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Otfried Höffe entwirft in diesem Buch den Gedanken einer staatlich gestuften föderalen Weltrepublik, damit die Globalisierung nicht mit einer politischen Regression, dem Abbau von Demokratie, bezahlt wird.

Produktbeschreibung
Otfried Höffe entwirft in diesem Buch den Gedanken einer staatlich gestuften föderalen Weltrepublik, damit die Globalisierung nicht mit einer politischen Regression, dem Abbau von Demokratie, bezahlt wird.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Otfried Höffe, geboren 1943, ist Professor für Philosophie und Leiter der Forschungsstelle Politische Philosophie an der Eberhard Karls-Universität Tübingen, ist einer der produktivsten und einflussreichsten Denker der Gegenwart.
Er ist Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und erstes ausländisches Mitglied der Teheraner Akademie für Weltweisheit und Philosophie. Er ist Ehrendoktor der Universität (PUCRS) in Porto Alegre/Brasilien und Träger des Karl Vossler-Preises für wissenschaftliche Werke von literarischem Rang.
Rezensionen
Völker, hört endlich die Signale

Ein Tübinger Philosoph plant für den Tag, an dem die Menschheit zur Vernunft kommt

OTFRIED HÖFFE: Demokratie im Zeitalter der Globalisierung, C.H.Beck Verlag, München 1999. 370 Seiten, 68 Mark.

Alle Spatzen pfeifen es längst von den Dächern: Der demokratische und soziale Rechtsstaat droht zum Abbruchunternehmen zu verkommen. So drastisch will das der Tübinger Philosoph Otfried Höffe zwar nicht sagen. Er kommt aber zum gleichen Ergebnis, wenn er in seinem Buch „Demokratie im Zeitalter der Globalisierung” in der Sprache des sorgsam abwägenden Wissenschaftlers beschreibt, wie und warum die Macht der Einzelstaaten erodiert, und was geschehen müsste, um den Souverän, das Volk, wieder in seine Rechte einzusetzen.

Einer der Gründe für die Erosion demokratisch legitimierter Macht liegt in jenen internationalen, grenzüberschreitenden Problemen, die national nicht gelöst werden können: Kriege, Rassen- und Religionskonflikte, Flüchtlingsströme, Armut in der Dritten Welt, globale Umweltzerstörung, organisierte Kriminalität. Um diese Probleme zu lösen, müssen Nationalstaaten Macht abgeben an supranationale Gebilde wie die NATO oder die UNO. Und die Mitglieder der EU müssen bereit sein zum Teilverzicht auf nationale Souveränität. In Brüssel wird zunehmend mehr und Wichtigeres entschieden als in Berlin, London und Paris.

Ein zweiter und schwerwiegenderer Grund liegt in der Globalisierung. Sie bringt es mit sich, dass weltweit nicht mehr nur Unternehmen gegeneinander konkurrieren, sondern auch Staaten. Deren Gesetze, Steuern, Infrastrukturen, Umweltauflagen, Verwaltungen und Sozialvorschriften werden von Großinvestoren verglichen, und wo sich unterm Strich die besten Bedingungen für Investitionen ergeben, dorthin fließt das Kapital – schlechte Zeiten für Umweltschutz, hohe Löhne und soziale Sicherheit.

Müssen wir solche Folgen der Globalisierung als unabwendbares Schicksal hinnehmen, gibt es Alternativen zur Weltgestaltung durch den Markt? Höffes klare Antwort lautet: Die Globalisierung „ist kein Naturphänomen, das wie die Schwerkraft auch ohne den Willen der Menschen oder sogar gegen ihn stattfindet”. Die Globalisierung habe Namen, wie etwa Bretton Woods, GATT oder OECD. Hinter diesen Namen stehe die Liberalisierung und Deregulierung der Güter- und Finanzmärkte.

Es sei die Politik selbst, so Höffe, „die sich den Kräften des Marktes unterwirft oder aber sie, etwa durch eine Wettbewerbsordnung und durch soziale und ökologische Mindestkriterien, in einen fairen Rahmen zwingt”. Der Autor bestreitet nicht, dass auch auf globaler Ebene Markt und Evolution ein Recht haben, weist aber deren Exklusivrecht zurück. Die Globalisierung solle nicht mit einer politischen Regression, dem Abbau der Demokratie, bezahlt werden. Ökonomismus, also „Verdrängung der Politik durch den Markt”, lehnt Höffe ebenso ab wie jenen „ökonomistischen Fatalismus”, demzufolge die Wirtschaft nicht bloß über Mittel, sondern auch über Ziele entscheide. Höffes Alternative heißt: demokratische Rahmenverantwortung.

