»Dolly Alderton auf der Höhe ihrer Weisheit, ihres Humors und ihrer Klugheit« Red
Der neue Bestseller der Erfolgsautorin aus Großbritannien
Dolly Alderton gibt in ihrer berühmten Kolumne Dear Dolly als sogenannte Agony Aunt - als Kummerkastentante - kluge, feinsinnige und warmherzige Ratschläge zu Problemen aus allen Bereichen des Lebens: Dating, Freundschaft, Beziehung, Familie, Sex, Trennung und Spiritualität. Sie hat für ihre Leser_innen ein offenes Ohr, behandelt die Fragen mit Wertschätzung, Einfühlungsvermögen und einer gesunden Portion Humor. Dolly findet für uns alle genau die richtigen Antworten auf die wichtigsten Fragen. Und das Schönste: Sie gibt uns das Gefühl, niemals allein zu sein.
Der neue Bestseller der Erfolgsautorin aus Großbritannien
Dolly Alderton gibt in ihrer berühmten Kolumne Dear Dolly als sogenannte Agony Aunt - als Kummerkastentante - kluge, feinsinnige und warmherzige Ratschläge zu Problemen aus allen Bereichen des Lebens: Dating, Freundschaft, Beziehung, Familie, Sex, Trennung und Spiritualität. Sie hat für ihre Leser_innen ein offenes Ohr, behandelt die Fragen mit Wertschätzung, Einfühlungsvermögen und einer gesunden Portion Humor. Dolly findet für uns alle genau die richtigen Antworten auf die wichtigsten Fragen. Und das Schönste: Sie gibt uns das Gefühl, niemals allein zu sein.
Rezensentin Marie-Luise Goldmann ist ehrlich überrascht, wie klug der Ratgeberband der britischen Kultkolumnistin Dolly Alderton doch ist. Die Kolumnen-Highlights aus der Sunday Times verschlingt Goldmann regelrecht. Aldertons Antworten auf Fragen aller Art (erlahmendes Sexleben, Kinderkriegen, Hundeliebe, Feminismus etc.) scheinen ihr so gut, da sie weder voyeuristisch noch "zwangsoptimistisch" daherkommen und stattdessen erstaunlich klar und empathisch sind. Dass es Alderton fast immer gelingt, von ihren eigenen Werten zu abstrahieren und die Warte der Hilfesuchenden einzunehmen, hält Goldmann für bemerkenswert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Für Rezensent Henri Schröder bringt die Lektüre der gesammelten Kolumnen von Dolly Alderton, die ihn an Bravos Dr. Sommer erinnern, eher wenig. Die versprochene gesellschaftliche Tiefenbohrung und Systemkritik kann er in den Ratschlägen der "Kummerkastentante" nur selten entdecken. Stattdessen stößt er auf erwartbare, mitunter humoristische Antworten auf Leserfragen wie: Kann ich mit meinem Ex befreundet bleiben. Wer "Kaffeeklatsch" erwartet, wird allerdings gut bedient, so Schröder.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.09.2023Hier ist alles so patriarchal
Dolly Alderton gibt Tipps gegen Kummer
Beim Namen "Dr. Sommer" werden bei den meisten, die zwischen den Siebzigern und der Jahrtausendwende aufgewachsen sind, die Glocken klingeln. Unter diesem Pseudonym veröffentlichte Martin Goldstein, Mediziner und Psychotherapeut, bis 1984 Tipps zu Pubertät und Sexualität in der Jugendzeitschrift "Bravo". Seine Nachfolge trat ein Team aus Redakteuren an, das unter demselben Namen die drängendsten Fragen deutscher Teenager und junger Erwachsenen beantwortet.
