Die Entwicklung des Bergbaus im alten Europa ist aus heutiger Perspektive erstaunlich einheitlich verlaufen. Als die Gewinnung mineralischer Rohstoffe für kultische Zwecke und bald danach auch im Rahmen wirtschaftlicher Austauschbeziehungen begann, existierte noch kein Begriff für Europa. Schon in der Bronzezeit überschritten der Handel mit bergbaulich gewonnenen Rohstoffen - und damit auch das Wissen um deren Gewinnung und Verarbeitung - die Grenzen Europas, Afrikas und Asiens. Der Bergbau stellte zudem für einen entfalteten Handel unentbehrliche Materialien bereit: Edelmetalle, aus denen man Münzgeld prägte. Bergbau erlangte so schon in der Antike große politische Bedeutung. Nach den "dunklen Jahrhunderten", die der Völkerwanderung folgten, entstand eine Bergbauwirtschaft, die zunehmend in den Dienst mittelalterlicher Herrschaft gestellt wurde. Die fortschreitende "Monetarisierung" der Politik seit dem 12. Jahrhundert ließ die kleinen und großen mitteleuropäischen Territorien im Herrschaftsbereich der römisch-deutschen Kaiser nach Möglichkeiten suchen, sich an den lukrativen Geschäften mit Produkten des Bergbaus zu beteiligen, um ihre Herrschaft zu stützen. Die voranschreitende Ausbeutung der Mineralvorkommen machte frühzeitig eine komplizierte Technologie notwendig, um die Bodenschätze aus immer größeren Tiefen zu heben. An der Wende zur Neuzeit erforderten die dafür notwendigen erheblichen Investitionen ein Engagement der großen Kaufmannsvermögen im Bergbau. Zudem erschloss die Kolonialisierung neue Rohstoffquellen für Herrschaft und Handel in Europa. Mit der allmählichen Herausbildung moderner Staatlichkeit und neuer Wirtschaftsformen verband sich eine wachsende staatliche Kontrolle und Regulierung der Montansphäre. Zugleich neigte sich die jahrhundertelange Dominanz des Bergbaus auf Metall ihrem Ende entgegen, und eine neue bergbaugeschichtliche Epoche im Zeichen von Salzen, Erzen und Kohlen kündigte sich an.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Die Herausgeber des ersten Bandes dieser vierbändig geplanten Gesamtdarstellung des deutschen Bergbaus Christoph Bartels und Rainer Slotta versammeln Beiträge zur Geschichte des Bergbaus, die dem Rezensenten Reinhold Reith vorerst einen Überblick verschaffen - von den vorgeschichtlichen Anfängen bis Mitte des 18. Jahrhunderts. Dabei stößt er auf kaum mehr bekannte Reviere, etwa das Münstertal. Weitere Texte informieren ihn über den Bergbau als Kunst-Katalysator, über bahnbrechende Erfindungen (Schwarzpulversprengungen und Speichersysteme) und soziale wie religiöse Aspekte der Montanwirtschaft. Für Reith soweit ein gelungenes Handbuch, auch wenn die versammelten Perspektiven im Detail differieren, wie er anmerkt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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