Wer sich heute die politische Oberflächenstruktur des Ruhrgebiets als sozialdemokratische Einheitslandschaft ansieht, wird es kaum für möglich halten, daß die Region an Rhein und Ruhr für die SPD lange Zeit eine Diaspora war, in der Nationalliberale und die katholische Zentrumspartei den Sozialdemokraten den Rang abliefen. Frank Bajohr stellt in seinem Buch die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiterschaft dar und analysiert vor diesem Hintergrund die Politik der konkurrierenden Parteien, Maßnahmen der Stadtverwaltung und der Krupp-Werke. Dabei zeigt sich, daß erst nach der Jahrhundertwende die SPD eine stetig wachsende Zahl von Arbeitern an sich zu binden vermochte. Für den schwindenden Einfluß von Nationalliberalen und katholischem Zentrum macht der Autor drei wichtige Faktoren aus: Die Masseneinwanderung jüngerer Arbeitskräfte, die schleichende Krise des Betriebspaternalismus und einen grundlegenden Wandel der Essener Kommunalpolitik.