Als Häftling im Konzentrationslager Mauthausen arbeitete Simon Wiesenthal auf dem Todesblock - unbemerkt von den Nazi-Schergen - an Skizzen und Zeichnungen, die einem Ziel dienen sollten: die Weltöffentlichkeit nach dem Ende der Naziherrschaft und der Befreiung der Konzentrationslager darüber zu informieren, was sich hinter deren Mauern und dem Stacheldraht zugetragen hat. Wiesenthal brauchte für seine Arbeiten nicht viel mehr als einen Bleistiftstummel und etwas Papier. Bildfragmente aus Nazi-Magazinen, wie sie in Papierkörben zu finden waren, baute er nach dem Krieg als optische Zitate in…mehr
Als Häftling im Konzentrationslager Mauthausen arbeitete Simon Wiesenthal auf dem Todesblock - unbemerkt von den Nazi-Schergen - an Skizzen und Zeichnungen, die einem Ziel dienen sollten: die Weltöffentlichkeit nach dem Ende der Naziherrschaft und der Befreiung der Konzentrationslager darüber zu informieren, was sich hinter deren Mauern und dem Stacheldraht zugetragen hat. Wiesenthal brauchte für seine Arbeiten nicht viel mehr als einen Bleistiftstummel und etwas Papier. Bildfragmente aus Nazi-Magazinen, wie sie in Papierkörben zu finden waren, baute er nach dem Krieg als optische Zitate in seine Collagen ein, und auch die Texte zu den Bildern entstanden erst im Zuge der Vorbereitungen zur Veröffentlichung seines Buches "Mauthausen", das 1946 im Ibis-Verlag in Linz erschienen ist. "Mauthausen" war durch die geringe Auflage schnell vergriffen und geriet bald in Vergessenheit, außerdem waren in der Zeit des beginnenden Kalten Krieges aufrüttelnde Bücher über Nazi-Greuel nicht weiter gefragt. Wiesenthals Zeichnungen und Montagen zeigen auf einigen Blättern Einflüsse von George Grosz, andere nehmen in ihrer Form die Plakatkunst des Klaus Staeck vorweg, seine Collagen sind in ihrer Modernität der Zeit ihres Entstehens weit voraus. Wiesenthals Bilder sind nicht nur beachtliche Kunstwerke, sie sind heute auch Instrumente einer politischen Auseinandersetzung mit dem Neonazismus. Seine Bildersprache vermag in unserer Zeit ebenso eindringlich und wirksam wie vor 50 Jahren die - vor allem optisch ansprechbare - junge Generation durch diesen "Bericht aus dem Inferno" zu bewegen und sie zu warnen.
Simon Wiesenthal, geboren 1908 in Butschatsch/Buczacz war Architekt, Publizist und Schriftsteller. Nach seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager Mauthausen im Mai 1945 machte Simon Wiesenthal die „Suche nach Gerechtigkeit für Millionen unschuldig Ermordeter“ zu seiner Lebensaufgabe und wurde zu einem Zeitzeugen des Holocaust, der weltweit Tätern aus der Zeit des Nationalsozialismus nachforschte, um sie einem juristischen Verfahren zuzuführen. Er gründete das Dokumentationszentrum Jüdische Historische Dokumentation in Linz und später das Dokumentationszentrum des Bundes Jüdischer Verfolgter des Naziregimes in Wien. Wiesenthal verstand sich nicht als „Nazi-Jäger“, wie er im Laufe der Zeit sowohl anerkennend von Anhängern als auch ablehnend von Kritikern bezeichnet wurde. Wiesenthal sah sich selbst eher als Rechercheur, der jene zur Verantwortung ziehen wollte, die an der geplanten "Endlösung der Judenfrage" mitgewirkt hatten. Entsprechend lehnte er die Kollektivschuldthese nach einem frühen Umdenken ab. Wiesenthal sah in seiner Tätigkeit unter anderem die Pflichterfüllung, als Zeitzeuge und Überlebender des Holocaust vor dem Vergessen der Shoa zu warnen, die nicht mit Massenmord und Gaskammern begonnen habe, sondern mit der Demontage von Demokratie und Menschenrechten. Seine internationale Vortragstätigkeit stand deshalb unter dem Leitspruch „Aufklärung ist Abwehr“. Er starb 2005 in Wien.
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