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Seit Anfang der achtziger Jahre lässt sich eine Renaissance physiognomischer Fragestellungen beobachten: in Kunst-, Literatur-, Sozial- und Neurowissenschaften. Nicht wenige Autoren möchten dabei an die prekären Übergänge der Physiognomik in spekulative und rassistische Theoreme warnend erinnern. Besonders die deutschen Autoren der Weimarer Zeit - Ludwig Klages, Rudolf Kassner, Max Picard, Oswald Spengler und viele andere - haben beim gebildeten Publikum damals ein physiognomisches Vorbewusstsein kultiviert, das geradezu als Weiche zwischen Biologie und Phänomenologie, Religion und "gesundem…mehr

Produktbeschreibung
Seit Anfang der achtziger Jahre lässt sich eine Renaissance physiognomischer Fragestellungen beobachten: in Kunst-, Literatur-, Sozial- und Neurowissenschaften. Nicht wenige Autoren möchten dabei an die prekären Übergänge der Physiognomik in spekulative und rassistische Theoreme warnend erinnern. Besonders die deutschen Autoren der Weimarer Zeit - Ludwig Klages, Rudolf Kassner, Max Picard, Oswald Spengler und viele andere - haben beim gebildeten Publikum damals ein physiognomisches Vorbewusstsein kultiviert, das geradezu als Weiche zwischen Biologie und Phänomenologie, Religion und "gesundem Volksempfinden" fungiert hat. Vor einer ähnlichen Konstellation sehen wir uns auch heute wieder: Emmanuel Lévinas philosophiert über das "Antlitz" als moralische, andere Autoren über das Gesicht als ästhetische oder biologische Größe. Und dies vor dem Hintergrund der gentschnischen "hard science", den aktuellen physiognomischen Fragen nach dem "Fremden" sowie der überwältigenden Präsenz des Gesichts in den Medien. Um so dringlicher scheint es, den physiognomischen Diskurs kritisch zu analysieren. Was kann er leisten und was nicht? Das vorliegende Buch bietet keine traditionelle Vorurteilsforschung. Es skizziert das Verhältnis der kulturellen Raster, die diese Urteile legitimieren, zu den Wahrnehmungsakten, die sie inspirieren. Ein Bild- sowie ein umfangreicher Textquellenteil am Schluss des Bandes dokumentieren dieses Verfahren.
Autorenporträt
Claudia Schmölders, Jahrgang 1944 , studierte Germanistik, Philosophie und Musikwissenschaft. Die langjährige Verlagslektorin war 1991-92 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Seit 1998 lehrt sie als Privatdozentin am Kulturwissenschaftlichen Seminar der Humboldt Universität. 2004 erhielt Claudia Schmölders den Heinrich-Mann-Preis der Berliner Akademie der Künste. Sie lebt in Berlin.
Rezensionen
"Claudia Schmölders hat in einer bewundernswert belesenen und argumentierenden 'tour d'horizont' das Sinnfeld der Physiognomik historisch und systematisch durchmessen. Sie hat zahlreiche Brüche, Verwerfungen und Verschiebungen im Gebirge dieser 'Disziplin', die keine ist, lokalisiert und kartographiert und damit einen Standard für jede weitere Behandlung des Themas geschaffen." (Diese Pressestimme bezieht sich auf eine andere Auflage des Werkes; in: NZZ, 25.1.1999)