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»Das Versprechen« erzählt vom zunehmenden Zerfall einer weißen südafrikanischen Familie, die auf einer Farm außerhalb Pretorias lebt. Die Swarts versammeln sich zur Beerdigung ihrer Mutter Rachel, die mit vierzig an Krebs stirbt. Die jüngere Generation, Anton und Amor, verabscheuen alles, wofür die Familie steht - nicht zuletzt das gescheiterte Versprechen an die schwarze Frau, die ihr ganzes Leben für sie gearbeitet hat. Nach jahrelangem Dienst wurde Salome ein eigenes Haus, eigenes Land versprochen ... doch irgendwie bleibt dieses Versprechen mit jedem Jahrzehnt, das vergeht,…mehr

Produktbeschreibung
»Das Versprechen« erzählt vom zunehmenden Zerfall einer weißen südafrikanischen Familie, die auf einer Farm außerhalb Pretorias lebt. Die Swarts versammeln sich zur Beerdigung ihrer Mutter Rachel, die mit vierzig an Krebs stirbt. Die jüngere Generation, Anton und Amor, verabscheuen alles, wofür die Familie steht - nicht zuletzt das gescheiterte Versprechen an die schwarze Frau, die ihr ganzes Leben für sie gearbeitet hat. Nach jahrelangem Dienst wurde Salome ein eigenes Haus, eigenes Land versprochen ... doch irgendwie bleibt dieses Versprechen mit jedem Jahrzehnt, das vergeht, unerfüllt.

Mit großer erzählerischer Kraft und nah an den Personen schildert Damon Galgut eine Familiengeschichte, die sich über dreißig Jahre des politischen Umbruchs in Südafrika erstreckt - von der Apartheid bis hin zur Demokratie. Während sich das Land von den alten tiefen Spaltungen zu einer neuen, gerechteren Gesellschaft hin bewegt, schwebt über allem die Frage: Wie viel Verbitterung, wie viel Erneuerung, wie viel Hoffnung bleiben?

Ausstattung: Pepper: Man Booker Prize 2021
Autorenporträt
Damon Galgut, 1963 in Pretoria geboren, zählt zu den renommiertesten Autoren Südafrikas. Sein jüngster Roman 'Das Versprechen' wurde mit dem Booker Prize 2021 ausgezeichnet, einem der bedeutendsten internationalen Literaturpreise. Bereits zwei Mal stand Galgut mit 'Der gute Doktor' (2005) und 'In fremden Räumen' (2010) auf der Shortlist für diesen Preis. Auch seine Romane 'Der Betrüger' und 'Arktischer Sommer' wurden für zahlreiche Literaturpreise nominiert. Sein literarisches Werk erscheint in sechzehn Sprachen. Damon Galgut lebt in Kapstadt.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Als ebenso großes Experiment wie Vergnügen empfiehlt Rezensent Uwe Stolzmann diesen Roman Damon Galguts, der den Niedergang einer weißen Mittelschichtsfamilie als Metpaher für Südafrikas jüngere Geschichte erzählt. Mutter, Vater und drei Kinder betreiben eine Farm im Südafrika der achtziger Jahre, allerdings mit wenig Fortüne und nicht immer mit den besten Absichten. Wie Stolzmann deutlich macht, ist es eine Geschichte der gebrochenen Versprechen, enttäuschten Erwartungen und misslungenen Wiedergutmachung, die dem Rezensenten allerdings erstaunlich beglückt zurücklässt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.12.2021

Sogwirkung einer Leiche
Für diesen Roman hat Damon Galgut jetzt zu Recht den Booker-Preis gewonnen: "Das Versprechen"

Ein Land, eine Farm, eine Familie. Vier Beerdigungen in vier Kapiteln und ein über lange Zeit immer wieder gebrochenes Versprechen, vielstimmig im Präsens erzählt in modernistischer Tradition, mit einigen Verbeugungen vor Virginia Woolf. Das sind Stoff, Thema und Form des Romans "Das Versprechen" von Damon Galgut, der kürzlich für dieses Buch (nach einigen Nominierungen endlich!) den Booker-Preis erhalten hat.

