Miguel Abensours Demokratie gegen den Staat gehört zu den Klassikern der radikalen Demokratietheorie und der kritischen Theorie. In seinem faszinierenden Buch schlägt Abensour eine Theorie der aufständischen Demokratie vor, die politische Freiheit mit einer lebendigen Kritik von Herrschaft verbindet.Überraschenderweise nimmt er für diesen Versuch seinen Ausgang bei Karl Marx, der gemeinhin nicht als bedeutender Demokratietheoretiker gilt. Abensour gelingt es jedoch in souveräner Manier, in den Texten des frühen Marx eine Theorie der »wahren Demokratie« freizulegen. In dieser fällt die Demokratie nicht mit dem Staat zusammen. Vielmehr entsteht sie aus dem Volk heraus, das eine öffentliche Sphäre für Konflikte schafft, die sich den staatlichen Apparaten und den in ihnen repräsentierten Machtverhältnissen entgegenstellt. Es ist eine »Demokratie gegen den Staat«, welche sich jeder Unterordnung verweigert und gegen die Auflösung der Politik in Bürokratie und Repräsentation rebelliert.Mit Abensour lernen wir, sie zu denken.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Miguel Abensour versuche in seinem Buch "Demokratie gegen den Staat", die Politik aus den Fängen der Wirtschaft zu befreien - aus Herfried Münklers Sicht allerdings ohne Erfolg. Münkler führt das Zu-kurz-greifen des französischen Philosophen vor allem auf ein fehlerhaftes - weil vornehmlich am Staat zu Marx Zeiten orientiertes - Staatsverständnis einerseits und ein voreiliges Urteil über den Charakter des "Volkes" zurück. Abensour wolle den jungen Marx ("einmal mehr") gegen den späten in Stellung bringen, den Staat als bloßen Oberbau der wirtschaftlichen Verhältnisse und - nach einer Auslegung von Machiavellis Schriften - als Instrument der herrschenden Klasse deuten, das dem demokratischen Freiheitsdrang "des Volkes" entgegenstehe. "Kompliziert und voraussetzungsvoll" nennt Münkler diese Ausführungen Abensours - und dennoch unterkomplex. Der Staat habe sich seit Machiavelli und Marx gehörig verändert und bei den derzeitigen Sozialetats sei es zumindest fragwürdig, ob die Menschen einer rigoros partizipatorischen Demokratie den Vorzug vor dem derzeitigen System geben würden - "Dauerpräsenz und Dauerpartizipation" seien vielleicht weniger ansprechend als Abensour meine. Insbesondere bezweifelt Herfried Münkler die praktische Tauglichkeit der Überlegungen des Autors.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Abensours Text hilft, die Fixierung auf den Staat - als Reforminstrument oder Unterdrückungsapparat - aufzugeben und das demokratische Potenzial einer Politik der Straßen und Plätze zu begreifen.« Die Tageszeitung