Die schüchterne Greer Kadetsky ist noch nicht lange auf dem College, als sie der Frau begegnet, die ihr Leben für immer verändern soll: Faith Frank. Die charismatische Dreiundsechzigjährige ist eine Schlüsselfigur der Frauenbewegung, unerschrocken, schlagfertig und kämpferisch. Durch die Begegnung mit Faith Frank bricht etwas in Greer auf. Zwar liebt sie ihren Freund Cory und freut sich auf die gemeinsame Zukunft, doch beginnt sie sich zu fragen: Wer bin ich, und wer will ich sein?Jahre später, Greer hat den Abschluss hinter sich, geschieht, wovon sie nie zu träumen gewagt hätte. Faith lädt sie zu einem Vorstellungsgespräch nach New York ein und führt Greer damit auf den abenteuerlichsten Weg ihres Lebens: einen verschlungenen, steinigen Weg, letztlich den Weg zu sich selbst.Mal mit funkelndem Witz, mal tief berührend und stets mit großer Empathie erzählt Meg Wolitzer von Macht in all ihren Facetten, von Feminismus, Liebe und Loyalität und erweist sich als hellwache Beobachterin unserer Zeit.
buecher-magazin.deWie können Menschen zusammenleben? Miteinander, nebeneinander, füreinander. Frei und gleichberechtigt. Darum geht es in diesem Buch - und weil diese Frage untrennbar mit dem Feminismus verbunden ist, dient dieser als erzählerischer Rahmen. Die junge Studentin Greer Kadetzky, übersprudelnd vor Ideen, steht sich mit ihrer schüchternen Art selbst im Weg. Es fällt ihr schwer, ihre Stimme nach außen erklingen zu lassen. Die Begegnung mit Faith Frank, einer Ikone der Frauenbewegung, verändert ihr Leben. Jahre später beginnt sie in der Stiftung ihres großen Vorbilds ihren ersten Job. Lesend verfolgt man Greers Entwicklung und kommt ihr dabei sehr nahe. Zutiefst Menschliches, Irrungen und fatale Fehler werden nicht ausgespart. Es schmerzt zu lesen, wie Greer einen Verrat an ihrer besten Freundin Zee begeht und wie sie ihre große Liebe verliert. Und ausgerechnet der Moment, an dem Faith Frank von ihrem Podest stürzt, ist der, an dem Greer wirklich beginnt, ihren eigenen Weg zu gehen. Nichts ist simpel in diesem Buch, schon gar nicht das Leben, das den Idealen meist hinterherhinkt. Auch, wenn sich nicht alles erfüllt, was sich die Figuren erträumen und wofür sie kämpfen, vereint sie doch eines: der Wunsch nach einem Sinn, nach Gerechtigkeit, nach Aufrichtigkeit. Und das ist so schön!
© BÜCHERmagazin, Katharina Manzke
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Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension
Rezensent Peter Praschl hat Meg Wolitzers Roman "Das weibliche Prinzip" offenbar gern gelesen, denn er bedauert die Männer, die sich an feministische Themen nicht herantrauen. Hier wird die Geschichte der strebsamen Greer Kadetsky erzählt, die sich von einer in sich gekehrten Studentin zu einer feministischen Erfolgsautorin mausert, resümiert er. Weil für seine Hauptfigur alles so glatt läuft - in Praschls Augen erlebt sie die "feministische Superkarriere" - und der Roman seiner Meinung nach voller Selbstermächtigungsbotschaften steckt, ist Praschl nicht sicher, ob er ihn als Satire oder als besonders warmherzige Solidarisierungsliteratur lesen soll, beides ist ihm möglich. Dass "Das weibliche Prinzip" ihm keine Eindeutigkeit bietet, hält er für einen der großen Vorzüge des Romans.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.08.2018DIE FLECKEN IN DER PROSA
"Das weibliche Prinzip" handelt, anscheinend, vom Feminismus, aber leider hat sich Meg Wolitzer auch vorgenommen, den Großen Amerikanischen Roman zu schreiben
Es war heiß, sehr heiß sogar, als ich im Garten saß und Meg Wolitzers "Das weibliche Prinzip" zu lesen versuchte, das Lesen strengte mich ungeheuer an, und so legte ich alle zehn, fünfzehn Seiten das Buch auf den Rasen, der grün war, sich aber bald braungelb färben würde, und starrte auf die Hortensien, deren Rispen, ermattet von der hohen Temperatur, es nicht mehr schafften, so weiß zu leuchten, wie das Hortensienrispen eigentlich tun. Sie brachten nur ein mattes Hellgrün hervor, wie Avocadocreme ohne Senf, dachte ich, und über dem Stab, der die Hortensienstengel stützte, stand ein libellenartiges Insekt in der Luft, wie ein Helikopter über dem Dach eines New Yorker Wolkenkratzers.