Damit klingt an, was ihm als Lösung vorschwebt. Werde „der Handlungsbedarf global, so legt sich der Gedanke eines ebenso globalen Gemeinwesens nahe: einer weltweiten Rechts- und Staatsordnung, die sich als globale Demokratie, als Weltrepublik, etabliert. ”

Was Höffe damit meint, ist eine subsidiäre und föderale Weltrepublik. Solch eine Weltrepublik müsse nicht zwangsläufig die Form eines homogenen Weltstaates annehmen, also die Form eines vielleicht dezentralen, aber hierarchisch von oben nach unten einheitlich gegliederten, allzuständigen Gemeinwesens. Vorstellbar sei vielmehr eine komplexe Weltordnung nach dem Muster: „Individuen schließen sich zu einem Staat” zusammen, „Staaten eventuell zu einem Bundesstaat, Zentral- und Bundesstaaten zu einer (sub-)kontinentalen Union. Und entweder die Staaten direkt oder aber deren Unionen bilden die Weltrepublik”, deren Politik vom Markt, von nichtstaatlichen Organisationen, einer freien Weltpresse, einer Weltjudikative, und einer „subsidiären Weltbank” kontrolliert und beeinflusst wird. Die Kompetenz einer Weltrepubulik soll auf die Lösung jener Probleme beschränkt werden, welche auf kontinentaler und einzelstaatlicher Ebene nicht zu lösen sind.

Im Gegensatz zur Devise „Abschied vom Staat” besteht für Höffe ein Staatsgebot und ein Gebot zu universaler Demokratie mit Gewaltenteilung, Menschenrechten und Gewährleistung der Volkssouveränität. Eine „Weltgesellschaft, die sich selbst organisiert und ihre Selbstorganisation sittlich-politischen Ansprüchen unterwirft”, das ist Höffes Alternative zum Ökonomismus.

Bis sich der Autor zu diesen Vorstellungen durchringt, ist es im Buch ein weiter Weg. Da er Wissenschaftler ist und auch für seine Zunft und Reputation schreibt, und da er das Buch offenbar als Baustein eines noch zu vollendenden Gesamtwerks betrachtet, muss er natürlich bei Platon und Aristoteles anfangen und über Augustinus und Thomas von Aquin bis zu Kant, Hume, Hobbes und Wittgenstein die ganze Philosophenkette rauf- und runterdeklinieren. Erst zuletzt riskiert er es, sich für den relativ naheliegenden Gedanken einer demokratischen Weltrepublik auszusprechen. Den ungeduldigen Leser werden diese Märsche durch die Philosophie strapazieren. Gleichwohl marschiert man nicht ohne Gewinn mit Höffe durch die Geschichte. Was er nicht liefert, ist eine Idee, wie denn die divergierenden Interessen der Einzelstaaten sich friedlich unter den Hut einer Weltrepublik begeben könnten. Höffe vertraut ganz auf die Zustimmungsfähigkeit seines Modells für vernunftbegabte Wesen und hofft: Wenn vernünftige Wesen einem guten Vorschlag zustimmen können, werden sie das über kurz oder lang auch tun. Das klingt zu schön, um wahr zu sein und ein wenig wie im Märchen. Aber auf lange Sicht, nach diversen, globalisierungsbedingten Fehlern und Katastrophen, wird sich die Menschheit wohl oder übel Höffes Lösungsmodell nähern müssen.

CHRISTIAN NÜRNBERGER

Der Rezensent ist freier Journalist.

Nie wieder Krieg – die Plastik vor den Vereinten Nationen in New York erzählt von besseren Zeiten.

