Produktdetails
- Verlag: Ch. Links Verlag
- ISBN-13: 9783861534976
- ISBN-10: 3861534975
- Artikelnr.: 23846583
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.11.2008Münchner Seiten
Neues vom Büchermarkt
Asche ins All
Friedwald, Satellit oder Tiefkühltruhe: Ein neues Buch befasst sich mit alternativen Bestattungsformen
Von Claudia Wessel
Die eigene Beerdigung vorbereiten? Sich damit befassen, ob man ein Leichenhemd aus Naturfasern tragen möchte, das den Verwesungsprozess begünstigt? Und ob man sich vielleicht nach dem Ableben gefriertrocknen lassen sollte, damit die eigenen Überreste leichter zu Humus werden?
Im ersten Moment wirkt es wie eine Zumutung, sich mit all diesen „unappetitlichen” Details zu befassen, die die Münchner Autorin Magdalena Köster in ihrem neuen Buch zusammengetragen hat. Da geht es um „Erdmöbel”, die man sich schon lange vor dem Tod zulegen und derweil als Truhe, Bücherregal oder Schuhschrank benutzen kann, bevor man selbst hineingelegt und begraben wird. Es geht um das Einbalsamieren, das „die natürlichen körperlichen Veränderungen nach dem Tod” für eine gewisse Zeit unterbrechen soll und eine „innere wie äußere Desinfektion des Leichnams” ist. Es geht um den Umgang mit Leichen nach Unfällen oder gewaltsamen Toden. Mit einer speziellen thanatologischen Behandlung werden die Verstorbenen „mit Nadel und Faden, Klebemitteln, Wachs und verschiedenen Kosmetika so wieder hergerichtet, dass eine offene Aufbahrung und damit ein Abschied der Angehörigen möglich ist.”
Diese Dinge, die einem Angst machen und die man nicht wahrhaben möchte, werden in dem Buch in aller Ausführlichkeit beschrieben. Hat man jedoch den ersten Schock erst einmal überwunden, stellt man fest, wie viele wichtige und wertvolle Informationen darin zu finden sind. Und dass über die puren Fakten hinaus auch eine Philosophie vermittelt wird. Nämlich die, die Entscheidungsgewalt auch nach dem Tod nicht einfach aus der Hand zu geben. Weder nach dem eigenen Tod, noch nach dem von Angehörigen.
Das beginnt beim Umgang mit Bestattungsunternehmen, die den Schilderungen Kösters zufolge die unangenehme Eigenschaft haben, den Angehörigen Druck zu machen. „Viele wissen in Deutschland nicht, dass sie einen Verstorbenen ohne jegliche Genehmigung 36 Stunden zu Hause aufbahren können. Auf Antrag kann dies sogar auf bis zu 96 Stunden verlängert werden.” Man kann auch jemanden, der im Krankenhaus gestorben ist, noch einmal mit nach Hause nehmen. Auf solche Abschiedszeremonien legt man in Bestattungsunternehmen keinen Wert, wird doch jede Stunde der Leiche im Kühlhaus gut bezahlt. „Vorsichtig sollten Sie sein, wenn man Sie bedrängen will und Wörter wie ,unverzüglich‘, ,umgehend‘ oder ,grundsätzlich‘ auftauchen”, warnt Köster. Auch die Uhrzeit für eine Beerdigung solle man sich nicht aufdrängen lassen. So sei es durchaus möglich, auch einen Termin am Nachmittag zu bekommen, um Verwandten, die weit entfernt leben, die Anreise zu erleichtern.
Wer Alternativen dazu sucht, nach dem Tod in einem Eichensarg in einem Reihengrab zu liegen, dem stellt Magdalena Köster einige schöne Plätze vor. Etwa den 2002 eingeweihten Friedwald bei Michelstadt im Odenwald. Hier lassen sich die Menschen unter ihrem ganz persönlichen Baum begraben, entweder alleine oder mit der ganzen Familie, als Ehepaar oder mit der besten Freundin. Die Grabpflege fällt bei dieser Form der Beerdigung weg, die Menschen fühlen sich als Teil der Natur, berichtet Förster Roland Honecker, der den Friedwald betreut.
Auch ganz skurrile Formen der Bestattung werden vorgestellt. So etwa kann man aus der eigenen Asche einen Diamanten herstellen lassen, was etwa 20 000 Euro kostet. Oder einen Teil seiner Asche (genau sieben Gramm) mit Hilfe der texanischen Firma „Space Services” per „Bestattungssatellit” ins All schicken, der beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglüht. Ziemlich kostspielig ist es auch, sich in minus 196 Grad Celisius kaltem Stickstoff tiefkühlen zu lassen bis zum Jahr 2050 – um dann womöglich wieder aufzuwachen.
Magdalena Köster: „Den letzten Abschied selbst gestalten. Alternative Bestattungsformen”, Ch. Links Verlag, 14,90 Euro. Die Autorin liest am heutigen Dienstag, 4. November, um 19.30 Uhr in der Seidl-Villa und steht für Fragen zur Verfügung.
