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Ein Cottage, irgendwo nördlich von London. Martin Clay, ein dilettierender Kunsthistoriker, stößt im Haus eines heruntergekommenen Landadligen auf ein Bild, das er für einen verschollenen Bruegel hält. Er beginnt - im geheimen -, nach Beweisen für seine Vermutung zu forschen. Dabei läßt er sich auf ein gefährliches Techtelmechtel mit Laura, der attraktiven Gattin des Landadligen, ein und scheut auch die krummsten Wege nicht, um in den Besitz des Gemäldes zu gelangen. Ein eleganter, witziger und spannender Roman über die Liebe zum Leben, zur Kunst und zum Besitz.

Produktbeschreibung
Ein Cottage, irgendwo nördlich von London. Martin Clay, ein dilettierender Kunsthistoriker, stößt im Haus eines heruntergekommenen Landadligen auf ein Bild, das er für einen verschollenen Bruegel hält. Er beginnt - im geheimen -, nach Beweisen für seine Vermutung zu forschen. Dabei läßt er sich auf ein gefährliches Techtelmechtel mit Laura, der attraktiven Gattin des Landadligen, ein und scheut auch die krummsten Wege nicht, um in den Besitz des Gemäldes zu gelangen.
Ein eleganter, witziger und spannender Roman über die Liebe zum Leben, zur Kunst und zum Besitz.
Autorenporträt
Michael Frayn, geboren 1933, verfasste nach seinem Philosophie-Studium neben seiner journalistischen Tätigkeit für den "Manchester Guardian", den Londoner "Observer" und die BBC eine Reihe von vorwiegend satirischen Romanen und Theaterstücken um bürgerliche Konvention, Snobismus, Heuchelei und überkommene Strukturen wie z.B. "Der nackte Wahnsinn" (1982). Sein Roman "Headlong" wurde für den Booker-Prize nominiert. Daneben übersetzte Frayn Werke von Anouilh, Tolstoij, Trifonov, Tschechow. Sein erster Film "Clockwise" kam 1986 (Hauptrolle: John Cleese) heraus. Sein zweiter Film "First and Last" gewann 1990 den "International Emmy Award". Für seinen Roman "Das Spionagespiel" erhielt Frayn 2002 den Whitbread Novel Award.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.10.1999

Dr. Bruegel oder Wie man malt
Michael Frayn sucht "Das verschollene Bild" / Von Thomas Wagner

Lieben Sie Gemälde? Womöglich solche der alten Niederländer? Leben Sie gern auf dem Land, dort, wo es nicht so hektisch ist und sich der Wechsel der Farben in der Folge der Jahreszeiten genießen lässt? Dann begeben Sie sich auf die Fährte, der Michael Frayn in seinem Roman "Das verschollene Bild" folgt, und achten Sie auf die pinkfarbene Schnur, mit der die Hecktür eines Landrovers zusammengehalten wird.

Von zwölf Monaten seiner Beurlaubung von seiner Arbeit im Institut bleiben dem Philosophen Martin Clay noch fünf Monate, um ein Buch über den Einfluss des Nominalismus auf die niederländische Malerei des fünfzehnten Jahrhunderts zu schreiben, zu lange hat er sich vom "Meister des gestickten Laubs" ablenken und zu kunsthistorischen Studien verleiten lassen. Gemeinsam mit Kate, seiner Frau, die an einem Standardwerk zur vergleichenden christlichen Ikonographie arbeitet, und Tilda, ihrer kleinen Tochter, fährt er aufs Land, wo sie ein Haus besitzen. Dort soll das Versäumte nachgeholt werden.