Foto: SZ-Archiv

SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.01.2000

Völker, hört endlich die Signale
Ein Tübinger Philosoph plant für den Tag, an dem die Menschheit zur Vernunft kommt
OTFRIED HÖFFE: Demokratie im Zeitalter der Globalisierung, C.H.Beck Verlag, München 1999. 370 Seiten, 68 Mark.
Alle Spatzen pfeifen es längst von den Dächern: Der demokratische und soziale Rechtsstaat droht zum Abbruchunternehmen zu verkommen. So drastisch will das der Tübinger Philosoph Otfried Höffe zwar nicht sagen. Er kommt aber zum gleichen Ergebnis, wenn er in seinem Buch „Demokratie im Zeitalter der Globalisierung” in der Sprache des sorgsam abwägenden Wissenschaftlers beschreibt, wie und warum die Macht der Einzelstaaten erodiert, und was geschehen müsste, um den Souverän, das Volk, wieder in seine Rechte einzusetzen.
Einer der Gründe für die Erosion demokratisch legitimierter Macht liegt in jenen internationalen, grenzüberschreitenden Problemen, die national nicht gelöst werden können: Kriege, Rassen- und Religionskonflikte, Flüchtlingsströme, Armut in der Dritten Welt, globale Umweltzerstörung, organisierte Kriminalität. Um diese Probleme zu lösen, müssen Nationalstaaten Macht abgeben an supranationale Gebilde wie die NATO oder die UNO. Und die Mitglieder der EU müssen bereit sein zum Teilverzicht auf nationale Souveränität. In Brüssel wird zunehmend mehr und Wichtigeres entschieden als in Berlin, London und Paris.
Ein zweiter und schwerwiegenderer Grund liegt in der Globalisierung. Sie bringt es mit sich, dass weltweit nicht mehr nur Unternehmen gegeneinander konkurrieren, sondern auch Staaten. Deren Gesetze, Steuern, Infrastrukturen, Umweltauflagen, Verwaltungen und Sozialvorschriften werden von Großinvestoren verglichen, und wo sich unterm Strich die besten Bedingungen für Investitionen ergeben, dorthin fließt das Kapital – schlechte Zeiten für Umweltschutz, hohe Löhne und soziale Sicherheit.
Müssen wir solche Folgen der Globalisierung als unabwendbares Schicksal hinnehmen, gibt es Alternativen zur Weltgestaltung durch den Markt? Höffes klare Antwort lautet: Die Globalisierung „ist kein Naturphänomen, das wie die Schwerkraft auch ohne den Willen der Menschen oder sogar gegen ihn stattfindet”. Die Globalisierung habe Namen, wie etwa Bretton Woods, GATT oder OECD. Hinter diesen Namen stehe die Liberalisierung und Deregulierung der Güter- und Finanzmärkte.
Es sei die Politik selbst, so Höffe, „die sich den Kräften des Marktes unterwirft oder aber sie, etwa durch eine Wettbewerbsordnung und durch soziale und ökologische Mindestkriterien, in einen fairen Rahmen zwingt”. Der Autor bestreitet nicht, dass auch auf globaler Ebene Markt und Evolution ein Recht haben, weist aber deren Exklusivrecht zurück. Die Globalisierung solle nicht mit einer politischen Regression, dem Abbau der Demokratie, bezahlt werden. Ökonomismus, also „Verdrängung der Politik durch den Markt”, lehnt Höffe ebenso ab wie jenen „ökonomistischen Fatalismus”, demzufolge die Wirtschaft nicht bloß über Mittel, sondern auch über Ziele entscheide. Höffes Alternative heißt: demokratische Rahmenverantwortung.
Damit klingt an, was ihm als Lösung vorschwebt. Werde „der Handlungsbedarf global, so legt sich der Gedanke eines ebenso globalen Gemeinwesens nahe: einer weltweiten Rechts- und Staatsordnung, die sich als globale Demokratie, als Weltrepublik, etabliert. ”
Was Höffe damit meint, ist eine subsidiäre und föderale Weltrepublik. Solch eine Weltrepublik müsse nicht zwangsläufig die Form eines homogenen Weltstaates annehmen, also die Form eines vielleicht dezentralen, aber hierarchisch von oben nach unten einheitlich gegliederten, allzuständigen Gemeinwesens. Vorstellbar sei vielmehr eine komplexe Weltordnung nach dem Muster: „Individuen schließen sich zu einem Staat” zusammen, „Staaten eventuell zu einem Bundesstaat, Zentral- und Bundesstaaten zu einer (sub-)kontinentalen Union. Und entweder die Staaten direkt oder aber deren Unionen bilden die Weltrepublik”, deren Politik vom Markt, von nichtstaatlichen Organisationen, einer freien Weltpresse, einer Weltjudikative, und einer „subsidiären Weltbank” kontrolliert und beeinflusst wird. Die Kompetenz einer Weltrepubulik soll auf die Lösung jener Probleme beschränkt werden, welche auf kontinentaler und einzelstaatlicher Ebene nicht zu lösen sind.
Im Gegensatz zur Devise „Abschied vom Staat” besteht für Höffe ein Staatsgebot und ein Gebot zu universaler Demokratie mit Gewaltenteilung, Menschenrechten und Gewährleistung der Volkssouveränität. Eine „Weltgesellschaft, die sich selbst organisiert und ihre Selbstorganisation sittlich-politischen Ansprüchen unterwirft”, das ist Höffes Alternative zum Ökonomismus.
Bis sich der Autor zu diesen Vorstellungen durchringt, ist es im Buch ein weiter Weg. Da er Wissenschaftler ist und auch für seine Zunft und Reputation schreibt, und da er das Buch offenbar als Baustein eines noch zu vollendenden Gesamtwerks betrachtet, muss er natürlich bei Platon und Aristoteles anfangen und über Augustinus und Thomas von Aquin bis zu Kant, Hume, Hobbes und Wittgenstein die ganze Philosophenkette rauf- und runterdeklinieren. Erst zuletzt riskiert er es, sich für den relativ naheliegenden Gedanken einer demokratischen Weltrepublik auszusprechen. Den ungeduldigen Leser werden diese Märsche durch die Philosophie strapazieren. Gleichwohl marschiert man nicht ohne Gewinn mit Höffe durch die Geschichte. Was er nicht liefert, ist eine Idee, wie denn die divergierenden Interessen der Einzelstaaten sich friedlich unter den Hut einer Weltrepublik begeben könnten. Höffe vertraut ganz auf die Zustimmungsfähigkeit seines Modells für vernunftbegabte Wesen und hofft: Wenn vernünftige Wesen einem guten Vorschlag zustimmen können, werden sie das über kurz oder lang auch tun. Das klingt zu schön, um wahr zu sein und ein wenig wie im Märchen. Aber auf lange Sicht, nach diversen, globalisierungsbedingten Fehlern und Katastrophen, wird sich die Menschheit wohl oder übel Höffes Lösungsmodell nähern müssen.
CHRISTIAN NÜRNBERGER
Der Rezensent ist freier Journalist.
Nie wieder Krieg – die Plastik vor den Vereinten Nationen in New York erzählt von besseren Zeiten.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.02.2000

