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Im Jahr 1905 erhält der Holzschnitzer August Liscar einen ungewöhnlichen Auftrag: Er soll ein passendes Spielzeug für das ungeborene Enkelkind eines Mannes aus Dubrovnik anfertigen. Eine schwierige Aufgabe: Aus Walnussholz fertigt der Schnitzer schließlich das verkleinerte Abbild des Hauses der Familie seines Auftraggebers, samt Einrichtung und Bewohnern. Ein großartiges Geschenk für die kleine Regina ... Doch halt, das alles erzählt Miljenko Jergovic erst viel später! Denn die Geschichte um das Walnusshaus beginnt in der Gegenwart, auf einer Polizeistation, wo sich eine gelangweilte Beamtin…mehr

Produktbeschreibung
Im Jahr 1905 erhält der Holzschnitzer August Liscar einen ungewöhnlichen Auftrag: Er soll ein passendes Spielzeug für das ungeborene Enkelkind eines Mannes aus Dubrovnik anfertigen. Eine schwierige Aufgabe: Aus Walnussholz fertigt der Schnitzer schließlich das verkleinerte Abbild des Hauses der Familie seines Auftraggebers, samt Einrichtung und Bewohnern. Ein großartiges Geschenk für die kleine Regina ... Doch halt, das alles erzählt Miljenko Jergovic erst viel später! Denn die Geschichte um das Walnusshaus beginnt in der Gegenwart, auf einer Polizeistation, wo sich eine gelangweilte Beamtin mit den ungewöhnlichen Umständen des Todes der »verrückten Manda« konfrontiert sieht - die keine andere ist, als jene 1905 geborene Regina Sikiric.
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Autorenporträt
Miljenko Jergovic, geboren 1966 in Sarajevo, lebt in Zagreb. Er arbeitet als Schriftsteller und politischer Kolumnist und ist einer der großen europäischen Gegenwartsautoren. Seine Bücher sind in zahlreiche Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet worden, zuletzt (gemeinsam mit seiner deutschen Übersetzerin Brigitte Döbert) mit dem Georg-Dehio-Buchpreis 2018. Der Österreichische Buchhandel verleiht ihm am 20. November 2022 den Ehrenpreis.

Brigitte Döbert, geboren 1959, lebt in Berlin. Sie überträgt seit über zwanzig Jahren Belletristik aus verschiedenen exjugoslawischen Staaten ins Deutsche, darunter Die Tutoren von Bora Cosic und das Werk von Miljenko Jergovic. Dafür wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW (2016) sowie dem Preis der Leipziger Buchmesse (2016).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.07.2008