Wolken waren keine zu sehen, obwohl die Wetter-App ein paar Regenschauer versprochen hatte. Dauernd musste ich auf diese App schauen, und weil sich da nichts bewegte, stellte ich mir vor, dass bald jemand eine Creative-Writing-App erfinden müsste, für Romane wie diesen hier. Man gäbe ein paar nüchterne Daten ein, Personen, Schauplatz, Tageszeit, schilderte kurz den Konflikt, der hier verhandelt würde, und die App fände dann ein paar schöne, literarisch klingende Vergleiche, wählte die Worte nach deren Nachdenklichkeits- und Sensibilitätsfaktor aus, und dann hätte die Szene gleich doppelt so viele Seiten und wäre echte Literatur. Man müsste diese App "Muse" nennen, dachte ich, aber Meg Wolitzer würde das sicher nicht gut finden, fiel mir dann ein, weil so ein Name ja nur die alten Geschlechterrollen fortschreiben würde.
Nein, Meg Wolitzers "Das weibliche Prinzip" ist kein satirischer Roman, welcher, indem er den Stil bis zur Kenntlichkeit übertriebe, sich über das Jonathan-Franzen-hafte, Creative-Writing-geschulte Schönschreibertum, das sich selber als Krönung der amerikanischen Literatur versteht, lustig machte - auch wenn er alle paar Seiten so klingt. Meg Wolitzer meint es ernst, sie nimmt sich selbst, ihre Figuren, deren Sprache und Geschichte absolut ernst; sie hat ein dickes Buch von fast fünfhundert Seiten (in der deutschen Übersetzung) hingelegt - und damit gleich mal klar wird, was der Anspruch ist, hat der Verlag, wie man in den Rezensionen lesen kann, den Rezensenten zu den Rezensionsexemplaren, quasi als Gebrauchsanleitung, einen Aufsatz Meg Wolitzers aus der "New York Times" beigelegt, in welchem die Autorin alles, was semantische, literarische oder soziale Verwandtschaft zum Begriff der "Frauenliteratur" hat, zurückweist.
Es geht hier um nicht weniger als "The Great American Novel", einen Roman also, dem es gelänge, seine Gegenwart (und deren Vorgeschichte) mit all ihren materiellen und geistigen Konflikten zu einer Erzählung zu formen. Dass man, als Rezensent, aber das Wort vom Großen Amerikanischen Roman, trotz "Moby Dick" und "Gravity's Rainbow", allenfalls ironisch verwenden möchte, liegt daran, dass so vieles, das man liebt und bewundert an der amerikanischen Literatur und das man immer wieder lesen muss, in eher schlanken Büchern steht. Den "Großen Gatsby", nur zum Beispiel, müsste man in sehr großen Buchstaben setzen, damit er vierhundert Seiten füllte.
