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Produktdetails
  • Winkler Weltliteratur (WWL), Die Blaue Reihe
  • Verlag: Artemis & Winkler
  • Originaltitel: The Personal History of David Copperfield
  • Seitenzahl: 1018
  • Deutsch
  • Abmessung: 195mm
  • Gewicht: 744g
  • ISBN-13: 9783538069299
  • ISBN-10: 3538069298
  • Artikelnr.: 07084421
  • Herstellerkennzeichnung
  • Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Autorenporträt
Charles Dickens (1812-1870), geboren in Landport bei Portsea, wuchs in Chatham bei London auf. Als er elf Jahre alt war, musste sein Vater wegen nicht eingelöster Schuldscheine ins Schuldgefängnis; seine Mutter folgte ihm mit Charles' Geschwistern dorthin. Charles, das zweitälteste Kind, musste währenddessen in einer Schuhwichsfabrik arbeiten. Erst als der Vater nach einigen Monaten entlassen wurde, besuchte Charles wieder eine Schule. Mit fünfzehn begann er in einem Rechtsanwaltsbüro als Gehilfe zu arbeiten, später wurde er Zeitungsreporter.
Seine schriftstellerische Karriere begann er mit seinen Skizzen des Londoner Alltagslebens. Anschließend entstanden in rascher Folge die ersten Romane. Dickens wurde Herausgeber der liberalen Londoner Zeitung "Daily News", reiste in die USA und nach Italien und verfasste 1848/1849 "David Copperfield", der viel autobiographisches Material enthält.
Dickens' liebevolle Schilderungen menschlicher Schwächen, sein Kosmos skurriler und schrulliger

englischer "Originale" und die satirische Anprangerung sozialer Missstände machten ihn bereits zu Lebzeiten zu einem der beliebtesten Romanciers der Weltliteratur. Seine Bücher brachten ihm außerdem beträchtlichen Wohlstand ein. Seit 1860 lebte er auf seinem Landsitz Gad's Hill Place in Kent, wo er im Alter von nur 58 Jahren an einem Schlaganfall starb.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.05.2002

Ausgeliefert - im Guten wie im Bösen

1979 hatte die britische Gruppe "Pink Floyd" mit ihrem Slogan "We don't need no education" aus "The Wall" den Nerv einer Generation getroffen, die der Prüfungen müde war. Einige Jahre später landete die deutsche Gruppe "Extrabreit" einen Hit mit "Hurra, hurra, die Schule brennt", einem Lied, das vorzugsweise bei Abiturfeiern gespielt wurde, als es für die Rebellion also längst zu spät war. Aus der Begeisterung für die Liedtexte mag man dennoch ablesen, daß das seit Generationen festgefügte Autoritätsverhältnis zwischen Lehrern und Schülern ins Wanken geriet.

Ein weiteres Beispiel dafür, daß die Lehrer sich inzwischen um die Macht der Schüler sorgen, liefert der Fall jenes elfjährigen Mädchens in den Vereinigten Staaten, das in der letzten Woche von der Schule suspendiert wurde. Es hatte ein Bild seiner Lehrerin auf die Rückseite eines Vokabeltests gezeichnet. Der Test war mit einer schlechten Note bewertet worden; auf der Zeichnung war der Kopf der Lehrerin von einem Pfeil durchbohrt. Die Behörden interpretierten das Bild als Morddrohung; die Schülerin muß einstweilen zu Hause bleiben. Zu den beliebtesten Zeichenmotiven einer ganz gewöhnlichen Schulzeit in den achtziger Jahren gehörten neben dem "Haus vom Nikolaus" auch das eines Menschen am Galgen, einsam baumelnd. Es zielte nicht etwa auf Lehrer, denen man ein solches Schicksal buchstäblich an den Hals wünschte - solche Kritzeleien drückten vielmehr das Ohnmachtsgefühl der Schüler gegenüber einer Institution aus, die sie ihrem Schicksal oft gnadenlos zu überlassen schien.

Dieses Ohnmachtsgefühl der Schüler gegenüber den Lehrern ist so alt wie die Schule selbst. Es ist ein zentrales Thema in Charles Dickens' autobiographisch gefärbtem Roman "David Copperfield" von 1849/50. Kein Leser wird je vergessen können, wie David und seine Mitschüler in Salem House unter Mr. Creakle und dessen spanischem Rohrstock zu leiden haben. Dabei sind Creakles Schläge keineswegs eine Strafe, wie sie nur Aufmüpfige oder Unaufmerksame auf sich ziehen, sondern sie gelten der ganzen Klasse, die "weinte und sich vor Schmerzen krümmte, ehe das Tagwerk begann". Bei Dickens reagieren die Schüler auf die Brutalität des Lehrers mit einer Unterwürfigkeit, vor der es David selbst ekelt: "Mr. Creakle reißt einen Witz, ehe er prügelt, und wir elenden, kleinen Hunde lachen darüber, mit aschfahlen Gesichtern und Herzen, die uns in die Hosen gefallen sind." Die Schüler in Salem House, so folgert der Erzähler, "wurden viel zu sehr gepeinigt und herumgestoßen, um etwas lernen zu können".

Durch seine empfindsame Beobachtungsgabe lernt David Copperfield dort aber doch allerhand; die Erfahrung der seelischen Grausamkeit in Salem House macht ihn wach für die Schwächen und Stärken seiner Mitschüler und fördert Eigenschaften wie Mitgefühl, Hilfsbereitschaft und Solidarität. Glücklicherweise erfährt David aber auch, daß es an Schulen keineswegs nicht so zugehen muß wie in Salem House, als er nämlich an die "vortreffliche" Schule des Dr. Strong in Canterbury kommt. In Dr. Strong findet David erstmals einen Lehrer, zu dem er aufsehen kann und der ihm ein Vorbild ist. An dieser Schule gelten andere Grundsätze: "In allen Dingen appellierte man an das Ehrgefühl und den guten Willen der Knaben und rechnete so lange mit dem Vorhandensein solcher Eigenschaften, als sich nicht direkt das Gegenteil herausstellte. Und das wirkte Wunder." An dieser Schule hängen die Jungen "mit warmer Liebe" und tun alles, um ihren guten Ruf aufrechtzuerhalten. Dennoch zweifelt Dickens in seinem "David Copperfield" eines niemals an: daß die Schüler der Schule, also den Lehrern, ausgeliefert sind - im Guten wie im Bösen. Sie haben keine Möglichkeit, sich zu wehren. Dieses Ungleichgewicht hat sich verlagert. Heute sind es häufig die Lehrer, die Angst vor ihren Schülern haben, wie der Fall des suspendierten Mädchens in den Vereinigten Staaten zeigt.

FELICITAS VON LOVENBERG

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