Die Sonne des Unglücks zieht alles zu sich hin
Ein Jahrhundert voller Geschichte: Miljenko Jergovics Roman „Das Walnusshaus”
Im Winter 1942 sitzt Samuel F. Klein auf dem Dachboden des Gymnasiums von Banja Luka fest. Aus Angst, wegen seiner jüdischen Herkunft verraten zu werden, hält er sich hier seit Monaten versteckt. Während der ehemalige Schiffseigner tagsüber kaum einen Schritt wagt, sammelt er nachts Zeitungen, Atlanten und Klassenbücher, um für den nächsten Morgen eine Beschäftigung zu haben. Mit dem ersten Tageslicht beginnt er zu lesen. Doch was er betreibt, ist keine einfache Lektüre, vielmehr lernt er alles, was ihm vor die Augen kommt, auswendig. Städte, Flüsse, Gebirge, selbst die Namen sämtlicher Schüler des Gymnasiums von Banja Luka hat Klein bald gespeichert, Unmengen sinnloser Daten, die er bis zu seinem Tod 25 Jahre später nicht vergessen wird.
Vielleicht setzt sich die Erinnerung aus lauter Einzelheiten zusammen. Winzige, für die Historiker völlig unbedeutende Ereignisse können das Gedächtnis bestimmen. Der Schriftsteller Miljenko Jergovic hat seinen Roman „Das Walnusshaus” aus solchen Begebenheiten und Geschichten gebaut. Jergovic, der 1966 in Sarajevo geboren wurde, fächert ein ganzes Jahrhundert balkanischer Historie vor dem Leser auf. Er skizziert Lebenswege wie jenen des Samuel F. Klein oder erfindet Geschichten, die weit in die politischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte hineinreichen, er zeigt Angepasste ebenso wie Regimegegner und begleitet seine Figuren bis ins Gefängnis.
Wut und Rache
Doch wie lassen sich diese vielen Einzelgeschichten erzählen? Wie kann man aus ihnen ein Ganzes formen, das die Figuren und die Dinge nicht an eine übergreifende Idee verliert und das doch mehr sein soll als nur ein loses Ensemble von Episoden? Jergovic hat sich für einen Weg entschieden, der auf den ersten Blick eher konventionell anmutet: Er hat seinen Roman als Familienporträt angelegt. Die Sikirics sind nicht unbedingt das, was man eine Musterfamilie nennen würde. Regina, gleichsam der Fluchtpunkt aller Erzählungen, ist schon als Kind für ihre Gefühlsausbrüche bekannt. Als sie in ihren reiferen Jahren erfährt, dass ihr verstorbener Mann Ivo auf einem anderen Kontinent noch eine zweite Frau hatte, brennt sich ihrem Charakter jene Mischung aus Wut und Rachebedürfnis ein, die ihr ein Leben lang bleiben wird. Ähnlich zugespitzt sind die Temperamente ihrer fünf Brüder, wenngleich Duzepe, einer der älteren, wegen seiner geistigen Trägheit und „bäuerlichen Seele” von den anderen Mitgliedern als „aus der Art geschlagen” betrachtet wird.
„Jede abgeschlossene Erzählung von Menschen fängt mit dem Ende an”, behauptet der Erzähler einmal. Und so verfolgt er die Spuren der Hauptfigur Regina Sikiric rückwärts bis zu deren Großvater, der noch die Ankunft der Habsburger auf dem Balkan erlebte. Um die verkehrt herum laufende Chronologie aufzulockern, arbeitet Jergovic mit Zeitsprüngen und verschränkt die einzelnen Kapitel über kleine Motive. Andere Szenen werden dezidiert aus der Erinnerung bestimmter Figuren erzählt, es mag ein einfaches Hausmädchen sein oder jener Nervenarzt, der Reginas am Militär verrückt gewordenen Bruder Bepo behandelt.
Bei all dem geht es Jergovic weniger um ein Sittenbild als um die Veranschaulichung von Geschichte in ihrer Brüchigkeit. So verknüpft er den Tod großer Persönlichkeiten wie Stalin oder Tito mit besonderen Geschehnissen innerhalb der Familie. Oder er lässt einzelne Familienmitglieder in Städte ziehen, die zu der jeweiligen Zeit eine hohe Bedeutung haben. Das vielleicht intensivste Metropolenbild zeichnet Jergovic vom Mailand der Nachkriegsjahre, wohin sich Reginas Bruder Luka flüchtet. Eine Ansammlung von Menschen, die allesamt an der Krankheit Heimweh leiden und für die das Leben nicht mehr als ein Wartesaal ist. „Es gab Komintern-Mitglieder, die sich Mitte der dreißiger Jahre Stalins Säuberungen lebend entziehen konnten und seit zwanzig Jahren versteckten, es gab Herren aus Zagreb und Belgrad, die 1941 vor den Deutschen, vor den Ustaschas und der Mobilisierung oder 1945 vor den Kommunisten geflohen waren, es gab Juden aller Art: deutsche, polnische, kroatische, ungarische, rumänische, und es gab heruntergekommene Tschetniks, die in zwei, drei Kneipen herumhingen.”
Um den zahllosen Geschichten eine Richtung zu geben, die sich nicht gleich zu einer These verfestigt, hat Jergovic sie gewissermaßen getönt. Die kleinen Ereignisse verlaufen bei ihm stets unglücklich. So harmlos sie zu Beginn auch scheinen mögen, ziehen sie doch alles, was war und was nicht war, wie eine Sonne in ihr Gravitationsfeld. Für den Erzähler sind diese „heliozentrischen Formen des Unglücks” sogar die einzige Art von Geschichte, einer Geschichte, die nicht erlischt, sondern sich immer weiter fortsetzt, von Generation zu Generation, von Epoche zu Epoche. Sodass sie noch Jahrhunderte später ihre Strahlkraft entfalten kann, einerlei, ob es sich dabei um die Welt im Großen oder im Kleinen handelt. Das mag ein wenig nach dumpfer Schicksalsgläubigkeit klingen, Jergovic trägt diese Vorstellung jedoch ebenso ironisch vor wie viele der Erlebnisse und Gedanken seiner Figuren.
Kleine Straßenbelustigung
Überhaupt hat er die Perspektive seines Romans zwiespältig angelegt. Der Erzähler greift immer wieder wertend in die Geschichten ein, wobei er sich manchmal so nah an die Figuren anschmiegt, dass kaum mehr zu entscheiden ist, wer hier eigentlich spricht. Bisweilen entsteht der Eindruck, der Autor benutze die Figuren als bloße Sprachrohre seiner eigenen Meinungen, etwa wenn die Ereignisse von 1968 als „kleine Straßenbelustigung” gelangweilter Kinder abgetan werden. An solchen Stellen läuft der Roman Gefahr, gegen seinen Anspruch didaktisch zu sein. Das andere Problem, mit dem Jergovic zu kämpfen hat, ist ein allzu leichter Plauderton. Dieser führt nicht nur zu einer Heimeligkeit, die der Gebrochenheit des Buches entgegensteht, er verleitet den Sprechenden auch dazu, sich in den Geschichten unwichtiger Nebenfiguren zu verlieren.
Trotzdem kann der Roman überzeugen. Vielleicht wirkt die Kraft des Erzählens so anziehend, mit der Jergovic auch nach mancher Durststrecke wieder ein Gleichgewicht zwischen kleinem Ereignis und großer Historie, zwischen Einzelschicksal und Typologie findet. Und vielleicht stimmt ja, was die junge Regina einmal vermutet: „Geschichten, in denen alles glücklich endet, die kann man sich immer ausdenken. Schreckliche Geschichten sind wahr.” NICO BLEUTGE
MILJENKO JERGOVIC: Das Walnusshaus. Roman. Aus dem Kroatischen von Brigitte Döbert. Schöffling & Co. Verlag, Frankfurt am Main 2008. 613 Seiten, 24,90 Euro.
Miljenko Jergovic Foto: Igor Kelcec
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.03.2008