Magdalena Köster auf dem Alten Südlichen Friedhof. In ihrem Buch befasst sie sich ohne Scheu mit dem Tod. sru
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Neues vom Büchermarkt
Asche ins All
Friedwald, Satellit oder Tiefkühltruhe: Ein neues Buch befasst sich mit alternativen Bestattungsformen
Von Claudia Wessel
Die eigene Beerdigung vorbereiten? Sich damit befassen, ob man ein Leichenhemd aus Naturfasern tragen möchte, das den Verwesungsprozess begünstigt? Und ob man sich vielleicht nach dem Ableben gefriertrocknen lassen sollte, damit die eigenen Überreste leichter zu Humus werden?
Im ersten Moment wirkt es wie eine Zumutung, sich mit all diesen „unappetitlichen” Details zu befassen, die die Münchner Autorin Magdalena Köster in ihrem neuen Buch zusammengetragen hat. Da geht es um „Erdmöbel”, die man sich schon lange vor dem Tod zulegen und derweil als Truhe, Bücherregal oder Schuhschrank benutzen kann, bevor man selbst hineingelegt und begraben wird. Es geht um das Einbalsamieren, das „die natürlichen körperlichen Veränderungen nach dem Tod” für eine gewisse Zeit unterbrechen soll und eine „innere wie äußere Desinfektion des Leichnams” ist. Es geht um den Umgang mit Leichen nach Unfällen oder gewaltsamen Toden. Mit einer speziellen thanatologischen Behandlung werden die Verstorbenen „mit Nadel und Faden, Klebemitteln, Wachs und verschiedenen Kosmetika so wieder hergerichtet, dass eine offene Aufbahrung und damit ein Abschied der Angehörigen möglich ist.”
Diese Dinge, die einem Angst machen und die man nicht wahrhaben möchte, werden in dem Buch in aller Ausführlichkeit beschrieben. Hat man jedoch den ersten Schock erst einmal überwunden, stellt man fest, wie viele wichtige und wertvolle Informationen darin zu finden sind. Und dass über die puren Fakten hinaus auch eine Philosophie vermittelt wird. Nämlich die, die Entscheidungsgewalt auch nach dem Tod nicht einfach aus der Hand zu geben. Weder nach dem eigenen Tod, noch nach dem von Angehörigen.
Das beginnt beim Umgang mit Bestattungsunternehmen, die den Schilderungen Kösters zufolge die unangenehme Eigenschaft haben, den Angehörigen Druck zu machen. „Viele wissen in Deutschland nicht, dass sie einen Verstorbenen ohne jegliche Genehmigung 36 Stunden zu Hause aufbahren können. Auf Antrag kann dies sogar auf bis zu 96 Stunden verlängert werden.” Man kann auch jemanden, der im Krankenhaus gestorben ist, noch einmal mit nach Hause nehmen. Auf solche Abschiedszeremonien legt man in Bestattungsunternehmen keinen Wert, wird doch jede Stunde der Leiche im Kühlhaus gut bezahlt. „Vorsichtig sollten Sie sein, wenn man Sie bedrängen will und Wörter wie ,unverzüglich‘, ,umgehend‘ oder ,grundsätzlich‘ auftauchen”, warnt Köster. Auch die Uhrzeit für eine Beerdigung solle man sich nicht aufdrängen lassen. So sei es durchaus möglich, auch einen Termin am Nachmittag zu bekommen, um Verwandten, die weit entfernt leben, die Anreise zu erleichtern.
Wer Alternativen dazu sucht, nach dem Tod in einem Eichensarg in einem Reihengrab zu liegen, dem stellt Magdalena Köster einige schöne Plätze vor. Etwa den 2002 eingeweihten Friedwald bei Michelstadt im Odenwald. Hier lassen sich die Menschen unter ihrem ganz persönlichen Baum begraben, entweder alleine oder mit der ganzen Familie, als Ehepaar oder mit der besten Freundin. Die Grabpflege fällt bei dieser Form der Beerdigung weg, die Menschen fühlen sich als Teil der Natur, berichtet Förster Roland Honecker, der den Friedwald betreut.
Auch ganz skurrile Formen der Bestattung werden vorgestellt. So etwa kann man aus der eigenen Asche einen Diamanten herstellen lassen, was etwa 20 000 Euro kostet. Oder einen Teil seiner Asche (genau sieben Gramm) mit Hilfe der texanischen Firma „Space Services” per „Bestattungssatellit” ins All schicken, der beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglüht. Ziemlich kostspielig ist es auch, sich in minus 196 Grad Celisius kaltem Stickstoff tiefkühlen zu lassen bis zum Jahr 2050 – um dann womöglich wieder aufzuwachen.
Magdalena Köster: „Den letzten Abschied selbst gestalten. Alternative Bestattungsformen”, Ch. Links Verlag, 14,90 Euro. Die Autorin liest am heutigen Dienstag, 4. November, um 19.30 Uhr in der Seidl-Villa und steht für Fragen zur Verfügung.
Magdalena Köster auf dem Alten Südlichen Friedhof. In ihrem Buch befasst sie sich ohne Scheu mit dem Tod. sru
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