Das titelgebende Versprechen verlangt hatte Rachel Swart, die Mutter der Geschwister Astrid, Anton und Amor (das mit der Alliteration fanden die Eltern später keine so gute Idee mehr), auf dem Totenbett. Amor hat es gehört, aber der Vater, Manie, der seiner sterbenden Frau das Versprechen gab, bestreitet es zunächst und lässt es dann auf sich beruhen. Seine Nachkommen auch. Dabei geht es um nicht sehr viel, könnte man denken. Salome, jahrzehntelang die schwarze Haushaltshilfe der Familie, soll das einfache Haus bekommen, in dem sie mit ihrem Sohn sowieso seit Langem lebt. Es könnte sein, vermutet spät im Buch einer der Swart-Erben, dass Landbesitz 1986, zum Zeitpunkt von Rachels Tod, für Schwarze rechtlich noch gar nicht möglich war. Aber das ist nicht das Problem. Ganz unabhängig von der Rechtslage hat niemand in der Familie Swart außer Amor die Absicht, den Wunsch Rachels zu erfüllen.

Das gebrochene Versprechen liegt als Fluch auf der Familie. Oder ist die Geschichte des Landes bereits der Fluch, der auch auf der Familie Swart lastet, weißen Südafrikanern, die festhalten, was sie haben, rechtmäßig oder nicht? Ist der einzige Ausweg, sich der Geschichte und dem Unglück und der Schuld, die in ihr liegen, zu entziehen, Trennung und Sühne, wie es Amor wählt, die jüngste Tochter? Sie ist das Gewissen der Familie, das sich erst durchsetzt, als alle anderen tot sind.

Aber da ist es möglicherweise zu spät. Lebten auf dem Land, das sie verschenken will, nicht sehr viel früher andere Menschen, deren Nachfahren nun ein Recht auf Rückführung anmelden? Welchen Anspruch haben Erben der Voortrekkers überhaupt auf das Land, das sie ihren Besitz nennen? Und ist es nicht besser, sich von alldem abzuwenden und wegzugehen, um, wie Amor es längst für sich entschieden hat, in einfachen Verhältnissen zu leben und als Pflegerin dort zu helfen, wo sie gebraucht wird und wo es ihr möglich ist?

Der Niedergang der Familie Swart verläuft parallel zur Entwicklung Südafrikas, das auf dem Weg heraus aus der Apartheid und hinein in weitere Desaster auf dem Weg zur Demokratie ist. Dicht in einem fluiden indirekten Gestus erzählt, von einer Figur zur anderen schwebend, umfasst Damon Galguts Roman mehr als dreißig Jahre südafrikanischer Geschichte, von den letzten Jahren des Apartheid-Regimes unter Pieter Willem Botha über Nelson Mandela und den Sieg der Springboks bei der Rugby-Weltmeisterschaft 1995 (ein identitätsstiftendes Ereignis nationaler Tragweite) zur Inauguration Thabu Mbekis bis zum Rücktritt Jacob Zumas. Anlass für die Familie, sich zu versammeln, sind die Begräbnisse ihrer Mitglieder, verbunden mit mehr oder weniger Trauer, alten und neuen Zerwürfnissen.

Ma, Pa, Astrid, Anton - die vier etwa gleich langen Kapitel sind auch Totengesänge, nicht unbedingt schwermütig, trauernd oder gar verzweifelt, sondern auch bizarr, bitter und satirisch unterhöhlt. "Das mit deiner Mutter tut mir leid", heißt etwa die Trauerformel im ersten Kapitel, die von so vielen Menschen wiederholt wird, dass sie den Charakter eines running gag bekommt. Die "Sogwirkung, die eine Leiche entfaltet", wird ebenso zur Kenntnis gebracht wie die Beobachtung vom Verschwinden der Verstorbenen, das sofort nach Abtransport der Toten beginnt und "in gewissem Sinne niemals aufhört". Angesichts der politischen wie persönlichen Katastrophen, die sich ereignen, bringt Galgut in seiner Erzählung eine Menge Humor auf.

Und eine Mehrstimmigkeit, die über die Anzahl der Personen hinausgeht und auch jene hörbar macht, die schweigen: "In allen Townships gibt es Unruhen, überall reden die Leute darüber, hinter vorgehaltener Hand, und obwohl der Ausnahmezustand wie eine dunkle Wolke über dem Land hängt, die Nachrichten zensiert werden und die Atmosphäre insgesamt leicht angespannt, leicht aufgeladen ist, lassen sich diese Stimmen nicht zum Schweigen bringen, sind immer da, im Hintergrund, wie ein statisches Knistern. Aber wem gehören sie, diese Stimmen, und warum können wir sie jetzt nicht hören? Schhh, ihr werdet sie hören, wenn ihr nur aufpasst, wenn ihr die Ohren spitzt."