Und wenn jetzt eine oder einer von dem Verdacht gepackt wird, dass das alles nur vorgeschobene Gründe seien; dass hier ein männlicher Rezensent von männlichen Autoren vor allem deshalb spricht, damit die Herren unter sich bleiben können und Meg Wolitzer nur der Zugang zum Club verwehrt bleibt - dann darf man sich als diese Person gerne Joan Didion vorstellen und sich fragen, ob die in Gelächter oder in Tränen ausbricht, wenn sie Sätze wie diese hier liest: "Ihre Nase war absolut in Ordnung, aber Greer wusste, dass diese für immer ein Teil ihres Blickes auf die Welt sein würde. Greer hatte damals kapiert, dass man weder dem eigenen Körper entrinnen konnte noch der Art, auf die man sich selbst wahrnahm."
Es geht, anscheinend, um den Feminismus, um die Bewegung und um deren Geschichte. Das Buch erzählt von Greer Kadetsky, einer jungen, etwas spröden, aber extrem ehrgeizigen jungen Frau, die am College ziemlich übel sexuell belästigt wird. Und die daraufhin zur Aktivistin wird. Es erzählt von Zee Eisenstat, der besten Freundin, die von Greer, weil die nach oben kommen will, verraten wird. Und es erzählt von Faith Frank, der Veteranin der Bewegung, einer charismatischen Anführerin, die erst Greers Mentorin und später Greers Gegenspielerin wird. Das sogenannte Projekt, bei dem Greer einsteigt und sich nach oben arbeitet, eine Mischung aus Thinktank und NGO zur Fortbildung und Förderung von Frauen, ist eigentlich nicht der Rede wert. Ein geübter Lektor brauchte nur ein paar Begriffe auszutauschen, und es wäre eine Softwarefirma oder ein Hightech-Unternehmen (die ja auch die Welt ein bisschen besser machen wollen).
Das spricht nicht unbedingt gegen die Autorin - Meg Wolitzers literarisch-feministisches Projekt scheint eher auf die Inversion der üblichen Rollen hinauszulaufen. Sie erzählt weniger die Geschichte des Feminismus (auch wenn sie, in einer Rückblende auf Faith' Lebensweg alle Stationen der Bewegung quasi im Zeitraffer passieren lässt), sie erzählt vor allem von der Macht, von Verrat, Freundschaft, Loyalität und vom Sex, der da immer dazugehört. Und die Pointe ist eben, dass die Mächtigen, die Verräter, die schuldig Gewordenen allesamt Frauen sind, während die Männer, wenn sie kurz aus dem Hintergrund heraustreten, erst mal auf ihre sexuelle Attraktivität hin geprüft werden von diesem Text. Was, für den männlichen Leser jedenfalls, den irritierenden und letztlich produktiven Effekt hat, dass man nicht genau sagen kann, woran es liegt, dass all die Machtkämpfe, der Verrat, die Konflikte dann doch nicht mit äußerster Härte und Konsequenz ausgetragen werden; dass da nirgends ein Abgrund ist, höchstens ein Aufzug, der ein paar Stockwerke nach unten fährt. Will Meg Wolitzer uns damit sagen, dass genau das der Unterschied ist, wenn man diese Rollen mit Frauen besetzt; dass Frauen sich also weigern, so aggressiv wie Männer zu kämpfen? Oder liegt es daran, dass es der Autorin an Entschlossenheit fehlt?
Dass man zur zweiten Hypothese tendiert, liegt nicht nur an der Sprache dieses Romans, an diesem scheinpoetischen und pseudonachdenklichen Stil, der immer wieder Sätze wie diesen hier hervorbringt: "Offenbar gab es zig Möglichkeiten, das zu finden, was man schließlich machte, und zu der Person zu werden, die man am Ende war." Es liegt nicht nur an der Redundanz, die nötig war, damit der Roman auf Great-American-Novel-hafte fünfhundert Seiten kam. In manchen Kapiteln stellt sich Greer erst einmal vor, was sie gleich tun wird. Dann tut sie es. Und dann stellt sie sich vor, wie sie ihrem Freund berichten wird, was sie gerade getan hat.