Doch das Land - irgendwo nördlich von London - drückt die Städter vehement "an seinen schmutzig braunen Busen". Hier scheint zwar alles "beruhigend authentisch", doch nur, solange man es betrachtet wie ein Landschaftsgemälde im Museum. Zur Ruhe kommen die Stadtflüchtigen nicht. Denn als Tony Churt, ein skurriler Landadliger und Nachbar der Clays, sie vor ihrem Haus empfängt und zum Abendessen einlädt, weil er sie um "einen kleinen Rat" bitten möchte, nimmt die Geschichte einer sensationellen Entdeckung ihren Lauf. Der Landbesitzer im braun karierten Sportjackett und der Intellektuelle aus der Stadt mit dem grauen Pfeffer-und-Salz-Sakko verstricken sich in eine abstruse und fulminante Geschichte.

Als die Clays Tony Churt und seine Frau Laura auf Upwood besuchen, zeigt Tony den mutmaßlichen Kunstexperten einige Gemälde, die er verkaufen möchte, um mit dem Erlös seinen heruntergekommenen Besitz zu retten. Neben einem "Raub der Helena" von Luca Giordano stoßen sie auf eine bemalte Holztafel, die als provisorische Kaminabdeckung dient. Das Gemälde wird auf den Tisch gehievt, und "dort steht es jetzt, und in dem eiskalten Frühstückszimmer, inmitten der Stühle, während Laura noch die dreckige Zeitung in der Hand hält, mit der sie das Holz abgewischt hat, und Tony mir über die Schulter blickt, noch immer auf ein Urteil hoffend, und Kate auf der Schwelle steht und den Tragekorb geduldig hin und her schaukelt, sehe ich es zum ersten Mal. Mein Schicksal. Meinen Triumph, meine Ungewissheit, meine Niederlage. Ich erkenne es sofort. Ich sage: ich erkenne es. Ich habe es nie zuvor gesehen. Ich habe noch nicht einmal eine Beschreibung gesehen. Meines Wissens ist es auch nirgendwo beschrieben worden. Niemand weiß, wer (abgesehen vom Künstler selbst) das Bild jemals gesehen hat." Martin glaubt, ein Gemälde Pieter Bruegels d. Ä. entdeckt zu haben, ein Gemälde, das zum Motor seines Schicksals, seines möglichen Triumphs, seiner Ungewissheit und seiner drohenden Niederlage wird. Mal glaubt Martin, es müsse die verschollene erste von ursprünglich sechs Tafeln von Bruegels berühmtem Jahreszeitenzyklus sein, mal scheint es ihm wertloser Tand. Denn je entschiedener er das Bild mit Hilfe wissenschaftlicher Literatur einzukreisen sucht, desto größer werden seine Zweifel; doch je mehr er zweifelt, umso mächtiger wird sein Wunsch, die Echtheit des Bildes nachzuweisen und durch seinen Besitz reich und berühmt zu werden.

Es kommt, wie es kommen muss. Martin versucht Tony übers Ohr zu hauen, indem er ihm seine Vermutung verschweigt, so wie Tony seinerseits Martin reinzulegen sucht. Martin verrennt sich in den Wunsch, das Bild besitzen zu wollen, und in der Anstrengung, dies zu erreichen, entfernt er sich von Kate, findet sich in aberwitzigen Situationen wieder. Sein Leben gerät aus den Fugen. Die Krise aber, in die er schlittert, bewirkt, dass er die Sphäre bloßer Gelehrsamkeit hinter sich lässt und in die Verstrickungen des Lebens eintaucht. Was mit dem Gerangel der Eheleute um den Vorrang der Ikonographie oder der Ikonologie begann, das endet in einer Verirrung, die keine der beiden Methoden zu durchdringen, geschweige denn zu beheben vermag.