In unterschiedlichen Tonlagen geschrieben, beendet Galgut manchmal seine Sätze fast ungeduldig mit "usw., usf.", weil er mit gutem Grund erwarten kann, man habe begriffen, wie ein Zimmer aussieht oder eine Gesellschaft, jedenfalls gut genug begriffen, um zu wesentlicheren Dingen zu kommen. Wesentlich im Zustand der Trauer kann es zum Beispiel sein, zu zählen, was in den Stunden, seitdem der Leichnam der Mutter das Haus verlassen hat, geschehen ist, wie viele Autos verschwunden, wie viele hinzugekommen sind, wie oft das Telefon läutete, wie oft die Türklingel, wie viele Tassen Tee getrunken und wie viele Liter Urin in den Toiletten hinuntergespült wurden. In solchen Passagen beweist Galgut, dass er vom menschlichen Gefühl in dessen Facetten alles versteht und gleichzeitig sehr nah bei einer Figur sein kann und doch distanziert genug, um detailreiche Beschreibungen der absurden Züge ihres Zustands zu finden.

"Aber schauen wir doch etwas näher hin." Was die Figuren nicht sehen, erkennt der Erzähler, der sich immer wieder über das Geschehen erhebt, um direkt zum Leser zu sprechen. Denn niemand scheint von Salome Notiz zu nehmen, "sie ist offenkundig unsichtbar", auch in ihren existenziellen Diensten etwa an den Toten. Die Außenseiterin, die Andere, die diese lebenslange Hausangestellte in der Familie Swart immer war und bleibt, bleibt auch für den Erzähler eine Unbekannte. Aber keine Unsichtbare. Beides ist eine Geste des Respekts des Autors, der Salome und ihre Haltung und Handlungen von außen beschreibt, aber nicht aus ihrem Inneren heraus erzählen will, wie er das bei den anderen Figuren tut. So wird die Kluft zwischen diesen Menschen spürbar, die rassistischen und sozialen Abgründe, die in Jahrzehnten nicht zu überbrücken waren.

Galgut verbindet die indirekte Erzählhaltung wechselnder Subjekte mit der Stimme eines auktorialen Erzählers und einer frei schwebenden Instanz, die sich einmischt, kommentiert, sich lustig macht oder aufstöhnt, mit den Figuren spricht und einmal sogar die Unterhaltung zweier Schakale weitergibt, die ihr Revier abgrenzen. Manchmal beginnen Dialoge eines Sprechers und gehen mitten im Satz in eine andere Unterhaltung über. Oder auch in einen inneren Monolog.

Landschaft, Wetter, Natur - immerhin sind wir in Afrika, und wie in früheren Romanen Galguts werden sie auch hier zu selbständigen und interesselosen Mitspielern. Vor allem ein steiler Hügel, der zwischen dem Haus der Familie Swart und jenem Haus liegt, das Salome versprochen wurde, scheint eine Figur mit eigenem Charakter zu sein, mal bösartig, mal wohlwollend oder neckisch. An diesen "koppie" kehrt Amor immer wieder zurück. "Sehen wir die Welt mit ihren Augen", schreibt Galgut. "Die Landschaft sieht überall gleich aus, aber die immer neuen Gesetze, die der Mensch ersinnt, . . . wandeln sich jetzt. Sie kann es spüren, als wäre es ein Teil der Szenerie, die sich vor ihr erstreckt."

Damon Galgut ist mit J. M. Coetzee der herausragende Vertreter der weißen südafrikanischen Literatur, mit ähnlicher Lust an der bitteren Satire. Der Schluss seiner Bücher ist immer offen, und das Versprechen, das so wichtig schien, wird auch für Salome möglicherweise kein Segen, sondern ein Fluch bleiben - ein trotz des zukunftweisenden letzten Satzes verstörendes Ende.

"Verstört zu sein bedeutet, ein Problem zu haben, das noch nicht gelöst ist", sagte Damon Galgut vor einigen Jahren im Gespräch aus Anlass seines Buchs über E. M. Forster ("Arktischer Sommer", F.A.Z. vom 24. Januar 2015). "Als Verstörte tragen die Leser die Fragen weiter mit sich herum. Das scheint mir nützlicher." So ist es auch bei diesem Buch. "Andere Geschichten werden die deine überschreiben", heißt es da am Schluss, "jedes Wort ausstreichen." Möglicherweise ist das in der Geschichte so. Aber nicht in der Erinnerung, in der dieses Buch eines der großen Autoren unserer Zeit lebendig bleiben wird. VERENA LUEKEN

Damon Galgut: "Das Versprechen". Roman.

Aus dem südafrikanischen Englisch von Thomas Mohr. Luchterhand Literaturverlag, München 2021. 366 S., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Der Roman, den Damon Galgut geschrieben hat, löst seine Versprechen ein. Er hat den Booker Prize verdient.« Lothar Müller / Süddeutsche Zeitung