Ein einziges Gemetzel

Zuerst eine Warnung: Für Zartbesaitete ist dieser kroatische Buchschinken nichts; um so viel Gemetzel und zotige Sexualität zu ertragen, braucht es starke Nerven. Der Kroate Miljenko Jergovic feiert geradezu Orgien an Grausamkeit und Gewalt. Hundert Jahre Balkan, auf sechshundert Seiten im Zeitraffer vor und zurück eingefangen - dabei kommt man freilich ohne die Schrecken von Krieg und Zerstörung nicht aus. Und so sind es immer nur Atempausen, in denen es friedlich zugeht. Liebe flackert da nur heftig auf und verlöscht sofort wieder. Die Helden leben nicht lange und erleiden meistens einen grausigen Tod. Langlebig sind nur die alten Frauen. Deshalb ist das Titelbild mit der mädchenhaften Schönheit im weißen Spitzenkleid verfehlt, es weckt falsche Erwartungen. Jergovic, 1966 in Sarajevo geboren, wurde auch bei uns mit Gedichten und Erzählungen ("Himmel Comando") bekannt. Er lebt jetzt in Zagreb und ist politischer Kolumnist von kroatischen und bosnisch-hercegovinischen Zeitungen. Seine erzählerische Suada ist von überbordender Kraft, bilderreich und oft komisch oder sarkastisch. Allerdings, der rote Faden verliert sich immer wieder in diesen aneinandergereihten Anekdoten, die die Wirklichkeit bis zur Unkenntlichkeit übertreiben. Aber vielleicht ist nur so die Katastrophe eines schönen Landes zu beschreiben, dessen Bewohner mit List und Mühe ums Überleben kämpfen. Partisanen, Ustaschaleute, Spione, Kommunisten, Mörder, Opportunisten und Titos Getreue - am Ende fast alle tot, im Irrenhaus, oder sie haben sich in den Alkohol geflüchtet. Nur das hölzerne Mädchen, das der alte Schnitzer vor das Walnusshaus gestellt hat, scheint glücklich. (Miljenko Jergovic: "Das Walnusshaus". Roman. Aus dem Kroatischen übersetzt von Brigitte Döbert. Schöffling Verlag, Frankfurt am Main 2008. 613 S., geb., 24,90 [Euro].) m.f.

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Geradezu berauscht ist Andreas Breitenstein von diesem monumentalen Historienepos des jungen kroatischen Autors Miljenko Jergovic. Er stellt den 1966 geborenen Verfasser ganz begeistert sogar in eine Reihe mit Klassikern wie Alexander Tisma oder Ismail Kadare. Erzählt wird nicht weniger als eine Familiensaga, die sich um die 1905 geborene, 2002 gestorbene Regina Delavata dreht, die aber bis ins Jahr 1878 zurückreicht. Von Linearität aber gibt es in dem Roman keine Spur. Mit seinen vielen Zwischen- und Unterkapiteln, in vielen Ortswechseln vom eigentlichen Schauplatz Dubrovnik in die Hauptstädte Westeuropas, aber auch in balkanisches Bergland entfaltet Jergovic ein Epos aus Nebengeschichten, die freilich stets in pointiertem Bezug zur "großen Geschichte" stehen. Sein Augenmerk gilt den "Unpässlichen und Unbequemen" und sein Stil sei überaus wandlungsreich. Mühelos trifft, schwärmt Breitenstein, der Autor komische, vulgäre und auch tragische Töne in unterschiedlichster Nuancierung. Hier ist, versichert der Rezensent, ein "begnadeter Erzähler" zu entdecken. Sein entschiedener Rat: "Man mache sich glücklich mit der Lektüre dieses Buchs."

© Perlentaucher Medien GmbH
»DAS WALNUSSHAUS zeichnet sich durch eine ungeheure Kreativität und einen Lebenswillen aus, der elektrisiert. Meisterhaft erzählt Jergovic die Lebens- und Liebesgeschichten mehrerer Generationen.«Brigitte»Jergovic ist der Márquez Europas. Das ist historische Belletristik vom Feinsten.«Wienerin»Was für ein raffiniertes Monstrum von einem Roman! Jergovic ist ein begnadeter Erzähler, der schicksalhafte Momente emotional aufzuladen vermag, ohne ins Pathos abzugleiten.«Tagesspiegel