Es liegt aber vor allem daran, wie Meg Wolitzer ihren Anspruch an die Ästhetik der Werbung und des Fernsehfilms verrät. Alle, wirklich alle Frauen, die überhaupt eine Rolle spielen, sehen hübsch und interessant aus, attraktiv fürs eigene oder das andere Geschlecht, mit kleinen Normabweichungen, welche die Individualität akzentuieren. Alle Männer, die ihnen näherkommen, sehen sehr gut aus, riechen gut, reden von interessanten Dingen. Und wenn es zum Sex kommt, dann ist er nichts als Glück, Gelingen, Lust. Selbst die Szene, in welcher Zee, die lieber Frauen mag, von einem verliebten Jungen angefleht und bedrängt wird, worauf sie, weil sie ihn mag, ihm Erleichterung verschafft, hinterlässt keine Flecken in dieser Prosa.
Und insofern ist es keine ganz schlechte Nachricht, wenn jetzt berichtet wird, Nicole Kidman habe die Rechte gekauft; demnächst werde das Buch in Hollywood verfilmt. Die Metaphern und der Creative-Writing-Kitsch bleiben für Kameras unsichtbar. Und wenn echte Menschen diese Charaktere verkörpern, können die nur gewinnen.
CLAUDIUS SEIDL.
Meg Wolitzer: "Das weibliche Prinzip". Dumont, 496 Seiten, 24 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Das weibliche Prinzip" handelt, anscheinend, vom Feminismus, aber leider hat sich Meg Wolitzer auch vorgenommen, den Großen Amerikanischen Roman zu schreiben
Es war heiß, sehr heiß sogar, als ich im Garten saß und Meg Wolitzers "Das weibliche Prinzip" zu lesen versuchte, das Lesen strengte mich ungeheuer an, und so legte ich alle zehn, fünfzehn Seiten das Buch auf den Rasen, der grün war, sich aber bald braungelb färben würde, und starrte auf die Hortensien, deren Rispen, ermattet von der hohen Temperatur, es nicht mehr schafften, so weiß zu leuchten, wie das Hortensienrispen eigentlich tun. Sie brachten nur ein mattes Hellgrün hervor, wie Avocadocreme ohne Senf, dachte ich, und über dem Stab, der die Hortensienstengel stützte, stand ein libellenartiges Insekt in der Luft, wie ein Helikopter über dem Dach eines New Yorker Wolkenkratzers.
Wolken waren keine zu sehen, obwohl die Wetter-App ein paar Regenschauer versprochen hatte. Dauernd musste ich auf diese App schauen, und weil sich da nichts bewegte, stellte ich mir vor, dass bald jemand eine Creative-Writing-App erfinden müsste, für Romane wie diesen hier. Man gäbe ein paar nüchterne Daten ein, Personen, Schauplatz, Tageszeit, schilderte kurz den Konflikt, der hier verhandelt würde, und die App fände dann ein paar schöne, literarisch klingende Vergleiche, wählte die Worte nach deren Nachdenklichkeits- und Sensibilitätsfaktor aus, und dann hätte die Szene gleich doppelt so viele Seiten und wäre echte Literatur. Man müsste diese App "Muse" nennen, dachte ich, aber Meg Wolitzer würde das sicher nicht gut finden, fiel mir dann ein, weil so ein Name ja nur die alten Geschlechterrollen fortschreiben würde.
Nein, Meg Wolitzers "Das weibliche Prinzip" ist kein satirischer Roman, welcher, indem er den Stil bis zur Kenntlichkeit übertriebe, sich über das Jonathan-Franzen-hafte, Creative-Writing-geschulte Schönschreibertum, das sich selber als Krönung der amerikanischen Literatur versteht, lustig machte - auch wenn er alle paar Seiten so klingt. Meg Wolitzer meint es ernst, sie nimmt sich selbst, ihre Figuren, deren Sprache und Geschichte absolut ernst; sie hat ein dickes Buch von fast fünfhundert Seiten (in der deutschen Übersetzung) hingelegt - und damit gleich mal klar wird, was der Anspruch ist, hat der Verlag, wie man in den Rezensionen lesen kann, den Rezensenten zu den Rezensionsexemplaren, quasi als Gebrauchsanleitung, einen Aufsatz Meg Wolitzers aus der "New York Times" beigelegt, in welchem die Autorin alles, was semantische, literarische oder soziale Verwandtschaft zum Begriff der "Frauenliteratur" hat, zurückweist.
