Harald Graf legt in seiner umfangreichen Arbeit die erste gründliche Untersuchung der Schiller-Rezeption in Schweden von ihren Anfängen um 1790 bis in die Romantik vor und breitet vor dem Leser gleichzeitig ein facettenreiches Panorama des literarischen Lebens der Spätaufklärung und der frühen Romantik aus. Die Neubewertung der Schiller-Rezeption in Schweden - er ist nicht in erster Linie von den Romantikern, sondern von den Aufklärern rezipiert worden - bezieht sich nicht nur auf die historische Wahrnehmung Schillers, sondern auch auf die Konturen der schwedischen Aufklärung generell. Die literaturhistorisch stets stiefmütterlich behandelte Phase zwischen 1790 und 1809, die sogenannten Eisenjahre, wird auf den unterschiedlichen Ebenen als Spätaufklärung gelesen, ein Vorhaben, das zugleich die bisherige Unterschätzung der Aufklärung in der schwedischen Literaturwissenschaft durchbricht - und diese ist keineswegs dem französischen Literaturparadigma unterworfen gewesen, sondern dem deutschen. Gemäß der dabei in Anspruch genommenen methodischen Ausrichtung im Schnittpunkt von Rezeptionsgeschichte, Literatursoziologie, Begriffsgeschichte und New Historicism wird nicht nur die Höhenkamm-Rezeption in den Blick genommen, sondern auch Schillers Breitenwirkung in der sich herausbildenden literarischen Öffentlichkeit Schwedens einbezogen: Schiller war Stichwortgeber einer sich unter Legitimationsdruck befindenden Generation, die sich gegen den herrschenden Zeitgeist durchzusetzen wünschte.