Beiträge aus Philosophie, Kultur und Wissenschaft
Das Buch enthält acht Beiträge verschiedener zeitgenössischer Autoren. Dem Vorwort nach zu urteilen, lädt das Buch dazu ein, den Drang nach Erkenntnis zu befriedigen, auf Basis aktueller Einsichten aus Philosophie, Kultur und Wissenschaft. Werden
die Beiträge diesem Anspruch gerecht?
John Cornwell beschreibt die Entwicklung der Beichte als…mehrBeiträge aus Philosophie, Kultur und Wissenschaft
Das Buch enthält acht Beiträge verschiedener zeitgenössischer Autoren. Dem Vorwort nach zu urteilen, lädt das Buch dazu ein, den Drang nach Erkenntnis zu befriedigen, auf Basis aktueller Einsichten aus Philosophie, Kultur und Wissenschaft. Werden die Beiträge diesem Anspruch gerecht?
John Cornwell beschreibt die Entwicklung der Beichte als dunkle Geschichte der katholischen Kirche. Im Hinblick auf die Folgen für die Kinder und Jugendlichen spricht er von einem Beichtexperiment. Horrorvisionen von Höllenqualen und ewiger Verdammnis haben bei manchen Menschen zu Traumatisierungen geführt.
Michael Schmidt-Salomon erläutert als Alternative zur religiösen Erziehung die Geschichte des Humanismus. Auch eine Gesellschaft ohne Gottesbild ist nicht frei von Gewalt und Unterdrückung, wie Schmidt-Salomon am Beispiel des Faschismus deutlich macht. Er bietet als Möglichkeit die auf Julian Huxley zurückgehende Idee des evolutionären Humanismus an.
Palliativmedizinerin Petra Anwar und Autor John von Düffel setzen sich mit dem Tabu-Thema Sterben auseinander. Anders als Christian Schüle [1], der das Thema allgemein aus verschiedenen Perspektiven behandelt, beschreibt Frau Anwar einen konkreten Fall, bei dem sie einen Sterbenden und dessen Familie begleitet hat.
Alan Weismann analysiert in „Countdown. Hat die Erde eine Zukunft?“ die Bevölkerungssituation der Israelis und Palästinenser im Nahen Osten. Mit dem Thema hatte sich schon Heinz Haber in den 1970er Jahren ausführlich beschäftigt [2].
Thomas de Padova erläutert die Entwicklung der Pendeluhr im 17. Jahrhundert. Genaue Uhren waren erforderlich, um das Längengradproblem bei der Schifffahrt zu lösen, denn ohne genaue Zeitangabe ist auf offenem Meer keine Bestimmung des Längengrades möglich. Umberto Eco hat das Thema vortrefflich literarisch verarbeitet [3].
Für alle Themen gilt, dass diese nur angerissen werden können. Für eine Vertiefung ist weitergehende Literatur erforderlich. Die Aufsätze stehen, abgesehen von den ersten beiden, nicht in Beziehung zueinander. Genau das ist aber planbar und gut präsentierte gegensätzliche Positionen würden das Gesamtwerk aufwerten. In der Vergangenheit wurde diese Möglichkeit stärker genutzt.
Die Themenauswahl halte ich nicht für gelungen. Es gibt in der Wissenschaft aktuellere Themen als die Entwicklung der Pendeluhren im 17. Jahrhundert, zumal der Autor auch noch abschweift und den Rechenautomaten von Leibniz integriert. Warum nicht mal über die Digitalisierung der Welt, über Quantencomputer oder über die Nutzung wissenschaftlicher Methoden für die weltweite Überwachung der Bürger berichten?
Otto von Bismarck ist zweifelsohne eine wichtige Person der deutschen Geschichte, über die ich mich aber auch bei Wikipedia informieren kann. Im Vergleich dazu wäre das Thema „Korruption in den Medien“ hoch aktuell. Es mangelt an Themen, die die Menschen wirklich berühren.
Dieses Kriterium erfüllt eindeutig der Aufsatz über die Sterbebegleitung. Das ist ein Thema, welches von vielen Menschen verdrängt wird, aber jeden betrifft. Auch die Bevölkerungsexplosion betrifft jeden, wirkt aber wegen zahlreicher Publikationen ein wenig abgenutzt.
Michael Schmidt-Salomon halte ich aufgrund seiner intellektuellen Fähigkeiten für eine Bereicherung für die Buchreihe Denkanstöße. Auch das angesprochene Thema „evolutionärer Humanismus“ hat, im Hinblick auf Auswirkungen religiöser Verblendung, einen aktuellen Bezug.
Vielleicht müssten die Beiträge unter ein bestimmtes Motto gestellt werden. So jedenfalls wirken sie beliebig aneinandergereiht.
[1] Christian Schüle: „Wie wir sterben lernen“
[2] Heinz Haber: „Stirbt unser blauer Planet?“
[3] Umberto Eco: „Die Insel des vorigen Tages“