Das World Wide Web ist zu einem Medium nicht nur der Kommunikation, sondern auch der Information und Wissensaneignung geworden. Kollektiv erstellte Netzinhalte - User Generated Content - werden heute immer selbstverständlicher als Wissensquelle herangezogen.
Plattformen wie »Wikipedia« kommen dem wachsenden Bedürfnis nach aktueller, rasch zugänglicher Information offenbar besonders entgegen. Weniger wichtig scheinen hingegen Objektivität und Verlässlichkeit der dort zu findenden Wissensinhalte. Stehen wir am Beginn eines kulturellen Wandels, der den gesellschaftlichen Umgang mit Wissen und Wissensprodukten grundlegend verändern wird?
Der Band widmet sich gezielt dieser Frage nach dem wissenskulturreformerischen Potential des Internet und liefert zudem eine allgemeine theoretische Modellierung wissenskultureller Wandlungsprozesse. Ein systematischer Beitrag zur aktuellen Auseinandersetzung um die kulturelle Relevanz dieses neuen Leitmediums.
Plattformen wie »Wikipedia« kommen dem wachsenden Bedürfnis nach aktueller, rasch zugänglicher Information offenbar besonders entgegen. Weniger wichtig scheinen hingegen Objektivität und Verlässlichkeit der dort zu findenden Wissensinhalte. Stehen wir am Beginn eines kulturellen Wandels, der den gesellschaftlichen Umgang mit Wissen und Wissensprodukten grundlegend verändern wird?
Der Band widmet sich gezielt dieser Frage nach dem wissenskulturreformerischen Potential des Internet und liefert zudem eine allgemeine theoretische Modellierung wissenskultureller Wandlungsprozesse. Ein systematischer Beitrag zur aktuellen Auseinandersetzung um die kulturelle Relevanz dieses neuen Leitmediums.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.01.2011Digitale Apokalyptik
Jedes Medium prägt eine Weltsicht und einen Wahrheitsbegriff. Die Buchkultur steht für das Streben nach objektivem Wissen, erzeugt in einem geregelten hierarchischen Prozess. Das Internet löst dieses Verfahren in einen diffusen Kollektivprozess auf, in dem die Grenzen zwischen Experten und Laien vielerorts fallen und sich das Gefühl ständiger Vorläufigkeit des Wissens verstärkt. Die Folge ist ein sehr subjektiv gefärbter Blick auf die Wirklichkeit und ein gemäßigter Objektivitätsanspruch. Was allgemein unter Wahrheit verstanden wird, lehnt sich dichter an Gebrauchskriterien und die Mehrheitsmeinung an. Dieses Szenario erscheint realistisch. Wer den pauschalen Ausführungen Daniela Pscheidas zum digitalen Wandel der Wissenskultur folgt, muss jedoch zu dem Schluss kommen, dass alle Vernunft in der Passage zum Digitalen restlos von einem Sumpf dumpfen Meinens aufgesogen wird. Die Wissenschaft gibt demnach ihre Standards von Professionalität und Rationalität widerstandslos preis, um Anschluss an den kollektiven Wahrheitsfindungsprozess im Netz zu halten. "Obsolet" ist das Wort, das die Autorin für durchgehaltenen Objektivitätswillen verwendet. Man stelle sich eine Materialwissenschaft oder eine Medizinforschung vor, die sich diese Resignation zu eigen machen. Wer würde sich noch auf eine Brücke wagen oder auf einen Operationstisch legen? Wie gut, dass die Autorin ihre Ausführungen in Druck gegeben hat und sich damit an einem objektiven Maßstab orientiert. Sonst müsste man als Rezensent wohl sagen: Scheint mir übertrieben, aber wenn's die meisten gut finden, schließe ich mich dem natürlich an. (Daniela Pscheida: "Das Wikipedia-Universum". Wie das Internet unsere Wissenskultur verändert. transcript Verlag, Bielefeld 2010. 522 S., br., 29,80 [Euro].) thom
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Jedes Medium prägt eine Weltsicht und einen Wahrheitsbegriff. Die Buchkultur steht für das Streben nach objektivem Wissen, erzeugt in einem geregelten hierarchischen Prozess. Das Internet löst dieses Verfahren in einen diffusen Kollektivprozess auf, in dem die Grenzen zwischen Experten und Laien vielerorts fallen und sich das Gefühl ständiger Vorläufigkeit des Wissens verstärkt. Die Folge ist ein sehr subjektiv gefärbter Blick auf die Wirklichkeit und ein gemäßigter Objektivitätsanspruch. Was allgemein unter Wahrheit verstanden wird, lehnt sich dichter an Gebrauchskriterien und die Mehrheitsmeinung an. Dieses Szenario erscheint realistisch. Wer den pauschalen Ausführungen Daniela Pscheidas zum digitalen Wandel der Wissenskultur folgt, muss jedoch zu dem Schluss kommen, dass alle Vernunft in der Passage zum Digitalen restlos von einem Sumpf dumpfen Meinens aufgesogen wird. Die Wissenschaft gibt demnach ihre Standards von Professionalität und Rationalität widerstandslos preis, um Anschluss an den kollektiven Wahrheitsfindungsprozess im Netz zu halten. "Obsolet" ist das Wort, das die Autorin für durchgehaltenen Objektivitätswillen verwendet. Man stelle sich eine Materialwissenschaft oder eine Medizinforschung vor, die sich diese Resignation zu eigen machen. Wer würde sich noch auf eine Brücke wagen oder auf einen Operationstisch legen? Wie gut, dass die Autorin ihre Ausführungen in Druck gegeben hat und sich damit an einem objektiven Maßstab orientiert. Sonst müsste man als Rezensent wohl sagen: Scheint mir übertrieben, aber wenn's die meisten gut finden, schließe ich mich dem natürlich an. (Daniela Pscheida: "Das Wikipedia-Universum". Wie das Internet unsere Wissenskultur verändert. transcript Verlag, Bielefeld 2010. 522 S., br., 29,80 [Euro].) thom
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Besprochen in:
Rheinische Post, 01.02.2011
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.01.2011
ekz-Informationsdienst, 49 (2010), Hans Rouven
pro ZUKUNFT, 1 (2011)
Communication Booknotes Quarterly, 42/3 (2011), Wolfgang Ratzek
Communication Booknotes Quarterly (CBQ), 16.08.2011
Rheinische Post, 01.02.2011
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.01.2011
ekz-Informationsdienst, 49 (2010), Hans Rouven
pro ZUKUNFT, 1 (2011)
Communication Booknotes Quarterly, 42/3 (2011), Wolfgang Ratzek
Communication Booknotes Quarterly (CBQ), 16.08.2011