Der Amerikanische Bürgerkrieg (1861-1865) ist bis heute im kollektiven Gedächtnis der US-Amerikaner sehr präsent. Er entzündete sich an den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Gegensätzen zwischen den Nordstaaten und den Südstaaten der USA. Während im Norden die Industrialisierung voranschritt, blieb im Süden die Plantagenwirtschaft vorherrschend, die auf Sklaven angewiesen war. Michael Hochgeschwender schildert die Ursachen und den Verlauf dieses äußerst verlustreichen Krieges und zeigt, welche Mythen sich bis heute um ihn ranken.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.11.2010Märtyrer der Nation
Diese Wahl hat Amerika verändert. Am 6. November 1860 gewann Abraham Lincoln einen Stimmanteil von 39,8 Prozent und - entscheidend bei der indirekten Präsidentenwahl - eine absolute Mehrheit der Wahlmänner. Sechs Wochen darauf verkündete South Carolina seinen Austritt aus der Union, denn die Sklavenstaaten des Südens sahen im Erfolg des Republikaners einen Angriff auf ihre Lebensweise. Mit den ersten Schüssen bei Fort Sumter begann im April 1861 der amerikanische Bürgerkrieg. Eine kurze Geschichte des Kriegs könnte hier einsteigen, könnte den Schlachten folgen, dem Schicksal von Soldaten und Sklaven, der Politik in Nord und Süd, um dann mit dem Sieg der Union und der Ermordung Lincolns die Schlusspunkte zu setzen. Falsch wäre das nicht, würde aber wenig erklären. Stattdessen widmet Michael Hochgeschwender den Kriegsjahren in beachtlicher Verknappung kaum mehr als fünfzig Seiten, während er der Vorgeschichte, den Nachwirkungen und den Mythen größeren Raum gibt. Für die frühen Vereinigten Staaten nennt er zwar die Sklavenfrage "das innere Prinzip der Entwicklung, das alles andere überformte"; dennoch sei es sinnvoll, den Konflikt auch "in einem globalen Kontext als Nationsbildungs- oder Nationswerdungskrieg" zu deuten. In Lincoln erkennt er den "zivilreligiösen Schutzpatron" der neuen Nation, überhöht diese Märtyrerfigur allerdings einmal allzu sehr, wenn er den am Karfreitag 1865 tödlich angeschossenen Präsidenten gar an Ostersonntag beerdigen lässt. Der Leichnam wurde erst nach Springfield, Lincolns Heimatort in Illinois, überführt, und Millionen Menschen trauerten entlang der Bahnstrecke. (Michael Hochgeschwender: "Der amerikanische Bürgerkrieg". Verlag C.H. Beck, München 2010. 144 S., br., 8,95 [Euro].) grae
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Diese Wahl hat Amerika verändert. Am 6. November 1860 gewann Abraham Lincoln einen Stimmanteil von 39,8 Prozent und - entscheidend bei der indirekten Präsidentenwahl - eine absolute Mehrheit der Wahlmänner. Sechs Wochen darauf verkündete South Carolina seinen Austritt aus der Union, denn die Sklavenstaaten des Südens sahen im Erfolg des Republikaners einen Angriff auf ihre Lebensweise. Mit den ersten Schüssen bei Fort Sumter begann im April 1861 der amerikanische Bürgerkrieg. Eine kurze Geschichte des Kriegs könnte hier einsteigen, könnte den Schlachten folgen, dem Schicksal von Soldaten und Sklaven, der Politik in Nord und Süd, um dann mit dem Sieg der Union und der Ermordung Lincolns die Schlusspunkte zu setzen. Falsch wäre das nicht, würde aber wenig erklären. Stattdessen widmet Michael Hochgeschwender den Kriegsjahren in beachtlicher Verknappung kaum mehr als fünfzig Seiten, während er der Vorgeschichte, den Nachwirkungen und den Mythen größeren Raum gibt. Für die frühen Vereinigten Staaten nennt er zwar die Sklavenfrage "das innere Prinzip der Entwicklung, das alles andere überformte"; dennoch sei es sinnvoll, den Konflikt auch "in einem globalen Kontext als Nationsbildungs- oder Nationswerdungskrieg" zu deuten. In Lincoln erkennt er den "zivilreligiösen Schutzpatron" der neuen Nation, überhöht diese Märtyrerfigur allerdings einmal allzu sehr, wenn er den am Karfreitag 1865 tödlich angeschossenen Präsidenten gar an Ostersonntag beerdigen lässt. Der Leichnam wurde erst nach Springfield, Lincolns Heimatort in Illinois, überführt, und Millionen Menschen trauerten entlang der Bahnstrecke. (Michael Hochgeschwender: "Der amerikanische Bürgerkrieg". Verlag C.H. Beck, München 2010. 144 S., br., 8,95 [Euro].) grae
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