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Mit diesem Band wird die Dokumentation der Ausstellungstätigkeit des Kunstsalons Cassirer für die Jahre 1905-1910 fortgesetzt. Auch in seinen Jahrgängen 8-12 reihte Paul Cassirer Höhepunkt an Höhepunkt. Zu nennen sind die Monet-Retrospektive im Oktober 1905, die van Gogh-Tournee zur Jahreswende 1905/06 (die in Dresden die Bildung der Künstlervereinigung 'Brücke' inspirierte), die Ausstellung der berühmten Impressionisten-Sammlung des Opernsängers Faure im Herbst 1906, die Entdeckung Max Beckmanns im Frühjahr 1907, die Präsentation von van Goghs Zeichnungen Ende gleichen Jahres (bei der die…mehr

Produktbeschreibung
Mit diesem Band wird die Dokumentation der Ausstellungstätigkeit des Kunstsalons Cassirer für die Jahre 1905-1910 fortgesetzt. Auch in seinen Jahrgängen 8-12 reihte Paul Cassirer Höhepunkt an Höhepunkt. Zu nennen sind die Monet-Retrospektive im Oktober 1905, die van Gogh-Tournee zur Jahreswende 1905/06 (die in Dresden die Bildung der Künstlervereinigung 'Brücke' inspirierte), die Ausstellung der berühmten Impressionisten-Sammlung des Opernsängers Faure im Herbst 1906, die Entdeckung Max Beckmanns im Frühjahr 1907, die Präsentation von van Goghs Zeichnungen Ende gleichen Jahres (bei der die Berliner Nationalgalerie ihre bedeutenden Blätter erwarb), die großen Retrospektiven zu Delacroix und Goya in derselben Saison, die kühne und leidenschaftlich umstrittene Ausstellung mit Aquarellen von Cézanne, Gemälden von Munch und Arbeiten von Matisse im Herbst 1908, unmittelbar gefolgt von einer breit angelegten Hodler-Schau; eine Ausstellung von 45 Gemälden Cézannes im Herbst 1909, der Verkauf der epochalen Manet-Sammlung Auguste Pellerins im Frühling 1910 und die Entdeckung Oskar Kokoschkas mit einer Präsentation seiner frühen Porträts im Sommer 1910. Regelmäßige Ausstellungen galten darüber hinaus den Mitgliedern der Berliner Sezession, wobei die Repräsentanten Liebermann, Leistikow, Corinth und Slevogt neben jungen Talenten wie Theo v. Brockhusen, Oskar Moll oder Heinrich Nauen standen. Auch Nolde, Jawlensky und Käthe Kollwitz gaben bei Cassirer ein Gastspiel, kehrten aber der Galerie im Kontext von Sezessionskonflikten wieder den Rücken. Denn gestritten wurde lebhaft und viel: Über den Einfluß der ausländischen Kunst und die Richtung, in welcher sich die deutsche entwickeln sollte; über die Macht der Sezessionsgründer und die Rechte der neuen Avantgarde; über die Preissteigerungen im Kunsthandel und die Ressentiments des Antisemitismus. Wie schon in den ersten beiden Bänden wird all dies durch zeitgenössische Artikel und Rezensionen dokumentiert. Es entsteht soein kulturgeschichtliches Panorama von unvergleichlichem Facettenreichtum.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Bernhard Echte, Autor und Verleger, war lange Jahre Leiter des Robert Walser-Archivs in Zürich und entzifferte zusammen mit Werner Morlang Walsers rätselhafte "Mikrogramme". Daneben gab er mehrere Bände der Werke und Briefe Friedrich Glausers heraus, edierte Hugo Ball, Marieluise Fleisser, Emmy Hennings, Franz Hessel und andere. Im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Ausstellungsmacher produzierte er verschiedene Katalog-Publikationen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Jubelnd begrüßt Caroline Kessler den zweiten Doppelband über den Kunstsalon Paul Cassirers, der die Ausstellungen 1905 bis 1910 zeigt. In dem vorzüglich von Bernhard Echte und Walter Feilchenfeldt editierten Werk liest sie nicht nur das meist kontroverse zeitgenössische Presseecho, sondern bewundert auch die Abbildungen der in den Ausstellungen gezeigten Werke, die die Herausgeber rekonstruierten. So schwelgt die Kritikerin in impressionistischen Gemälden von van Gogh und Cezanne, bemerkt erstaunt wie gekonnt Cassirer Delacroix, Goya oder El Greco mit Liebermann oder Corinth kombinierte und lobt das Händchen des Kunsthändlers für damals noch unbekannte Künstler wie Ferdinand Hodler. Amüsiert liest sie auch die Urteile von Cassirers Zeitgenossen, die ihm unter anderem "Allüren eines Caesars" vorwarfen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.09.2014

Ganz Gegenwärtig
Bernhard Echte und Walter Feilchenfeldt haben ihre beeindruckende Chronik der Kunsthandlung von Paul Cassirer fortgesetzt.