Trittbrettfahrer kennen keine Grenzen
Und was macht die Demokratie in diesen Zeiten?

Otfried Höffe: Demokratie im Zeitalter der Globalisierung. Verlag C. H. Beck, München 1999. 476 Seiten, 68,- Mark.

Der Zusammenbruch des Kommunismus vor zehn Jahren gilt als Triumph der Demokratie. War es ein Pyrrhussieg? Nie stand die Staatsform der Volksherrschaft so sehr unter Beschuss wie heute, nie waren die Schwächen und Anfälligkeiten, zumal im Westen, so manifest wie jetzt. Die Kritiker sind Legion, und doch mangelt es an brauchbaren Reformvorschlägen. Otfried Höffe will dem Abhilfe leisten. Er legt ein Buch mit konkreten Handlungsvorschlägen vor, das sich einer zweifellos zentralen Herausforderung der Demokratie zuwendet: der Globalisierung.

Höffe, der die Forschungsstelle Politische Philosophie an der Universität Tübingen leitet, tut gut daran, den Begriff "Globalisierung", der allzu oft auf Ökonomisches verengt wird, zu weiten. Denn auf diese Weise geraten nicht nur staatenübergreifende Gewalt oder Kooperationen wie Amnesty International und Ärzte ohne Grenzen ins Blickfeld: So wird es auch möglich, die politische Philosophie ins analytische Spiel zu bringen. Ziel des Autors ist es, den normativen Rahmen einer "Weltrepublik" zu zimmern, der von der praktischen Politik auszufüllen sei.