Es geht hier um nicht weniger als "The Great American Novel", einen Roman also, dem es gelänge, seine Gegenwart (und deren Vorgeschichte) mit all ihren materiellen und geistigen Konflikten zu einer Erzählung zu formen. Dass man, als Rezensent, aber das Wort vom Großen Amerikanischen Roman, trotz "Moby Dick" und "Gravity's Rainbow", allenfalls ironisch verwenden möchte, liegt daran, dass so vieles, das man liebt und bewundert an der amerikanischen Literatur und das man immer wieder lesen muss, in eher schlanken Büchern steht. Den "Großen Gatsby", nur zum Beispiel, müsste man in sehr großen Buchstaben setzen, damit er vierhundert Seiten füllte.
Und wenn jetzt eine oder einer von dem Verdacht gepackt wird, dass das alles nur vorgeschobene Gründe seien; dass hier ein männlicher Rezensent von männlichen Autoren vor allem deshalb spricht, damit die Herren unter sich bleiben können und Meg Wolitzer nur der Zugang zum Club verwehrt bleibt - dann darf man sich als diese Person gerne Joan Didion vorstellen und sich fragen, ob die in Gelächter oder in Tränen ausbricht, wenn sie Sätze wie diese hier liest: "Ihre Nase war absolut in Ordnung, aber Greer wusste, dass diese für immer ein Teil ihres Blickes auf die Welt sein würde. Greer hatte damals kapiert, dass man weder dem eigenen Körper entrinnen konnte noch der Art, auf die man sich selbst wahrnahm."
Es geht, anscheinend, um den Feminismus, um die Bewegung und um deren Geschichte. Das Buch erzählt von Greer Kadetsky, einer jungen, etwas spröden, aber extrem ehrgeizigen jungen Frau, die am College ziemlich übel sexuell belästigt wird. Und die daraufhin zur Aktivistin wird. Es erzählt von Zee Eisenstat, der besten Freundin, die von Greer, weil die nach oben kommen will, verraten wird. Und es erzählt von Faith Frank, der Veteranin der Bewegung, einer charismatischen Anführerin, die erst Greers Mentorin und später Greers Gegenspielerin wird. Das sogenannte Projekt, bei dem Greer einsteigt und sich nach oben arbeitet, eine Mischung aus Thinktank und NGO zur Fortbildung und Förderung von Frauen, ist eigentlich nicht der Rede wert. Ein geübter Lektor brauchte nur ein paar Begriffe auszutauschen, und es wäre eine Softwarefirma oder ein Hightech-Unternehmen (die ja auch die Welt ein bisschen besser machen wollen).
Das spricht nicht unbedingt gegen die Autorin - Meg Wolitzers literarisch-feministisches Projekt scheint eher auf die Inversion der üblichen Rollen hinauszulaufen. Sie erzählt weniger die Geschichte des Feminismus (auch wenn sie, in einer Rückblende auf Faith' Lebensweg alle Stationen der Bewegung quasi im Zeitraffer passieren lässt), sie erzählt vor allem von der Macht, von Verrat, Freundschaft, Loyalität und vom Sex, der da immer dazugehört. Und die Pointe ist eben, dass die Mächtigen, die Verräter, die schuldig Gewordenen allesamt Frauen sind, während die Männer, wenn sie kurz aus dem Hintergrund heraustreten, erst mal auf ihre sexuelle Attraktivität hin geprüft werden von diesem Text. Was, für den männlichen Leser jedenfalls, den irritierenden und letztlich produktiven Effekt hat, dass man nicht genau sagen kann, woran es liegt, dass all die Machtkämpfe, der Verrat, die Konflikte dann doch nicht mit äußerster Härte und Konsequenz ausgetragen werden; dass da nirgends ein Abgrund ist, höchstens ein Aufzug, der ein paar Stockwerke nach unten fährt. Will Meg Wolitzer uns damit sagen, dass genau das der Unterschied ist, wenn man diese Rollen mit Frauen besetzt; dass Frauen sich also weigern, so aggressiv wie Männer zu kämpfen? Oder liegt es daran, dass es der Autorin an Entschlossenheit fehlt?