Ihr Doppelband liefert nicht nur Neues zu Cassirers Bedeutung, er dokumentiert auch die ästhetischen Debatten der Zeit
VON IRA MAZZONI
Der Kunsthändler Paul Cassirer (1871-1926), der Impressionismus und Moderne an deutsche Museen vermittelte, schrieb Kulturgeschichte. In seinem Berliner Kunstsalon an der Viktoriastraße zeigte er Gemälde von Claude Monet und Edouard Manet, von Paul Cézanne und Vincent van Gogh, die heute in keiner Blockbuster-Ausstellung mehr zusammen gezeigt werden könnten. Er wagte sich an Edvard Munch und zeigte 1908 – immer am Pariser Puls – die erste große Matisse-Schau, die nach Margarete Moll „Aufsehen und Bestürzung“ unter der Berliner Künstlerschaft hervorrief.
  Nachdem Bernhard Echte vor zwei Jahren dem Aufstieg des Kunstsalons einen prächtigen Doppelband widmete, setzt er nun die einmalige Erfolgsgeschichte des wohl einflussreichsten Kunsthändlers Deutschlands mit zwei weiteren Bänden fort. Jahr für Jahr, Ausstellung für Ausstellung wertete Echte Augenzeugenberichte und vor allem die kritischen Feuilletons aus und zeigt was besprochen wurde, Bild für Bild. Jeder Ausstellungszyklus wird in einem einleitenden Essay von Echte in den zeitgeschichtlichen Kontext gestellt.
  So ergibt sich nicht nur eine Kulturgeschichte des deutschen Kunsthandels zu Beginn des 20. Jahrhunderts sondern auch eine des damals mächtigen Feuilletons. Es ist eine Lust zu lesen, wie sich anhand ziselierter Bildbeschreibungen Urteile über Gemälde und Plastiken bilden, die heute längst „klassisch“ sind.
  Dabei ist der Quellenwert der Feuilletons nicht zu gering zu schätzen. Denn Cassirers Firmenarchiv hat die Zeitläufte und das Exil seiner Nachfolger nur fragmentarisch überstanden. Allein bis zum Jahr 1910 sind Verkaufsbücher mit wichtigen Hinweisen auf den Kundenstamm überliefert. Mit viel Geduld haben Walter Feilchenfeldt – Rechtsnachfolger Cassirers und Inhaber des Archivs – sowie Echte auch das Archiv von Cassirers Pariser Partner Durand-Ruel zumindest in Teilen durchforscht, um die Bedingungen der langen Kooperation darstellen zu können. Wo aber die Archive Lücken aufweisen und schweigen, da redet das Feuilleton – übrigens auch über institutionelle und private Sammler. Die Chronik liefert daher auch wichtige neue Erkenntnisse für die Provenienzforschung.
  Cassirer war mehr als ein Kunsthändler, er war ein Kulturschaffender und ein Missionar. Viele seiner Ausstellungen galten nicht dem kurzfristigen Verkauf, sondern der langfristigen Geschmacksbildung. So öffnete er dem Großstadt-Publikum die Augen für Vincent van Gogh. Um gegen die Konkurrenz an ungesehene Werke des Van Gogh’schen Nachlasses zu kommen, ließ sich Cassirer von der Nachlassverwalterin Johanna Cohen Gosschalk-Bonger den Leihvertrag diktieren.
  Echte druckt die Korrespondenz, den Vertrag und die eindrucksvolle Leihliste von Cassirers Wanderausstellung ab, die mit unterschiedlichen Schwerpunkten auch in Hamburg, Dresden und Wien gastierte. Ohne Cassirers Engagement hätten die Dresdner Architekturstudenten Ernst Ludwig Kirchner, Fritz Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff kaum die Originale gesehen, die sie „außer Rand und Band“ gerieten ließen.