Wie sieht eine perfekte Weltgemeinschaft aus? Höffe nennt nicht viel Neues, wenn er Gerechtigkeit, Subsidiarität und Föderalismus als wichtige Leitprinzipien anführt, wenn er Bürgertugenden wie Rechtssinn und Toleranz fordert, wenn er sich wider einen globalen Leviathan ausspricht. Interessant sind dagegen die Details bei strittigen Fragen, die das Spektrum des Allgemeinen übersteigen und in eine stringente Argumentation eingebettet sind. Höffe ist zum Beispiel gegen ein Menschenrecht auf Einwanderung, weil etwa die Ressourcen selbst eines großzügigen Gastlandes gesprengt werden könnten. Und er ist gegen ein Asylrecht, das lediglich zur Verbesserung von Lebensumständen in Anspruch genommen wird.

Der Autor vermag es, eine Reihe von nationalen und internationalen Einrichtungen, die Bestandteil der anvisierten "Weltrepublik" sein könnten, fast en passant, aber überzeugend zu kritisieren. Dazu gehört das Bundesverfassungsgericht. Wenn wie in Deutschland die Länder zunehmend auf eine Vollzugsfunktion ("Verwaltungskompetenz") eingeschränkt würden, bedeute das eine fortschreitende Unitarisierung. Die stelle eine so einschneidende Veränderung des ursprünglichen Bundesvertrages dar, dass sie nicht schleichend geschehen dürfe, sondern nur nach einer Grundsatzdebatte und Grundsatzentscheidung.

Von den "autokratischen" Organisationen sticht dem Autor vor allem das Internationale Olympische Komitee ins Auge, das die drei klassischen Gewalten - Legislative, Exekutive und Judikative - in sich vereinige. Die oligarchische Herrschaftselite rekrutiere sich in einem fragwürdigen Verfahren der Kooptation, die Arbeit finde in einem Maß unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit statt, das sich selbst Wirtschaftsunternehmen heute kaum noch erlaubten.

Wenn Höffe seine "Weltrepublik" ex negativo erläutert, fehlen auch Hiebe auf Steueroasen nicht: Indem Staaten sich durch derlei profilierten, verletzten sie ein elementares Gerechtigkeitsgebot, da sie Firmensitze an sich zögen, ohne sich um die Infrastruktur der Betriebsstätten und deren Personal zu kümmern. Dieses Verhalten als "Trittbrettfahrer an der Weltgesellschaft" solle anderen Staaten das Recht geben, einen Ausgleich für die nicht bereitgestellte Erschließung zu verlangen.

Höffes Buch ist klar strukturiert und setzt sich mit der Forschung konstruktiv auseinander. Nur selten finden sich steife Formulierungen wie die über die Untiefen von Krieg und Abschreckung. Wenn auch Aristoteles und Immanuel Kant, über die Höffe glänzende Monographien geschrieben hat, gar zu häufig als Gewährsmänner bei historischen Ausflügen herhalten müssen, sind doch die angeführten Weisheiten der Altvorderen fast immer passgenau.

Beispielsweise die Vorwegnahme des Begriffes Globalisierung durch den griechischen Philosophen Demokrit: "Dem weisen Mann steht die ganze Erde offen; das Universum ist das Vaterland der guten Seele."

THOMAS LEUCHTENMÜLLER

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Mit grosser Anerkennung bespricht Georg Kohler in einer sehr detailierten Rezension Höffes Buch. Dabei lobt er vor allem Höffes Präzision in Aufbau und der Struktur des Buches wie auch in der Argumentation, seine dialektischen Fähigkeiten und die Tatsache, dass der Autor auch Einwänden und Gegenargumenten nie ausweicht, sondern - ganz im Gegenteil - sie ausführlich erörtert. Zwar findet Kohler Höffes Thesen von einem "föderalen Weltstaat" recht gewagt, jedoch seien Höffes Argumente dafür nicht zu widerlegen. "Kein zeitgeisteifriger Fast-food-Essay, sondern ein Stück gründlicher Philosophie, lohnt es Seite für Seite die konzentrierte Lektüre", lautet Kohlers Fazit.

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