Auch wenn Michael Frayns Roman sich gelegentlich in kunsthistorische Exkurse verliert, so bietet er doch unterhaltsame Belehrung. Sein Reiz liegt in der Konstruktion, weniger im Raffinement der Sprache, auch wenn die Geschichte hier und da mit einem Schuss englischen Humors gewürzt ist, der so trocken ist wie Torf; nicht eben leicht entflammbar, aber nachhaltig wärmend. Geschickt spiegelt Frayn in Martins verzweifeltem Versuch, sich Gewissheit über ein Gemälde zu verschaffen, das er nur kurz gesehen hat, die Flüchtigkeit des Lebens, das sich nur momentan zu einem Bild fügt, dessen Bedeutung sich aber nicht entschlüsseln läßt. "Multa pinxit, hic Brugelius, quae pingi non possunt . . ." - Er malte vieles, was nicht gemalt werden kann, heißt es in einer zeitgenössischen Quelle von Bruegel, die Martin ausgräbt. Frayn folgt dem Maler darin; auch er will mehr zu verstehen geben, als er "gemalt" hat, mehr andeuten als aussprechen.

Doziert Martin zu Beginn noch selbstgefällig, der Nominalismus habe auf die niederländischen Maler des fünfzehnten Jahrhunderts, etwa auf Rogier van der Weyden oder Hugo van der Goes, einen großen Einfluss gehabt, könne man auf ihren Gemälden doch eine "ungeheure Konzentration auf einzelne Gegenstände" beobachten, "auf Dinge, die nicht Ausdruck abstrakter Ideen sind, sondern sie selbst, nur sie selbst, nicht mehr und nicht weniger", so verwandelt die Konzentration auf einen einzelnen Gegenstand - das Gemälde Bruegels - hernach sein so wohlgeordnetes Dasein. Denn es ist der "Name", den Martin dem Gemälde gegeben hat - Bruegel -, der eine Wirklichkeit hervorbringt, der er nicht entkommen kann. So stirbt Martins nominalistische Weltsicht ab. Er weiß nicht, was er glauben soll und was er wissen kann. Jedenfalls hält er sich nicht an "Ockhams Rasiermesser", also an die Regel, möglichst alle überflüssigen und unnötig komplizierten Erklärungen wegzuschneiden. Gepaart mit einer intuitiven Sicherheit, unterhöhlt der Wunsch, es möge ein Bruegel sein, den hypothetischen Charakter aller wissenschaftlichen Sätze, die er über den Maler und dessen Werke liest und von deren Anwendung er sich Gewissheit verspricht. Martins "Nominalismus", sein Glaube, die Ausdrücke der Sprache seien nur Namen, die keinen Bezug zur Realität haben, treibt die Handlung voran, katapultiert den traurigen Helden aber in die ländliche Wirklichkeit. Was nur ein Name war, wird real, alle Alltagserfahrungen bekommen einen doppelten Boden und das Leben erscheint als eine Summe kontingenter Fakten. Martin wandelt sich zu einem naiven Realisten, der mit den Ereignissen ringt.

Was auch immer am Ende aus dem vermeintlichen oder echten Bruegel wird, Martin ist längst Teil eines anderen "Bildes" geworden, das sich seiner Interpretation ebenso hartnäckig entzieht wie das Gemälde aus dem sechzehnten Jahrhundert: Er steht mitten in der Landschaft seines Lebens. "Tatsächlich denke ich gerade, dass ich vielleicht versuchen könnte, etwas über den Normalismus zu schreiben. Ich finde, dass es ein ziemlich wichtiger Begriff ist, und mit dem Nominalismus habe ich offenbar abgeschlossen." Vielleicht aber hat Martin sein Buch über den Einfluss des Nominalismus ja bereits geschrieben.

Michael Frayn: "Das verschollene Bild". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Matthias Fienbork. Hanser Verlag, München und Wien 1999. 360 S., geb., 39,80 DM.

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"Gelegentlich streut Frayn in seinen eleganten, witzigen, funkelnden Roman wohlüberlegt Passagen von kühler, melancholischer Ironie ein und eröffnet damit auch düstere Perspektiven. Anders als an der Echtheit des Bildes, um das es geht, kann an der herausragenden Qualität dieser brillanten schwarzen Komödie kein Zweifel bestehen." Peter Kemp in der 'Sunday Times'