  Im Kunstsalon konnte man aber auch alte Kunst neu entdecken. El Greco schien als Wegbereiter der Expressionisten interessant. Geradezu museal war die Werkschau von Eugen Delacroix aus der Sammlung des Pariser Rechtsanwalts Chéramy, die vom Kunsthistoriker Meier-Graefe kuratiert wurde, und zu der ein dicker wissenschaftlicher Katalog erschien. Darin holte Meier-Graefe schrieb, man könne nichts „Wesentliches von Cézanne verstehen, wenn Delacroix unverstanden bleibt.“
  Cassirer protegierte die Maler der Berliner Sezession. Da er zugleich auch deren Geschäftsführer war und die Werke seines Freundes Max Liebermann, der auch Präsident der Sezession war, immer prominent ausstellte, gab es viele Anfeindungen gegen die mächtige Allianz.
  Oft wurde Cassirer sein Faible für den französischen Impressionismus vorgehalten. Schon bald könnte er die Kunst von gestern sein, wie Curt Glaser 1909 im Hamburgischen Correspondent anmerkte. Tatsächlich zeigte Cassirer schon 1906 etwa die Künstler der Brücke: Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff. Im selben Jahr bemühte sich auch der junge Max Beckmann darum, in die einflussreiche Galerie aufgenommen zu werden. Nachdem er ihn erst abgelehnt hatte, zeigte Cassirer dann dessen Landschaften neben Werken von Georg Minne und verkaufte sogar erste Arbeiten. Überrascht ist man, auf den letzten Seiten eine 1910 gezeigte Ausstellung mit Werken von Oskar Kokoschka zu entdecken. Alle Rezensenten bemerkten das Aufregende und Neue. Aber mancher hielt es für Schmiererei.
  Immer wieder sah sich Cassirer nationalistischen und antisemitischen Angriffen ausgesetzt, weil er der „deutschen“ Kunst angeblich zu wenig Aufmerksamkeit schenkte. Das war 1905 zu Zeiten der Marokkokrise so, als Henry Thode, Schwiegersohn Richard Wagners und Kunsthistoriker an der Universität Heidelberg, sich für Arnold Böcklin und Hans Thoma einsetzend, gegen die „meinungsbildende Kraft der modernen Kunst“ in Berlin polemisierte und einen Zeitungskrieg um die nationale Kunst entfesselte. Schärfer wurden die Töne 1910 als Carl Vinnen mit der Moderne abrechnete, die in den „Protest deutscher Künstler“ mündete. Er zeichnete auf fatale Weise die Polemik der vernichtenden nationalsozialistischen Kunstpolitik vor.
  Echte und Feilchenfeldt planen, die ganze Geschichte von Cassirers Kunstsalon bis 1933 zu dokumentieren, dem Jahr, in dem die Kunsthandlung ins Amsterdamer Exil zog. Bei der Sorgfalt der Edition verwundert es, dass kein großes Forschungsprojekt hinter dieser Pracht-Publikation steht, sondern das kleine Team des kleinen Schweizer Verlags Nimbus. Dennoch hofft Echte, schon im Herbst 2015 den nächsten Doppelband für die Jahre 1910 bis 1915 vorlegen zu können.
  Nachdem die Stiftung Ars Europa das Projekt nicht mehr fördert, muss sich Echte allerdings um neue Unterstützer kümmern. Es stünde der Stadt Berlin oder einer Bundesinstitution gut an, sich für diese Aufarbeitung der Kulturgeschichte des Kunsthandels zu engagieren, zumal sie darüber hinaus auch noch eine Geschichte der deutschen Kunstkritik in ihren bedeutendsten Jahren darstellt.
Bernhard Echte/Walter Feilchenfeldt: „Den Sinnen ein magischer Rausch“, „Ganz eigenartige neue Werte“. Kunstsalon Cassirer: Die Ausstellungen 1905-1910, Bände 3 und 4. Nimbus Verlag, Wädenswil 2014. 1324 Seiten, 128 Euro.
Angegriffen wurde Cassirer schon
1905. Er schenke der „deutschen
Kunst“ zu wenig Aufmerksamkeit
Bei Cassirer bevor es Blockbuster-Material wurde: Edouard Manets „Bar in den Folies Bergères“ (1882).
Abb.: Nimbus
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