Eine heimliche Abenteuertour durch Grimmelshausens Zeit und hinter die Kulissen ihrer Ehrbarkeit._Davon können wir Leser nur träumen - oder eben lesen: Das wunderbarliche Vogelnest macht seinen Besitzer unsichtbar und eröffnet ihm Gelegenheiten zu allem Möglichen, was sonst unmöglich wäre._In einer Fülle komischer Szenen, amouröser Episoden und drastischer Streiche lässt Grimmelshausen zuerst einen einfachen Soldaten und dann einen machtbesessenen, reichen Kaufmann erzählen, wie es ihnen mit dem Vogelnest ergangen ist, und zeichnet dabei ein Panorama der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg. Täuschung und Selbsttäuschung sind allgegenwärtig, denn nicht nur der Krieg - auch der Frieden bringt, auf seine Weise, eine »verkehrte Welt« hervor._Grimmelshausen interessiert sich aber nicht nur dafür, was seine Figuren aus ihrer Unsichtbarkeit machen. Er geht auch der umgekehrten Frage nach: Was macht die Unsichtbarkeit aus ihnen? Der Kaufmann gerät ihm hierüber zur schwärzesten Figur,die er je geschaffen hat. Inmitten von Komik und Phantastik tun sich Abgründe auf ...
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Ganz und gar köstlich findet der nach der Lektüre glänzend aufgelegte Rezensent Christian Thomas den Einblick ins "arme Deutschland" des 17. Jahrhunderts, den ihm der vierte Band aus Grimmelshausens simplicianischen Zyklus gestattet, in dem ein Ich-Erzähler von "unstetem Wesen" dank eines "wunderbarlichen Vogelnests" unsichtbar wird und daraus viel eitel Nutzen zieht. Dabei erfreut sich der Rezensent nicht nur an sorgsam aneinandergereihten Episoden voller "Turbulenzen und Abenteuer", sondern auch an eitlen Selbstgesprächen, verkniffenen Krämerseelen, an vielen Völlereien und mit "purem Spott" vorgetragenen Missetaten. Insbesondere auch Reinhard Kaisers Übertragung des barocken in zeitgenössisches Deutsch stößt dabei auf Thomas' Wohlgefallen, da sie den Urtext verständlich macht, ohne dessen barocken Qualitäten zu nivellieren.
© Perlentaucher Medien GmbH
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