Erkenntnisse, Einsichten, Erfahrungen
Der Mathematiker John Casti beschäftigt sich in „Wie wird ein Ereignis zum X-Event“ mit der Anfälligkeit komplexer Systeme. Gemeint sind insbesondere die komplexen Systeme, die unsere hoch entwickelte Wirtschaft am Leben erhalten und uns Wohlstand
ermöglichen. Die derzeitige Überversorgung in weiten Teilen der Welt wird wie selbstverständlich hingenommen,…mehrErkenntnisse, Einsichten, Erfahrungen
Der Mathematiker John Casti beschäftigt sich in „Wie wird ein Ereignis zum X-Event“ mit der Anfälligkeit komplexer Systeme. Gemeint sind insbesondere die komplexen Systeme, die unsere hoch entwickelte Wirtschaft am Leben erhalten und uns Wohlstand ermöglichen. Die derzeitige Überversorgung in weiten Teilen der Welt wird wie selbstverständlich hingenommen, dabei gibt es Abhängigkeiten, die sehr schnell zum Kollaps führen können. So führte eine Blockade der Autobahnauffahrten in Italien 2007 dazu, dass nach 2 Tagen die Supermärkte leergeräumt waren und Tankstellen kein Benzin mehr verkaufen konnten. Der Club of Rome hatte sich bereits 1972 mit den Abhängigkeiten in modernen Gesellschaften beschäftigt und Grenzen des Wachstums aufgezeigt; geändert hat sich seitdem nichts.
Die Innenansichten der Soldaten der Wehrmacht sind Thema in Felix Römers Beitrag „Kameraden. Die Wehrmacht von innen“. Als Quelle dienten u.a. Abhörprotokolle der Amerikaner aus den alliierten Vernehmungslagern des Zweiten Weltkriegs. Die Gespräche der einfachen Soldaten untereinander wurden in großem Stil abgehört. Diese Quelle ist aussagekräftiger als die meist zensierte Feldpost. Deutlich wird anhand dieser Protokolle, dass der Politisierungsgrad der Soldaten trotz Diktatur geringer war, als allgemein angenommen. „Dem Klischee von fanatischen Weltanschauungskriegern entsprach indes wohl nur eine kleine Minderheit.“ Für weitergehende Untersuchungen fehlt es an Quellen. Insofern ist auch kein Vergleich zwischen dem deutschen Landser, dem amerikanischen GI oder dem Rotarmisten möglich.
In weiteren Beiträgen geht es um Nächstenliebe (Beatrice von Weizsäcker), die Bedeutung von „christlich“ (Hans Küng), um die Zukunft der Energie (Robert B. Laughlin) und um die Krebsforschung (David Agus). Zu letztgenanntem Beitrag hätte ich mir, entsprechend dem Titel „Das Ende der Krankheit“ mehr Inhalt gewünscht. Primär wird angedeutet, dass ein systemischer (ganzheitlicher) Ansatz weiterführen kann, ohne diesen jedoch zu konkretisieren.
Der letzte Teil des Buches ist zwei markanten Frauen gewidmet, die sich gegen den Mainstream gestellt haben und selbstbewusst ihre eigenen Positionen vertreten haben. Eva Rieger beschreibt die Konflikte, die Friedelind Wagner, Enkelin von Richard Wagner, mit dem Nationalsozialismus hatte und Ursula Ludz und Thomas Wild erläutern Hannah Arendts Ausführungen zur Gerichtsverhandlung des NS-Verbrechers Adolf Eichmann. Arendts Ansichten und Einsichten prägten den Begriff „Banalität des Bösen“, welcher auf heftigen Widerstand stieß.
Auffallend ist, dass fast alle Beiträge auf die Verantwortung des Einzelnen abzielen. Die „Denkanstöße 2014“ sind weniger reine Informationen aus verschiedenen Disziplinen, dafür mehr (im wörtlichen Sinne) Anstöße zu mehr Selbstverantwortung. Wer neue Themen sucht (aus Wissenschaft und Forschung), braucht das Buch nicht zu lesen. Es liegt an der Struktur dieser Schriftenreihe, dass Themen nicht ausführlich behandelt werden können. Ein kleiner Einblick in die Thesen der Autoren ist dennoch möglich.