An ebenjenen Dr. Sommer erinnert die neue Monographie von Dolly Alderton, Autorin und eine der erfolgreichsten Journalistinnen Großbritanniens. Jedes Kapitel dreht sich um eine andere Leserfrage zu den Themen Dating, Freundschaft, Beziehungen, Familie, Sex, Trennungen und Körper und Seele, die die Fünfunddreißigjährige in ihrer wöchentlich in der "Sunday Times Style" erscheinenden Kolumne "Dear Dolly" beantwortet hat. Im Gegensatz zur Zielgruppe von Dr. Sommer sind die Leser allerdings - zumindest den Fragen nach zu urteilen - Leute (überwiegend handelt es sich um heterosexuelle Frauen), die sich häufig näher am Herbst als am Frühling ihrer Sexualität befinden.
Alderton schreibt, sie habe damit angefangen, sich der Probleme anderer anzunehmen, als sie während der Corona-Pandemie ein "annus horribilis" durchlebte. Und diese Probleme klingen so: "Kann ich mit meinem Ex befreundet bleiben?", "Ich kann nicht aufhören meinen Ex auf Social Media zu stalken", "Ich bin [...] sehr unsicher, was mein Äußeres angeht". Solche Gedanken treiben die angehende Abiturientin genauso um wie den frisch geschiedenen Lateinlehrer.
Das Buch der selbst ernannten "Kummerkastentante" liefert das, was man von einem Kaffeeklatsch erwartet: Interesse am Problem, das es zu lösen gilt, Trost, Verständnis, und am Schluss einen Ratschlag. Besonders beliebt: auf das Bauchgefühl hören und das persönliche Wohl in den Mittelpunkt stellen. Auch denjenigen, die sich mehr von der Lektüre erhoffen, wird zu Beginn Großes versprochen: Alderton werde zu erläutern versuchen, was ein konkretes Problem mit gesellschaftlich verankertem Sexismus zu tun habe. Es folge die offene Thematisierung und Beantwortung drängender Fragen, die das (Sex-)Leben betreffen - und gleichzeitig der Versuch, eine Kritik des patriarchalen Systems zu formulieren.
Dieses Versprechen bleibt weitestgehend unerfüllt, beschränkt sich die Gesellschafts- und Systemkritik doch auf Plattitüden: "Wir sollten uns von diesen Männern nicht einschüchtern lassen und uns auch nicht abgelehnt fühlen." Oder die Autorin trägt die alte Erkenntnis vor, "dass einige unserer nicht hinterfragten Denkmuster enttäuschend patriarchalisch sind". Historisch triftige Herleitungen und Reflexionen lässt Alderton außen vor.
Im Gegensatz zu Dr. Sommer besitzt sie keine Expertise. Hinter der "Bravo"-Rubrik stehen immerhin Pädagogen, Psychotherapeuten und Sexualforscher. Alderton bezieht ihre vermeintliche Kompetenz allein aus ihrer Lebenserfahrung. Sie analysiert und beobachtet nicht nur, sondern erteilt auch Verhaltenstipps. Dem Vorsatz, mit Handlungsanweisungen sparsam umzugehen, folgt einmal etwa die Empfehlung der Kummerkastentante, die Fragestellerin solle sich am besten trennen.
Dass "Dear Dolly" nicht nur eine humoristische Abhandlung unserer Probleme mit der eigenen Sexualität ist, sondern für manche auch eine Art Therapieersatz, der Auswirkungen auf die Realität hat, zeigt die Zuschrift eines Lesers, der sich nach Beratung durch Alderton tatsächlich von seiner Freundin getrennt hat. Das Buch ist womöglich für diejenigen interessant, die den an Dr. Sommer geschulten voyeuristischen Blick noch einmal aktivieren wollen, für den Rest bleibt der Gewinn im überschaubaren Bereich. HENRI SCHRÖDER
Dolly Alderton: "Dear Dolly". Die besten Antworten auf die wichtigsten Fragen im Leben. Alle Highlights aus der berühmten Sunday- Times-Style-Kolumne.