Dass man zur zweiten Hypothese tendiert, liegt nicht nur an der Sprache dieses Romans, an diesem scheinpoetischen und pseudonachdenklichen Stil, der immer wieder Sätze wie diesen hier hervorbringt: "Offenbar gab es zig Möglichkeiten, das zu finden, was man schließlich machte, und zu der Person zu werden, die man am Ende war." Es liegt nicht nur an der Redundanz, die nötig war, damit der Roman auf Great-American-Novel-hafte fünfhundert Seiten kam. In manchen Kapiteln stellt sich Greer erst einmal vor, was sie gleich tun wird. Dann tut sie es. Und dann stellt sie sich vor, wie sie ihrem Freund berichten wird, was sie gerade getan hat.
Es liegt aber vor allem daran, wie Meg Wolitzer ihren Anspruch an die Ästhetik der Werbung und des Fernsehfilms verrät. Alle, wirklich alle Frauen, die überhaupt eine Rolle spielen, sehen hübsch und interessant aus, attraktiv fürs eigene oder das andere Geschlecht, mit kleinen Normabweichungen, welche die Individualität akzentuieren. Alle Männer, die ihnen näherkommen, sehen sehr gut aus, riechen gut, reden von interessanten Dingen. Und wenn es zum Sex kommt, dann ist er nichts als Glück, Gelingen, Lust. Selbst die Szene, in welcher Zee, die lieber Frauen mag, von einem verliebten Jungen angefleht und bedrängt wird, worauf sie, weil sie ihn mag, ihm Erleichterung verschafft, hinterlässt keine Flecken in dieser Prosa.
Und insofern ist es keine ganz schlechte Nachricht, wenn jetzt berichtet wird, Nicole Kidman habe die Rechte gekauft; demnächst werde das Buch in Hollywood verfilmt. Die Metaphern und der Creative-Writing-Kitsch bleiben für Kameras unsichtbar. Und wenn echte Menschen diese Charaktere verkörpern, können die nur gewinnen.
CLAUDIUS SEIDL.
Meg Wolitzer: "Das weibliche Prinzip". Dumont, 496 Seiten, 24 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Schriftstellerin Meg Wolitzer schrieb den Roman zur #MeToo-Ära.« Maren Keller, DER SPIEGEL »Jeder Mann, beziehungsweise jedermann, sollte es lesen.« Christian Bos, FRANKFURTER RUNDSCHAU »Sie [hat] es wieder getan: einen hinreißenden Roman über den Kram geschrieben, von dem es heißt, er würde Männer nicht interessieren. [...]« Peter Praschl, LITERARISCHE WELT »Es ist ein sanfter Roman. Er fließt angenehm dahin, sympathisch und hochprofessionell erzählt [...]ein klug erzählter Rückblick auf einen langen Weg, dessen Ende nicht abzusehen ist.« Gabriele von Arnim, DLF KULTUR »'Das weibliche Prinzip' ist ein Schmöker der Spitzenklasse, eine typische Great American Novel, die einen von der ersten Seite an packt und, die nie ins Dogmatische abdriftet.« Luzia Stettler, SRF 52 Beste Bücher »Meg Wolitzer schreibt wunderbar, humorvoll und klug als Frau, aber vor allem als Mensch.« Katja Lückert, NDR Kultur [Wolitzer] schreibt klug über Macht und Solidarität, über Beziehungen und Selbstfindung.