrein Deserteur aus der israelischen Armee während des Jom-Kippur-Krieges, naturgemäß nicht zur Verfügung steht, obliegt Luke allein die Pflicht zur Organisierung der Beerdigung und Haushaltsauflösung, die unter anderem im Verkauf der millionenschweren Kunstsammlung des Vaters besteht.

Denn der Bruder, im Testament mit dem halben Erbe bedacht, verlangt über einen Anwalt, offenbar quicklebendig, Bargeld. Und weil Lukes Flugzeug nach Erledigung dieser Obliegenheiten auf dem Weg nach New York sowieso in Paris einen Zwischenstopp macht, kann er ja dort mal aussteigen und nach dem fünfzehn Jahre aus dem Gesichtskreis verschwundenen Miterben schauen, der inzwischen unter dem Namen Maurizio Tueta in der Rue de Fleurus Nummer 6 leben soll. Anzutreffen ist aber nur dessen Lebensgefährtin, die Geigerin Nicole Japrisot, "kleine runde Brüste", Hüften wahlweise "fraulich" oder "schmal". Und da sich die Geschwister Luke und Danni trotz beträchtlichen Altersunterschieds ungewöhnlich ähneln, empfängt sie ihn erst als den schon monatelang vermißten Geliebten, läßt sich nach Bemerken des Irrtums aber bald ausgiebigst aus dem Leben des Fremdlings berichten und bietet ihm dann Dannis verwaisten Platz an: "Ihr Körper schmiegte sich weiter in seine Arme. Vor dem Fenster erklang jubelnd das Lied einer Nachtigall." Wenig später wird sie, als Luke Zigaretten holt, erschossen.

An dieser Stelle brechen wir die Rekonstruktion der Geschichte, die offensichtlich einen Thriller mit Tiefgang darstellen will, abrupt ab, denn deren Gebäude ist nichts als eine Bruchbude mit gravierendem Dachschaden: die Figuren handeln ständig aufgrund hirnrissiger Prämissen und agieren auf möglichst dumme Art, beispielsweise grundsätzlich dahin zu fliehen, wo auch jeder Fünfjährige zuerst suchen würde.

Neil Gordon, der Autor von "Das Vermächtnis", ist sonst in New York damit beschäftigt, anderer Leute Bücher zu rezensieren. Mit diesem seinem Erstling ist ihm ein Stück Seichtliteratur aus dem Genlabor gelungen, die Klonung von "Bewältigungsproblematik", Eltern-Kind-Blues, Jerry-Cotton-Geschichte und jugendfreier Rundbrustromanze. BURKHARD SCHERER

Neil Gordon: "Das Vermächtnis". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Benjamin Schwarz. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1996. 412 S., geb., 44,- DM.

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