Aus dem Englischen von Eva Bonné. Atlantik Verlag, Hamburg 2023. 256 S., geb., 22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Dolly Alderton gibt Tipps gegen Kummer
Beim Namen "Dr. Sommer" werden bei den meisten, die zwischen den Siebzigern und der Jahrtausendwende aufgewachsen sind, die Glocken klingeln. Unter diesem Pseudonym veröffentlichte Martin Goldstein, Mediziner und Psychotherapeut, bis 1984 Tipps zu Pubertät und Sexualität in der Jugendzeitschrift "Bravo". Seine Nachfolge trat ein Team aus Redakteuren an, das unter demselben Namen die drängendsten Fragen deutscher Teenager und junger Erwachsenen beantwortet.
An ebenjenen Dr. Sommer erinnert die neue Monographie von Dolly Alderton, Autorin und eine der erfolgreichsten Journalistinnen Großbritanniens. Jedes Kapitel dreht sich um eine andere Leserfrage zu den Themen Dating, Freundschaft, Beziehungen, Familie, Sex, Trennungen und Körper und Seele, die die Fünfunddreißigjährige in ihrer wöchentlich in der "Sunday Times Style" erscheinenden Kolumne "Dear Dolly" beantwortet hat. Im Gegensatz zur Zielgruppe von Dr. Sommer sind die Leser allerdings - zumindest den Fragen nach zu urteilen - Leute (überwiegend handelt es sich um heterosexuelle Frauen), die sich häufig näher am Herbst als am Frühling ihrer Sexualität befinden.
Alderton schreibt, sie habe damit angefangen, sich der Probleme anderer anzunehmen, als sie während der Corona-Pandemie ein "annus horribilis" durchlebte. Und diese Probleme klingen so: "Kann ich mit meinem Ex befreundet bleiben?", "Ich kann nicht aufhören meinen Ex auf Social Media zu stalken", "Ich bin [...] sehr unsicher, was mein Äußeres angeht". Solche Gedanken treiben die angehende Abiturientin genauso um wie den frisch geschiedenen Lateinlehrer.
Das Buch der selbst ernannten "Kummerkastentante" liefert das, was man von einem Kaffeeklatsch erwartet: Interesse am Problem, das es zu lösen gilt, Trost, Verständnis, und am Schluss einen Ratschlag. Besonders beliebt: auf das Bauchgefühl hören und das persönliche Wohl in den Mittelpunkt stellen. Auch denjenigen, die sich mehr von der Lektüre erhoffen, wird zu Beginn Großes versprochen: Alderton werde zu erläutern versuchen, was ein konkretes Problem mit gesellschaftlich verankertem Sexismus zu tun habe. Es folge die offene Thematisierung und Beantwortung drängender Fragen, die das (Sex-)Leben betreffen - und gleichzeitig der Versuch, eine Kritik des patriarchalen Systems zu formulieren.
Dieses Versprechen bleibt weitestgehend unerfüllt, beschränkt sich die Gesellschafts- und Systemkritik doch auf Plattitüden: "Wir sollten uns von diesen Männern nicht einschüchtern lassen und uns auch nicht abgelehnt fühlen." Oder die Autorin trägt die alte Erkenntnis vor, "dass einige unserer nicht hinterfragten Denkmuster enttäuschend patriarchalisch sind". Historisch triftige Herleitungen und Reflexionen lässt Alderton außen vor.
Im Gegensatz zu Dr. Sommer besitzt sie keine Expertise. Hinter der "Bravo"-Rubrik stehen immerhin Pädagogen, Psychotherapeuten und Sexualforscher. Alderton bezieht ihre vermeintliche Kompetenz allein aus ihrer Lebenserfahrung. Sie analysiert und beobachtet nicht nur, sondern erteilt auch Verhaltenstipps. Dem Vorsatz, mit Handlungsanweisungen sparsam umzugehen, folgt einmal etwa die Empfehlung der Kummerkastentante, die Fragestellerin solle sich am besten trennen.