« Judith Liere, STERN »Meg Wolitzer hat die Fähigkeit, glaubwürdige Figuren zu schaffen, die nicht schlauer, aber auch nicht dümmer sind als das Leben. Man könnte sagen, 'Das weibliche Prinzip' sei der Roman der Stunde, es ist allerdings keine Modeerscheinung, dass Frauen Opfer männlicher Gewalt werden.« Maik Brüggemeyer, ROLLING STONE »Ein Buch des Jahres: Wolitzers Roman erzählt von einem halben Jahrhundert Feminismus, von Verrat und Verletzungen, von Macht, Idealen und Enttäuschungen.« KIELER NACHRICHTEN »Es geht um die großen Dinge des Lebens - Liebe, Loyalität, Feminismus - und es ist eindeutig ein Turnpager, denn die Autorin schreibt mit Witz und Empathie.« Sabine Oelmann, N-TV.DE »Meg Wolitzer hat das Buch der Stunde geschrieben.« Anne-Sophie Scholl, SCHWEIZ AM WOCHENENDE »'Das weibliche Prinzip' ist Bildungsroman, Feminismuskritik und zugleich Plädoyer für einen neuen Feminismus.« Petra Kohse, BERLINER ZEITUNG »In diesem Roman geht es nicht darum, Feminismus zu erklären. Es geht darum, dass die Personen, denen du begegnest, dich verändern können.« Elena Berchermeier, FRANKFURTER RUNDSCHAU »Man möchte [den Roman] einer fast erwachsenen Tochter zum Lesen geben.« Mia Eidlhuber, DER STANDARD »Der Roman [besitzt] neben seinem subtilen Humor eine raffiniert vorbereitete Pointe.« Thomas Linden, KÖLNISCHE RUNDSCHAU »Ein zutiefst komischer, aber noch mehr bewegender Roman über Kämpfe und Hoffnungen, über Freundschaft und Verrat.« Mithu Sanyal, WDR 5 »Wolitzer schreibt fesselnd und mit viel Empathie für ihre Figuren. Entstanden ist ein kluger Roman über den Feminismus und den immer noch wichtigen, häufig schwierigen Kampf für Frauenrechte und Gleichberechtigung.« Elisabeth Langohr, RUHR NACHRICHTEN »[Ein] mehr als geglückte[r] Roman.« Christina Rauch, BUCH AKTUELL »Was Meg Wolitzer richtig gut kann, ist amerikanische Milieus zeichnen.« Anja Brockert, SWR 2 LESENSWERT »Meg Wolitzer spürt genau die Details auf, die die feinen Unterschiede ausmachen.« Katharina Borchardt, SWR 2 LESENSWERT »Wolitzer gelingt es, das doppelte Tabuthema von weiblichem wie auch feministischem Machtstreben anhand glaubhafter Charaktere zu vermitteln.« Sonja Eismann, MISSY MAGAZIN »Die Beziehungen, [...] sind wunderbar beschrieben und so schafft Meg Wolitzer Charaktere, die wir lieb gewinnen.« Ariane Wick, HR 2 KULTUR »Was Wolitzer immer wieder fantastisch gelingt, ist Figuren und Welten zu erschaffen, die real und überzeugend sind.« Jörg Petzold, FLUX FM »Mit ihrem eigenen Schreiben zeigt [Meg Wolitzter], dass die 'Great American Novel' keine Männersache ist.« Jana Volkmann, BUCHKULTUR »Ihre Bücher sind ruhige, intelligente Langzeitbetrachtungen von Menschen und ihrer Art, sich in der Welt zu bewegen.« Nina Berendonk, DONNA »Ein kluger, komplexer Roman darüber, was Feminismus heute sein kann.« Saskia Stöcker, FREUNDIN »ein sommerlich leichter Zugang zum Thema Feminismus und was er für Frauen bedeuten kann.« Christina Traar, KLEINE ZEITUNG »ein wohltuender Roman, eine Bestätigung für Frauen, die etwas bewegen wollen, dass das der richtige Weg ist.