Der Niobiden-Krater, wie der Kelchkrater Louvre G 341 gewöhnlich genannt wird, trägt auf seiner Vorderseite eines der wenigen Vasenbilder des 5. Jahrhunderts v. Chr., die nicht unmittelbar verständlich sind. Das kunstvoll gestaltete Bild ist auffällig handlungsarm: Dargestellt sind elf bewaffnete Gestalten, zwischen denen keine spezifische Interaktion erkennbar ist. Auf Anhieb benennen lassen sich einzig Herakles in der Bildmitte und Athena links von ihm.Dieser rätselhaften Ikonographie nimmt sich Luca Giuliani an und zeichnet die Deutungsgeschichte von der Entdeckung des Kelchkraters in einem Grab bei Orvieto im Jahr 1880 und seiner ersten ausführlichen Behandlung durch den jungen Carl Robert bis hin zu den neusten Studien nach. Ein Bilddetail, das erst bei einer neuerlichen Restaurierung des Kelchkraters zum Vorschein gekommen ist, führt schliesslich zur Lösung hin, die der Archäologe mit Hilfe literarischer und ikonographischer Quellen argumentativ breit abzustützen vermag: Das Vasenbild zeigt einige athenische Krieger, wie sie im September 490 v. Chr. im Herakles-Heiligtum bei Marathon tagelang unschlüssig warteten, bevor sie den Angriff auf die Perser lancierten.Luca Giuliani gelingt es in dieser Studie nicht nur, die Darstellung auf dem Niobiden-Krater schlüssig zu deuten, sondern er gibt auch exemplarisch Einblick in die zum Teil nicht minder rätselhafte Verfahrensweise archäologischer Hermeneutik.
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