Dass "Dear Dolly" nicht nur eine humoristische Abhandlung unserer Probleme mit der eigenen Sexualität ist, sondern für manche auch eine Art Therapieersatz, der Auswirkungen auf die Realität hat, zeigt die Zuschrift eines Lesers, der sich nach Beratung durch Alderton tatsächlich von seiner Freundin getrennt hat. Das Buch ist womöglich für diejenigen interessant, die den an Dr. Sommer geschulten voyeuristischen Blick noch einmal aktivieren wollen, für den Rest bleibt der Gewinn im überschaubaren Bereich. HENRI SCHRÖDER
Dolly Alderton: "Dear Dolly". Die besten Antworten auf die wichtigsten Fragen im Leben. Alle Highlights aus der berühmten Sunday- Times-Style-Kolumne.
Aus dem Englischen von Eva Bonné. Atlantik Verlag, Hamburg 2023. 256 S., geb., 22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.09.2023Du bist nicht allein
Dolly Aldertons Buch hilft gegen Kummer
Was antwortet man einem fremden Menschen auf die Frage: „Kann ein Mann mir jemals diese bedingungslose Liebe und das blinde Verständnis schenken, wie ich es von einem Hund bekomme?“ Und vor allem: Wie schafft man es, dabei ernst und respektvoll zu bleiben, um das durchaus große Anliegen nicht ins Lächerliche zu ziehen? Dolly Alderton wählt eine simple Strategie: Sie geht davon aus, dass hinter jeder noch so skurrilen Fragestellung etwas Tiefgreifendes steckt, das der oder die Fragende nur noch nicht entdeckt hat: „Hier gibt es alles Mögliche aufzudröseln“, beginnt sie ihre Antwort auf die Hunde-Frage, um dann auf rund 4000 Zeichen über vieles nachzudenken – außer über Hunde.
Es ist gut möglich, dass genau darin der große Erfolg der britischen Bestsellerautorin liegt, deren Buch „Dear Dolly“ jetzt auf Deutsch erscheint: Bevor sie irgendetwas sagt oder schreibt, hört sie wirklich hin und fühlt sich ein in die verschiedenen Perspektiven. Statt eines klassischen Ratschlags teilt sie dann oft eine Anekdote, von der aus die andere Person weiterdenken kann. Denn die andere Person, so sagte Alderton kürzlich in einem Interview mit dem SZ-Magazin, wisse „im Inneren, was sie zu tun hat, sucht aber nach einer außenstehenden Quelle, die sie in die richtige Richtung lenkt und ihr Vertrauen gibt, die Entscheidung zu treffen, die sie treffen will“. Dabei legt Alderton alles ab, was prätentiös oder überheblich wirken könnte, und scheut auch nicht davor zurück, persönliche Peinlichkeiten wie Alkoholpannen oder Dating-Desaster auszupacken.
Liest man sich durch die Kommentarspalten auf Aldertons Instagram-Profil oder die Laien-Rezensionen zu ihren Büchern – 2018 erschien ihr autobiografisches Debüt „Everything I know about love“, 2020 der Roman „Ghosts“ –, dann scheinen viele junge Menschen in der 34-Jährigen offenbar vor allem eine gute Freundin zu sehen. Die Alderton-Fangemeinde besteht primär aus Frauen, und auch ein Großteil der Menschen, die Woche für Woche Rat in Aldertons Sunday Times Style-Kolumne „Dear Dolly“ suchen, ist weiblich. Sie fühlen sich von Alderton, der selbsternannten Kummerkastentante, gesehen, gehört und verstanden – Dinge, die in der Lebensrealität vieler Menschen offenbar fehlen.