« Britta Bode, BERLINER MORGENPOST »[Wolitzer] steuert einen sympathischen, warmherzigen und selbstkritischen Beitrag zur Geschlechterdebatte bei. Lesenswert - auch für Männer, die der Titel vielleicht ein wenig abschrecken mag.« Franziska Trost, KRONEN ZEITUNG »Die Stärke der amerikanischen Autorin ist es, Zeiten und Welten heraufzubeschwören. Wolitzer beschreibt Charaktere so, dass man meint, sie wären Freunde.« Sara Schausberger, FALTER »Sie hat die große Fähigkeit, auch wenn er nur am Rande auftritt, jeden Menschen als ganzen darzustellen.« David Eisermann, WDR 3 Mosaik »Auch wenn es der Titel auf den ersten Blick nicht vermuten lässt, stellt 'Das weibliche Prinzip' einmal mehr den Beweis an, dass in einem Stück Literatur oft mehr Wahrheit steckt als in der Wirklichkeit.« Bettina Baltschev, MDR KULTUR »Wir alten weißen Männer müssen lernen zu verstehen, was da passiert. Und uns darüber freuen, dass die Frauen übernehmen. Nun auch mit diesem Buch« Ulf Poschardt, LITERARISCHE WELT »Zum einen ist 'Das weibliche Prinzip' einfach ein sehr guter Roman, zum anderen schreibt Meg Wolitzer hier eben gerade nicht über vorgeblich 'kleine' Themen, sondern stellt die Machtfrage. Feminismus bedeutet, dass Frauen 'ein faires und gutes Leben' wollen. Das wird einem nicht einfach geschenkt.« Christian Bos, KÖLNER STADT-ANZEIGER »[das Buch] ist klug durchdacht und komponiert, es wandert in der Zeit, ohne jedoch seine Leserschaft zu verwirren. Es ist eindringlich, ohne aufdringlich zu wirken.« Heidi Ossenberg, BADISCHE ZEITUNG »Meg Wolitzer ist in 'Das weibliche Prinzip' wieder witzig, empathisch und frauensolidarisch, dass es einfach nur Spaß macht.« Barbara Meixner, BUCHMARKT »Wenn Meg Wolitzer eine Emanzipationsgeschichte erzählt, dann ist das in erster Linie auch glänzende Unterhaltung.« Meike Schnitzler, BRIGITTE »Lesen, weil ... das literarische Frauenpower ist.« COSMOPOLITAN »Dieses Buch ist keine simple Erklärung unserer Zeit, es geht um Macht und Emanzipation, um Liebe und Freundschaft und ums Erwachsenwerden.« Miriam Böndel, EMOTION »Wolitzer zeichnet ihre Heldinnen mit feinstem feministisch-literarischem Pinselstrich.« Martina Koch, Glamour »Ein großartiger Roman über die Schwierigkeiten moderner Frauen, feministische Ideale mit dem Leben und der Liebe in Einklang zu bringen.« Lisa Goldmann, MADAME »Ein kluger, komplexer Roman darüber, was Feminismus heute sein kann.« Günther Keil, PLAYBOY »Wolitzer hat zwei wesentliche Fähigkeiten: Sie schafft Figuren, denen man gerne folgt, und stellt diese in Konstellationen, aus denen sich viel über den Zustand der Gesellschaft - zumindest ihres gebildeten, bürgerlichen Teils - ablesen lässt. Das ist deutlich mehr, als die meisten Romane schaffen.« Harald Ries, WESTFALEN POST »Der Roman ist unterhaltsam, humorvoll, klug konstruiert und hintergründig, aber vor allem wahrhaftig ohne überheblich zu sein.« Tanja Ochs, HEILBRONNER STIMME