"In jenen Tagen gab es keinen Begriff für die Geschichten meiner Mutter. Keine Diagnose für ihren Drang, Märchen zu erfinden. Keine Bezeichnung für imaginäre Heldinnen. Und so hörten wir den Erzählungen meiner Mutter schweigend zu und versuchten, sie zu glauben."Indie Brown scheint sich weit von ihren Wurzeln entfernt zu haben. Längst lebt die junge Frau nicht mehr in Arizona, wo sie mit ihrer Schwester Lily und ihrem geistig behinderten Bruder Benny aufwuchs. Indie hat sich mit dem warmherzigen und liebevollen Peter in einem kleinen Ort in Maine niedergelassen, und versucht, die Erinnerung an ihre Kindheit zu verdrängen. Bis eines Nachts das Telefon klingelt und Lily sie inständig bittet, nach Hause zu kommen. Ihre Mutter scheint schwer erkrankt zu sein, und zögernd erklärt sich Indie schließlich bereit, nach Arizona zu fliegen. Es wird eine Reise in ihre Vergangenheit, die sie in mancher Hinsicht nie hinter sich gelassen hat. Indies Mutter hatte das Leben ihrer Kinder in merkwürdige Geschichten eingesponnen, Geschichten von waghalsigen Rettungsaktionen, bedrohlichen Krankheiten und ihrem eigenen heldenhaften Einsatz. Denn sie litt unter einer gefährlichen Psychose, die damals niemand diagnostizierte: "Münchhausen by proxy" - der Zwang, seine Kinder Gefahren und Krankheiten auszusetzen, um sie dann in letzter Sekunde zu retten und sich als aufopfernde Mutter zu präsentieren. Es ist ein Spiel mit dem Leben, das Indies Mutter keineswegs immer unter Kontrolle hatte. Meist stand die hübsche Lily im Zentrum dieser Ereignisse, während Indie und ihrer Bruder Benny eher sich selbst überlassen blieben. Indie suchte daher stets die Nähe ihres Vaters, der die Familie jedoch eines Tages verließ. Und Benny kam noch als Kind bei einem Unfall ums Leben, ein weiterer Schicksalsschlag, den Indie nie wirklich verkraftet hat, zumal sie ihrer Mutter wenigstens indirekt die Schuld an Bennys Tod gab. Sobald sie alt genug war, wandte Indie ihrer Familie den Rücken zu. Nun mus sie zu ihrem Entsetzen beobachten, wie Lily die eigenartigen Verhaltensweisen ihrer Mutter zu übernehmen scheint. Ähnlich wie Lily früher, leidet nun ihr eigenes Kind an merkwürdigen Krankheiten und unerklärlichen Symptomen. Indie ahnt, dass sich hier die traumatischen Ereignisse ihrer Kindheit wiederholen. Und so ist sie endlich bereit, sich ihren Erinnerungen zu stellen - der Krankheit ihrer Mutter, welche die Familie so nachhaltig geprägt und sogar Bennys Behinderung verschuldet hat. Und die Indies Mutter nun selbst das Leben kosten könnte, denn ihre vermeintliche Krankheit erweist sich schließlich als selbst herbeigeführte Vergiftung. Als Indie erkennt, dass Lily nun ihre eigene Familie genauso zu zerstören droht, wie es damals ihre Mutter tat, greift sie schließlich ein...