„Dear Dolly“ besteht auf 255 Seiten aus einer Auswahl der Kolumnen, außer einer Einleitung hat Alderton keine neuen Texte für das Buch geschrieben, und das ist eine seiner Schwächen: Weil es keinerlei Einordnungen gibt, Alderton keine der Fragen noch mal mit zeitlichem Abstand neu beantwortet, wird man den Eindruck nicht los, es hier mit einem Recycling-Produkt zu tun zu haben. Und auch, wenn man nicht jede von Aldertons Sunday-Times-Kolumnen verinnerlicht hat, ist man spätestens nach vier, fünf Fragen und Antworten gelangweilt vom immergleichen Mechanismus. Ein weiteres Manko ist die Übersetzung. Die Amerikanistin Eva Bonné schafft es nur selten, Aldertons humorvollen Ton zu treffen und lässt den Text an manchen Stellen irritierend nüchtern klingen. Aus dem Satz „Men’s relationships with their mothers are usually – not too generalise – demented” macht Bonné: „Für gewöhnlich – ohne an dieser Stelle verallgemeinern zu wollen – herrscht im Verhältnis eines Mannes zu seiner Mutter ein gewisser Irrsinn.“ Weg ist der Witz.
„Dear Dolly“ ist ein Buch, das man aus dem Regal zieht, wenn einem das Herz schwer ist und man jemanden braucht, der sich mit unter eine Wolldecke aufs Sofa kuschelt und Yogi-Tee trinkt, der sich einfach mal alles anhört, ohne zu moralisieren oder gar zu pathologisieren. Im Gegensatz zu vielen anderen Ratgeberinnen und Ratgebern (oder solchen, die sich in der digitalen Welt dafür halten) überpsychologisiert Alderton nicht, sie wirft nicht ständig mit Begriffen wie „toxisch“ oder „triggern“ um sich. Stattdessen erzählt sie von sich.
Klingt nach Klischee? Ist es auch. Weil Alderton in ihren Antworten vor allem aus ihrem Erleben und ihren Therapieerfahrungen schöpft und sie eben eine weiße Britin in den Dreißigern ist, sind ihr Ratschläge selten originell oder überraschend. Und so ist „Dear Dolly“ vor allem eine unterhaltsame Lektüre für eine U-Bahn-Fahrt oder ein Aufmunterungsgeschenk für die Freundin mit Liebeskummer, der man zeigen möchte: Du bist nicht allein.
SARA PESCHKE
Dolly Alderton: Die besten Antworten auf die wichtigsten Fragen im Leben. Übersetzt aus dem Englischen von Eva Bonné. Hoffmann und Campe, Hamburg 2023. 256 Seiten, 22 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Dolly Aldertons Buch hilft gegen Kummer
Was antwortet man einem fremden Menschen auf die Frage: „Kann ein Mann mir jemals diese bedingungslose Liebe und das blinde Verständnis schenken, wie ich es von einem Hund bekomme?“ Und vor allem: Wie schafft man es, dabei ernst und respektvoll zu bleiben, um das durchaus große Anliegen nicht ins Lächerliche zu ziehen? Dolly Alderton wählt eine simple Strategie: Sie geht davon aus, dass hinter jeder noch so skurrilen Fragestellung etwas Tiefgreifendes steckt, das der oder die Fragende nur noch nicht entdeckt hat: „Hier gibt es alles Mögliche aufzudröseln“, beginnt sie ihre Antwort auf die Hunde-Frage, um dann auf rund 4000 Zeichen über vieles nachzudenken – außer über Hunde.
Es ist gut möglich, dass genau darin der große Erfolg der britischen Bestsellerautorin liegt, deren Buch „Dear Dolly“ jetzt auf Deutsch erscheint: Bevor sie irgendetwas sagt oder schreibt, hört sie wirklich hin und fühlt sich ein in die verschiedenen Perspektiven. Statt eines klassischen Ratschlags teilt sie dann oft eine Anekdote, von der aus die andere Person weiterdenken kann. Denn die andere Person, so sagte Alderton kürzlich in einem Interview mit dem SZ-Magazin, wisse „im Inneren, was sie zu tun hat, sucht aber nach einer außenstehenden Quelle, die sie in die richtige Richtung lenkt und ihr Vertrauen gibt, die Entscheidung zu treffen, die sie treffen will“. Dabei legt Alderton alles ab, was prätentiös oder überheblich wirken könnte, und scheut auch nicht davor zurück, persönliche Peinlichkeiten wie Alkoholpannen oder Dating-Desaster auszupacken.
