Das Weimarer Residenzschloß war nicht nur der Wohnsitz von Herzogin Anna Amalia. 1617 wurde hier die "Fruchtbringende Gesellschaft zu Reinigung der deutschen Sprache" gegründet; in der Schloßkapelle, "Himmelsburg" genannt, war Johann Sebastian Bach an der Orgel zu hören; Goethe versuchte beim Wiederaufbau des Ostflügels, sein in Italien entwickeltes Architekturideal zu verwirklichen. Im 20. Jahrhundert tagten die Abgeordneten der Weimarer Republik im Schloß. Annette Seemann schildert seine wechselvolle Geschichte vom Mittelalter an bis heute.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.02.2010Gedächtnisräume
Carl August als siegreicher Kriegsheld sowie Förderer der Wissenschaften und Künste, Herzogin Louise als Landesmutter in Gestalt der Demeter, Goethe als Apoll - so erzkonservativ dieses Bildprogramm, mehr als zehn Jahre nach der Französischen Revolution geschaffen, in seiner politischen Ikonographie auch sein mag, ästhetisch war es hochaktuell. Ausgeführt in Form von Statuen und Reliefs in streng antikischer Anmutung, brach sich im östlichen Treppenhaus des Weimarer Schlosses jener Klassizismus Bahn, den nicht zuletzt Goethe seit seiner Italienreise entschieden propagierte. Goethe spielt überhaupt eine Schlüsselrolle in Annette Seemanns Skizzierung der Geschichte des Schlosses. Von seiner Ankunft in Weimar an bis kurz vor seinem Tod kümmerte er sich unermüdlich um Bau und Ausgestaltung des Schlosses, das seit dem Brand von 1774 lange Zeit nur als pittoreske Ruine existierte. Und wenige Jahre nach seinem Tod begann auch dort jene Phase der Erinnerung an die klassische Zeit, die unter Federführung von Maria Pawlowna zur Errichtung von Gedächtnisräumen für Schiller, Wieland, Herder und natürlich Goethe führte. Weitere Epochen der Bau- und Nutzungsgeschichte, von den Anfängen als Renaissanceschloss bis zur Beherbergung Friedrich Eberts im Anfangsjahr der Weimarer Republik, handelt Annette Seemann stets kundig, wenngleich häufig kursorisch ab. Und als besonderen Leckerbissen gibt es ausgewählte Speisefolgen, die zu verschiedenen Zeiten im Schloss aufgetragen wurden. Bon appétit! (Annette Seemann: "Das Weimarer Residenzschloss". Insel Verlag, Frankfurt am Main 2009. 123 S., geb., 12,80 [Euro].) meis
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Carl August als siegreicher Kriegsheld sowie Förderer der Wissenschaften und Künste, Herzogin Louise als Landesmutter in Gestalt der Demeter, Goethe als Apoll - so erzkonservativ dieses Bildprogramm, mehr als zehn Jahre nach der Französischen Revolution geschaffen, in seiner politischen Ikonographie auch sein mag, ästhetisch war es hochaktuell. Ausgeführt in Form von Statuen und Reliefs in streng antikischer Anmutung, brach sich im östlichen Treppenhaus des Weimarer Schlosses jener Klassizismus Bahn, den nicht zuletzt Goethe seit seiner Italienreise entschieden propagierte. Goethe spielt überhaupt eine Schlüsselrolle in Annette Seemanns Skizzierung der Geschichte des Schlosses. Von seiner Ankunft in Weimar an bis kurz vor seinem Tod kümmerte er sich unermüdlich um Bau und Ausgestaltung des Schlosses, das seit dem Brand von 1774 lange Zeit nur als pittoreske Ruine existierte. Und wenige Jahre nach seinem Tod begann auch dort jene Phase der Erinnerung an die klassische Zeit, die unter Federführung von Maria Pawlowna zur Errichtung von Gedächtnisräumen für Schiller, Wieland, Herder und natürlich Goethe führte. Weitere Epochen der Bau- und Nutzungsgeschichte, von den Anfängen als Renaissanceschloss bis zur Beherbergung Friedrich Eberts im Anfangsjahr der Weimarer Republik, handelt Annette Seemann stets kundig, wenngleich häufig kursorisch ab. Und als besonderen Leckerbissen gibt es ausgewählte Speisefolgen, die zu verschiedenen Zeiten im Schloss aufgetragen wurden. Bon appétit! (Annette Seemann: "Das Weimarer Residenzschloss". Insel Verlag, Frankfurt am Main 2009. 123 S., geb., 12,80 [Euro].) meis
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