Liest man sich durch die Kommentarspalten auf Aldertons Instagram-Profil oder die Laien-Rezensionen zu ihren Büchern – 2018 erschien ihr autobiografisches Debüt „Everything I know about love“, 2020 der Roman „Ghosts“ –, dann scheinen viele junge Menschen in der 34-Jährigen offenbar vor allem eine gute Freundin zu sehen. Die Alderton-Fangemeinde besteht primär aus Frauen, und auch ein Großteil der Menschen, die Woche für Woche Rat in Aldertons Sunday Times Style-Kolumne „Dear Dolly“ suchen, ist weiblich. Sie fühlen sich von Alderton, der selbsternannten Kummerkastentante, gesehen, gehört und verstanden – Dinge, die in der Lebensrealität vieler Menschen offenbar fehlen.
„Dear Dolly“ besteht auf 255 Seiten aus einer Auswahl der Kolumnen, außer einer Einleitung hat Alderton keine neuen Texte für das Buch geschrieben, und das ist eine seiner Schwächen: Weil es keinerlei Einordnungen gibt, Alderton keine der Fragen noch mal mit zeitlichem Abstand neu beantwortet, wird man den Eindruck nicht los, es hier mit einem Recycling-Produkt zu tun zu haben. Und auch, wenn man nicht jede von Aldertons Sunday-Times-Kolumnen verinnerlicht hat, ist man spätestens nach vier, fünf Fragen und Antworten gelangweilt vom immergleichen Mechanismus. Ein weiteres Manko ist die Übersetzung. Die Amerikanistin Eva Bonné schafft es nur selten, Aldertons humorvollen Ton zu treffen und lässt den Text an manchen Stellen irritierend nüchtern klingen. Aus dem Satz „Men’s relationships with their mothers are usually – not too generalise – demented” macht Bonné: „Für gewöhnlich – ohne an dieser Stelle verallgemeinern zu wollen – herrscht im Verhältnis eines Mannes zu seiner Mutter ein gewisser Irrsinn.“ Weg ist der Witz.
„Dear Dolly“ ist ein Buch, das man aus dem Regal zieht, wenn einem das Herz schwer ist und man jemanden braucht, der sich mit unter eine Wolldecke aufs Sofa kuschelt und Yogi-Tee trinkt, der sich einfach mal alles anhört, ohne zu moralisieren oder gar zu pathologisieren. Im Gegensatz zu vielen anderen Ratgeberinnen und Ratgebern (oder solchen, die sich in der digitalen Welt dafür halten) überpsychologisiert Alderton nicht, sie wirft nicht ständig mit Begriffen wie „toxisch“ oder „triggern“ um sich. Stattdessen erzählt sie von sich.
Klingt nach Klischee? Ist es auch. Weil Alderton in ihren Antworten vor allem aus ihrem Erleben und ihren Therapieerfahrungen schöpft und sie eben eine weiße Britin in den Dreißigern ist, sind ihr Ratschläge selten originell oder überraschend. Und so ist „Dear Dolly“ vor allem eine unterhaltsame Lektüre für eine U-Bahn-Fahrt oder ein Aufmunterungsgeschenk für die Freundin mit Liebeskummer, der man zeigen möchte: Du bist nicht allein.
SARA PESCHKE
Dolly Alderton: Die besten Antworten auf die wichtigsten Fragen im Leben. Übersetzt aus dem Englischen von Eva Bonné. Hoffmann und Campe, Hamburg 2023. 256 Seiten, 22 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
»Ein Buch, wenn einem das Herz schwer ist und man jemanden braucht, der sich mit unter eine Wolldecke aufs Sofa kuschelt und Yogi-Tee trinkt, der sich einfach mal alles anhört, ohne zu moralisieren oder gar zu pathologisieren.« Sara Peschke Süddeutsche Zeitung